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Australierin hat sich eingelebt und bekommt Besuch / 15-jährige Saskia Ruting sagt lachend: "Mein Lieblingswort ist Eichhörnchen"

Von Sebastian Siebert 18.08.2011, 06:25

Die 15-jährige Australierin Saskia Ruting hat nun schon über die Hälfte ihres Aufenthaltes in Mieste absolviert. Zur Zeit hat sie Besuch von einer Freundin, die sie während der Reise kennengelernt hat. Lily Thomson ist 17, kommt auch aus Australien und verbringt ihr Jahr in Krefeld.

Mieste. Saskia Ruting hat sich schon gut eingelebt: "Alles ist bestens, die Leute sind nett zu mir, mein Deutsch wird besser und ich fühle mich in Mieste wohl." Die 15-jährige Australierin kommt aus Sydney und verbringt ein Jahr in Deutschland (Volksstimme berichtete).

Während dieser Woche hat sie Besuch von der 17-jährigen Lily Thompson. Lily kommt ebenfalls aus Australien. Die beiden haben sich während eines Vorbereitungslehrgangs kennengelernt. "Ich bin zwar über eine andere Organisation hier, aber wir beide haben dieselben Kurse vor der Reise besucht", erzählt die junge Blondine. Lily wohnt für ein Jahr in Krefeld. Im Gegensatz zu Saskia, die bei Karen Stein wohnt, hatte Lily mit ihrer Gastfamilie nicht so viel Glück. "Weird", sagt sie. Das bedeutet eigenartig, komisch. "Ich dachte am Anfang, alle Deutschen wären so", berichtet Lily. Sie wechselte die Gastfamilie, nun fühlt auch sie sich wohl. Für Lily ist der Kontrast nicht allzu groß. "Krefeld ist eine schöne Stadt. In Australien wohne ich rund zwei Stunden Autofahrt südlich von Sydney in einem Vorort, einer ähnlich großen Stadt wie Krefeld."

Pünktlichkeit beeindruckt Saskia

Anders ist es für Saskia. Sie musste sich ziemlich umgewöhnen, als sie von der Metropole Sydney ins beschauliche Mieste kam. "Aber es ist okay. Nur das frühe Aufstehen nervt." Nicht nur, dass die Schule generell früher als in Australien beginne - dort geht es um 9 Uhr los -, sondern sie muss auch wegen der Busfahrt nochmal früher aufstehen. "Um halb sechs stehe ich auf", sagt sie.

Sie erzählt, dass sie in den sechs Monaten, in denen sie nun in Deutschland ist, schon einen guten Einblick gewonnen hat. Die merkwürdigste Sache, erzählt sie, begegne ihr gleich jeden Morgen. "Das war für mich unbegreiflich, dass an der Bushaltestelle geschrieben steht, der Bus komme um 6.47 Uhr." Zunächst wusste sie nicht, was sie davon halten sollte. "Aber während des kompletten Halbjahres kam der Bus genau um 6.47 Uhr. Das ist total beeindruckend." In Australien gebe kein Busunternehmen die Zeit minutengenau an. "Fünf bis zehn Minuten Toleranz sind bei uns ganz normal", erzählt sie. Darüber rege sich keiner auf. Überhaupt seien ihre Landsleute im Allgemeinen entspannter. "Alles ist etwas ruhiger, zurückhaltender, lockerer." Die Deutschen, so empfindet sie es, seien verschlossener. "Bei uns sind die Menschen nicht freundlicher, nein, das wäre nicht der richtige Ausdruck, einladender vielleicht. Wir kommen schneller ins Gespräch", sagte sie. Lily stimmt zu. Anfangs würden die Deutschen recht verschlossen wirken, das sei auch ihr Eindruck. Freunde zu finden sei für die beiden dennoch kein Problem. Trotz der etwas längeren Aufwärmphase, welche viele Deutsche benötigen, fühlen sie sich sehr willkommen. Lily erzählt, dass sie eigens ein neues Facebook-Profil angelegt hat. "Nur für die hiesigen Freunde", sagt sie. Schließlich sei es ein Teil der Erfahrung, dass man nicht ständig Kontakt nach Hause hat. "Ich habe meiner Mutter gesagt, dass ich mich höchstens einmal in der Woche melde", erklärte sie lächelnd.

