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Eklat Schulschluss nach der vierten Stunde

An der Karl-Marx-Sekundarschule in Gardelegen ist für die 7. und 8. Klassen mehrmals früher Schluss. Die Busse fahren wesentlich später.

Von Antje Mewes 22.08.2019, 00:00

Gardelegen l In einem Schreiben der Schulleitung an die Eltern der Karl-Marx-Ganztagsschule, das der Redaktion vorliegt, heißt es sinngemäß, dass aufgrund der Unterrichtsversorgung von 83,8 Prozent Stunden gekürzt werden müssen. Für einige Klassen bedeutet dies, dass für sie im ersten Halbjahr an mehreren Tagen in der Woche nach der vierten Stunde der Unterricht endet. Danach hätten sie das Schulgebäude zu verlassen. „Die Abfahrtszeiten der Schulbusse bleiben aber unverändert. Wer kann, sollte sich eine Abholmöglichkeit organisieren, oder bleibt bei gutem Verhalten im Atrium sitzen“, schreibt Schulleiterin Solveig Lamontain an die Eltern.

„Ich habe keine Betreuung“, sagt sie auf Volksstimme-Anfrage. Sie habe sich mit dem Problem bereits ans Staatliche Schulamt und das Bildungsministerium gewandt. Betroffen seien die 7. und 8. Klassen. Für die jüngeren Schüler gebe es bei Stundenausfall eine Aufsicht. Die neunten und zehnten Klassen erhalten im Hinblick auf die Abschlussprüfungen vollen Unterricht. Sie hofft, dass sich die Lage nach der Ausschreibung neuer Lehrerstellen und den anstehenden Bewerbungsgesprächen entschärft. Noch geht sie davon aus, dass die Vier-Stunden-Regelung nur im ersten Halbjahr gilt. Die Schüler könnten in der verbleibenden Zeit bis die Busse fahren ihre Hausaufgaben erledigen oder beispielsweise die Mediathek nutzen. „Sie müssen nicht auf der Straße stehen“, versichert die Schulleiterin.

Für den Vater einer Sechstklässlerin (Name der Redaktion bekannt) sind diese Zustände unhaltbar. Er bemängelt zu viele Doppelstunden in den Kernfächern und zu wenig anderen Unterricht. „Es gibt Klassen an der Schule, die keinen Musik- oder Kunstunterricht haben“, erklärt er. Die Schüler müssten aufgrund des Stundenausfalls viel Stoff in kürzester Zeit lernen.

Der Kreiselternrat, der das Schreiben kennt, sieht berufstätige Eltern unter Druck gesetzt, nach der vierten Unterrichtsstunde eine Abholmöglichkeit für ihre Kinder zu schaffen. Besonders hart geht der Vorsitzende Sven Schottenhammel mit der Formulierung „bei gutem Verhalten“ ins Gericht. „Nur wer brav ist, darf auf dem Schulgelände verweilen?“, fragt er sich. „Das geht eindeutig zu weit und ein Verschieben des Problems kann keine Lösung sein“, sagt er. Aus seiner Sicht, besteht nach wie vor eine Aufsichts- und Betreuungspflicht der Schüler bis zum regulären Schulschluss.

Unzufriedenheit herrsche bei den Eltern über den vielen Ausfall. „In Klasse sieben gibt es gerade mal 24 Stunden pro Woche, an drei Tagen nur vier Stunden“, macht er deutlich. Damit hätten die Siebtklässler weniger Unterricht als Grundschüler. Die Schulleitung sei bemüht, die Situation zu ändern, erhalte aber „keine Hilfe von oben“. Kunstunterricht finde gar nicht mehr statt. Die Eltern sorgten sich, wie auf dieser Grundlage der Lehrplan erfüllt werden kann.

Inzwischen habe sich das Staatliche Schulamt eingeschaltet, sagt Michael Schulz, stellvertretender Pressesprecher des Bildungsministeriums. Eine Beaufsichtigungspflicht gebe es nur für Fünft- und Sechstklässler und die sei gewährleistet. Für die Klassen sieben und älter bestehe diese Pflicht nicht. „Die Schüler haben die Möglichkeit, ihre Hausaufgaben zu erledigen, aber nicht in Form eines Angebots“, sagt Schulz. Sie könnten auch nach Hause gehen oder abgeholt werden. Diese Information werde mit einem Brief demnächst an die Eltern weitergeleitet und die Schüler entsprechend belehrt.

Der Kreiselternrat mache schon lange auf die Missstände aufgrund des Lehrermangels aufmerksam. „Von Seiten der Politik geschieht gar nichts, es werden nur fadenscheinige Ausreden propagiert und die Schuld in der Vergangenheit gesucht. Die Leidtragenden sind die Kinder“, schimpft der Vorsitzende. Es werde auf der Stelle getreten, eine positive Entwicklung sei nicht in Sicht. Die Eltern selbst und nicht nur ihre Vertreter auf Schul- und Kreisebene müssten noch lauter und aktiver werden. Schottenhammel: „Eventuell auch auf die Straße gehen. Wir lassen uns viel zu viel gefallen“.Dem Recht auf Bildung und der Schulpflicht sei von Schülern nachzukommen, aber auch von der Politik.