Miesterhorster Kirche Kirche wird 300 Jahre alt: Jubiläum für das Miester Gotteshaus
„Wir feiern Geburtstag... unsere Kirche wird 300 Jahre alt!“ verkündet ein Plakat an der Miesterhorster Kirche. Das Fest findet coronabedingt erst 2022 statt.

Miesterhorst - Es gibt das Datum 31. Mai 1721. Es steht auf einem Holzbrett eingraviert, das in der Miesterhorster Kirche hängt. Woher es stammt? Man weiß es laut Pfarrer Hagen Mewes nicht genau. Ob es das Datum der Grundsteinlegung oder der Einweihung ist? Auch das sei nicht klar. Manche sprechen davon, dass die Kirche bis 1725 gebaut wurde. Aufzeichnungen dazu habe er, so Mewes noch nicht gefunden. Und Antworten, die man findet, werfen zumeist neue Fragen auf. Fest steht aber, dass die Kirchengemeinde dieses Datum als Kirchengeburtstag festgelegt hat. Und aus diesem Grund wird das Miesterhorster Gotteshaus am kommenden Montag 300 Jahre alt. Gefeiert wird das coronabedingt erst im nächsten Jahr. Mit einem Gottesdienst am Sonntag, 6. Juni, um 14 Uhr wird dem Kirchengeburtstag aber gedacht.
Es gibt sogar einen wichtigen Gegenstand in der Kirche, der älter ist, und zwar 444 Jahre. Dabei handelt es sich um eine der beiden Glocken, erzählt Mewes, die die Jahreszahl 1577 trägt. Woher sie stammt, sei nicht bekannt. Bis Mitte 1917 waren es auch einmal drei Glocken, berichtet der Pfarrer von seinen Recherchen. Zwei wurden durch die Deutsche Heeresleitung zur Waffenproduktion im Ersten Weltkrieg enteignet. Anfang Juli 1917 erhielt die Kirchengemeinde den Bescheid mit dem Zusatz, dass diejenigen, die dem schnell bis Ende Juli nachkommen, eine Prämie erhalten. Die Miesterhorster waren schnell genug. In den Kirchenunterlagen befindet sich ein Schreiben, dass am 7. August 1917 dafür 1260 Mark eingegangen sind.
Barockes Inneres
Die beiden Glocken blieben verschwunden. Seit 1919 bemühte sich die Kirchengemeinde um zwei neue, die aber erst fünf Jahre später in Apolda gegossen wurden. Gründe waren laut Pfarrer Mewes mal streikende Arbeiter, mal fehlendes Material. Lange hatten die Miesterhorster nichts vom Geläut, denn auch im Zweiten Weltkrieg mussten sie wieder zwei Glocken für die Kriegswirtschaft abgeben. Und die Glocke, die da blieb, hatte Risse, wurde erst nach dem Krieg repariert. Um dennoch Läuten zu können, berichtet Mewes aus Aufzeichnungen, „wurden Pflugscharen in den Turm gehängt und man hat damit geläutet“. Und der bestehende Turm sei auch neueren Datums. Er wurde 1926 aus Hörsinger Rohbausteinen an den Fachwerkkörper vorgebaut, und zwar höher als der alte. Dieser hatte sich auf dem Kirchenschiff befunden, war aber marode geworden. „Die Balken waren unter der Bemalung gefault“, hat der Pfarrer in den Papieren gefunden.
Die Ausstattung des Gotteshauses ist im Stil des Barock gehalten. Vor allem der Kanzelaltar, der laut Mewes wohl aus der Anfangszeit stamme, weise typische Elemente auf, die aber dem bäuerlichen Umfeld angepasst seien, wie zum Beispiel die Weinranken und der Spruch: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibet, und ich in ihm, der bringt viel Frucht; den ohne mich könt ihr nichts thun.“ Umrahmt wird der Altar von insgesamt fünf Buntglasfenstern, die die Besonderheit des Gotteshauses ausmachen. Genau hinter dem Altar zeigt das Fenster den auferstandenen Jesus, rechts und links von ihm sind Petrus und Paulus verewigt.
Geschichten gesucht
Diese drei Fenster unterscheiden sich von denen ganz außen. Diese wurden zur Erinnerung an das 200-jährige Bestehen der Kirche in Auftrag gegeben und eingebaut und zeigen beide Jesus, allerdings sehr unterschiedlich. Denn in einem Fenstermotiv wurde der Erste Weltkrieg aufgearbeitet. Es zeigt Jesus als Sieger, stehend auf einer brennenden Stadt, und über ihm den Spruch „Seid getreu bis in den Tod“.
Dem Altar gegenüber befindet sich die Orgel auf der Empore, die von der Orgelbauerfamilie Rühlmann um 1908 gebaut wurde. Zu der Zeit hatten es die Miesterhorster wohl zu etwas Wohlstand gebracht, vermutet Mewes. Damals sei das Kircheninnere auch noch viel bunter gewesen. An der Kirchendecke gab es einen Sternenhimmel, und die Wände waren mit Sprüchen und floralen Mustern verziert. Unter der Empore befindet sich seit den 1950er Jahren eine abgetrennte Winterkirche, die wohl für die Christenlehre eingerichtet wurde.
Natürlich sei die Geschichte des Gotteshauses zum Geburtstag interessant, so Mewes, der mit Unterstützung der Miesterhorster auch noch weiter dazu recherchieren will. Genauso interessant und spannend findet er aber auch die Geschichten, die mit oder in der Kirche erlebt wurden, wie zum Beispiel, dass der Gottesdienst vor 100 Jahren im Sommer um 7 Uhr und im Winter um 7.30 Uhr begann, aber nur, wenn der Pfarrer mit der Kutsche abgeholt wurde.
Solche Geschichten will Mewes bis zum Fest am 19. Juni 2022 sammeln und daraus eine Ausstellung oder sogar ein kleines Buch gestalten.