Beide genießen ihre Sommerferien, indem sie viel reisen. "In dieser Woche sehen wir uns Magdeburg, Leipzig und natürlich auch Mieste an", sagt Saskia. Lily war schon in Berlin, Saskia auch. Die beiden jungen Mädchen bekommen glänzende Augen, wenn sie über die deutsche Hauptstadt reden. "Berlin ist unglaublich, ich fahre auf jeden Fall noch einmal hin", meint Lily. Sie könne sich sogar vorstellen, in Berlin zu studieren. "Jura vielleicht, oder auch Kulturwissenschaften", überlegt die 17-Jährige.

Saskia will sich noch nicht festlegen. "Ich will erst einmal die Welt sehen und viel reisen", betonte die 15-Jährige.

Beide wollen die europäischen Nachbarländer besuchen. "Ich war gerade zwei Wochen in Italien", erzählte Lily. "Wenn man schon mal in Europa ist, muss man auch alles sehen." Saskia stimmt ihr zu. Was für Saskia neu war, waren die Essgewohnheiten. "Die große Mahlzeit gibt es hier zu Mittag, bei uns wird abends gekocht." Sie habe sich gewundert, dass hier so viel Brot und Käse gegessen werden. "Pünktlich um sechs Uhr wird gegessen, auch das war neu für mich."

Weihnachten einmal ohne Surfen

Lily findet Döner total lecker. "Aber das ist doch türkisch", sagt Saskia. "Ja, aber so in der Art gibt es das wohl nur in Deutschand", antwortet Lily aus ihren Erfahrungen.

"Heute habe ich mit meiner Mutter telefoniert", berichtet Saskia. "Wir haben das Wetter verglichen. In Australien sind es 18 Grad und Regen. Hier sind es 18 Grad und Regen. Nur dort ist gerade Winter", sagt sie. Dafür hofft sie, hier einmal Schnee zu sehen. Den gibt es in Sydney nämlich nicht. "Aber es gibt auch in Australien Schnee", erklärt Lily. "Ich fahre alle zwei Jahre mit meiner Familie im Süden Ski."

Saskia freut sich darauf, Weihnachten in Deutschland zu verbringen. "Weiße Weihnachten, das wäre toll." In Australien ist dann Hochsommer. "Wir verbringen Weihnachten am Strand", berichtet Saskia und ergänzt: "Und surfen." Das erinnert sie an ihren Besuch an der Ostsee. "Das war beeindruckend. Ich habe noch nie ein Meer gesehen, dass keine Wellen hat." Auch fand sie, dass es viel mehr Angebote am Strand gibt. "Es gibt so viele Aktivitäten und Spiele, bei uns dreht sich eigentlich alles nur ums Surfen."

Deutsch sprechen fällt immer leichter

Saskias Deutsch ist flüssiger als noch im Februar. "Ich verstehe eigentlich alles und meist kann ich direkt sagen, was ich will und muss es nicht umständlich umschreiben." Im Gegensatz zu Saskia, die zwei Jahre in der Schule Deutsch gelernt hat, hatte Lily keine Vorkenntnisse. "Aber jetzt kann ich mich schon gut verständigen", sagt sie.

Ein Lieblingswort hat das Mädchen aus Sydney auch schon: "Eichhörnchen". Dreimal versucht sie es auszusprechen, kommt aber nie richtig über die zweite Silbe hinaus. Sie lacht laut. "Ich kann es einfach nicht aussprechen", erklärte sie und schmunzelt.

"Bei mir ist es kein Wort, sondern ein Lieblingssatz", erklärt Lily. Mit verschmitztem Grinsen formt sie langsam die Worte: "Ich verstehe das nicht richtig." Sie lächelt und erklärt: "Der Satz hilft mir fast überall."

Die beiden Mädchen grinsen. Nun wollen sie sich Mieste ansehen und freuen sich auf ein paar gemeinsame Tage. Schließlich tut es gut, jemanden aus der Heimat in der Nähe zu haben, 15 000 Kilometer von zu Hause entfernt.