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Zichtauer Ortsgeschichte Michael Fuhrmann ist neuer Zichtauer Ortschronist

Michael Fuhrmann will als Zichtauer Ortschronist Lücken in der Geschichte füllen. Zum Beispiel interessiert er sich für die Frage, wie lange es den Ort schon gibt.

Von Stefanie Brandt Aktualisiert: 14.06.2021, 16:54

Zichtau - 1000 Jahre? 1200 Jahre? Oder „erst“ 600 Jahre? So ganz genau weiß niemand mehr, seit wann es Zichtau bereits gibt. Michael Fuhrmann, selbst erst seit 23 Jahren im Ort ansässig, will das und andere geschichtliche Fakten über das kleine Dorf aber gern herausfinden – er ist seit Kurzem der offizielle Ortschronist.

„Es wird nicht jeder Ortschronist, dazu muss man Lust und Liebe haben“, weiß Michael Fuhrmann. Dass er selbst diese Aufgabe übernommen hat, war keine bewusste Entscheidung, vielmehr ein schleichender Prozess.

1978 landete der Halberstädter durch seine Armee-Zeit in der Altmark. Erst wohnte er in Kalbe. „Aber wenn man jung ist, will man noch viel reisen, Verwandte besuchen“, denkt Fuhrmann zurück. Deshalb habe er mit seiner Familie ein Zuhause näher an der B71 gesucht - und in Zichtau gefunden. Am 1. Mai 1998 folgte der Umzug in das eigene Haus. Fuhrmann arbeitete dann bis 2017 bei den Sonntagsnachrichten. Auch aufgrund dieser Arbeit knüpfte er viele Kontakte, baute ein Netzwerk auf und war natürlich als Fotograf bei allen Veranstaltungen dabei.

Vom Fotografen zum Ortschronisten

„Das Fotografieren war mein Hobby. Seit 1998 habe ich alles, was hier passiert ist, dokumentiert – nicht nur über den Ort Zichtau, auch über das Gut und die Region“, denkt er zurück. Auch im Förderverein engagiert er sich bis heute. Ortschronist war aber Günther Gräfe. Den ehemaligen Lehrer habe er immer respektiert, betont Fuhrmann. Nachdem dieser verstarb, war es fast logisch, dass Fuhrmann seine Aufgabe übernimmt. Das beschloss dann auch während der jüngsten Sitzung der Zichtauer Ortschaftsrat offiziell.

„Ein Ortschronist sammelt nicht nur Zeitungsausschnitte, er ist Heimatpfleger“, findet der Zichtauer einen passenderen Begriff für das, was er tut. Neben dem Fotografieren der Veranstaltungen versuchte er immer, sein Netzwerk zu nutzen, lokale Sponsoren für die Belange der Zichtauer einzubinden.

Vom Hobby wurde das Ordnen alter Unterlagen zu etwas, das er als eine Pflicht betrachtet, der er gern nachkommt. „Es gab und gibt viele Materialien, zum Beispiel zum Gut. Mal wurde eine Chronik geführt, dann wieder nicht.“ Er versucht nun, weiter System in diese Unterlagen zu bringen. Das große Ziel ist eine vollständige Ortschronik. Eine Hilfe waren dabei zum Beispiel ABM-Kräfte, die viele Materialien zusammentrugen.

Fuhrmann versucht nun, die Geschichte in einzelne Zeitabschnitte zu untergliedern – zu viel ist im Ort geschehen, um alle Ereignisse einzeln zu erwähnen. Die größten Lücken in der Geschichte gibt es von 1945 bis 1990, erzählt er.

Hilfe aus der Bevölkerung ist wichtig

Immer wieder rief er deshalb auch die Einwohner Zichtaus auf, auf ihre Dachböden zu schauen, ob sie noch alte Unterlagen finden. Manchmal seien dann Bürger mit ganzen Schuhkartons voller Bilder zu ihm gekommen. Seine Sammlung wurde erweitert, als die Töchter seines Ortschronisten-Vorgängers entschieden, dass er dessen Dias erhält. „Ich habe alles digitalisiert. Das wird genutzt, um die Chronik zu komplettieren“, freut er sich darüber.

Nur darüber, was mit der fertigen Chronik am Ende geschehen soll, herrscht noch Unsicherheit. Eine Möglichkeit sind Jahrbücher, eine andere wäre es zum Beispiel, die Geschichte in Vorträgen aufzuarbeiten. „Es wird dazu noch eine Beratung im Ortschaftsrat stattfinden, der dann entscheidet. Das Problem ist, wenn ich eine Chronik der letzten 20 Jahre mache, ist das alleine schon ein Wälzer. Ich bin für Vorträge. Herr Gräfe hat das, als er es noch konnte, immer im Februar im Ferienpark für das ganze Dorf gemacht. Ich war so begeistert, als er mich damals dazu eingeladen hat“, denkt Fuhrmann gern zurück.

Berichtenswertes aus dem Dorf gibt es auf jeden Fall eine Menge. „250 Seiten kommen pro Jahr für die Chronik dazu, mit Fotos und Zeitungsausschnitten.“ Für ihn sei Zichtau ein Vorzeigeobjekt, erklärt der Chronist weiter und zählt die Highlights auf: Ferienpark, Waldbad, mit dem langen Berg und dem Stakenberg die höchsten Erhebungen der Altmark und zudem gäbe es auf dem Gut den höchsten Wasserfall der Altmark. „Es gibt nämlich keinen anderen“, so Fuhrmann lachend.

Informationen für die Nachwelt erhalten

Bei so viel Begeisterung opfert man gern seine Zeit und davon steckt der Rentner eine Menge in die Aufgabe. Wie alt ist Zichtau? Was passierte nach 1945? Diesen Fragen nachzugehen dauert. Zudem kommen Bürger zu ihm mit neuen Hinweisen. „Letztes Jahr hieß es, wir hatten hier mal eine Ziegelei. Ich recherchiere dann, wo die stand. Dann kommen nach und nach Bilder dazu. So trägt man alles zusammen und hat für die Nachwelt gezielte Angaben“, gewährt Fuhrmann Einblick in seine Arbeit.

Neben der Recherche zur Vergangenheit werden ganzjährig Veranstaltungen von ihm dokumentiert. Die dabei entstandenen Bilder müssen bearbeitet und archiviert werden. Er beschäftigt sich mit Plakaten, Karten, Flyern. „Man kann nicht in Stunden sagen, wie viel Zeit ich investiere“, ist Fuhrmann dankbar, dass seine Frau seine Tätigkeit akzeptiert. Sie selbst hilft auch bei den Veranstaltungen mit. So sind beide vollkommen in Zichtau angekommen, auch der Sohn wohnt im Nachbarort. „Wir sind hier verwurzelt, wir bleiben hier“, ist Fuhrmann inzwischen ganz und gar Zichtauer – und stolzer Ortschronist.