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Nach Gerichtsurteil Kirche wirft Pfarrer raus

Der Pfarrer, der wegen sexueller Nötigung verurteilt worden ist, könnte nach der Haft nicht in den Dienst zurückkehren.

Von Antje Mewes 07.11.2019, 10:51

Salzwedel/Stendal l Der Prozess und das Urteil gegen einen evangelischen Pfarrer aus dem Kirchenkreis Salzwedel hat für erhebliches öffentliches Aufsehen gesorgt. Die Große Strafkammer des Landgerichtes Stendal unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler hatte den 59-Jährigen zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt, weil er seine ehemalige Geliebte für gewaltsamen Sex im Internet angeboten hatte. Das ahnungslose Opfer blieb nur knapp und zufällig von körperlichen Übergriffen verschont.

Neben den strafrechtlichen Folgen hat das Urteil auch Auswirkungen für die berufliche Zukunft und den Ruhestand des Mannes. Der Pfarrer scheidet damit automatisch aus dem Dienstverhältnis mit der Evangelischen Landeskirche aus, erklärte deren Pressesprecher Friedemann Kahl auf Anfrage der Volksstimme. Das erfolge immer dann, wenn ein Seelsorger zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder länger verurteilt wird. Des Weiteren verliert er sein Ordinationsrecht, also die Befugnis, Trauungen, Beerdigungen, Konfirmationen und Ähnliches vorzunehmen. Auch seine Ansprüche auf Pension seien mit einem rechtskräftigen Urteil erloschen, informierte Kahl.

Der Geistliche hat gegen den Urteilsspruch von vergangener Woche allerdings Revision eingelegt und somit die nächsthöhere gerichtliche Kammer angerufen.

Der Pfarrer übte seinen Dienst schon seit drei Jahren nicht mehr aus. Damals waren die Taten aufgeflogen. Er hatte sie ausgerechnet von einem Rechner des Kirchlichen Verwaltungsamtes aus gestartet, als er zeitweise dort arbeitete. Sobald die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter der Landeskirche aufnehme, beginne ein Disziplinarverfahren, erklärte Kahl. Die Kirche warte dann auf die Ergebnisse der Strafverfolgung und gegebenenfalls auf ein Urteil, bevor weitere Maßnahmen eingeleitet würden.

Im vorliegenden Fall sei der Pfarrer bis 2018 im Krankenstand gewesen und sei dann wegen Dienstunfähigkeit auf eigenen Wunsch in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.

Während der Zeit, als er sich 2016 über Wochen in einschlägigen Onlineportalen bewegte, um seiner Ex-Geliebten zu schaden und sie vergewaltigen zu lassen, war er jedoch noch in der Seelsorge tätig und hatte sogar ein Flüchtlingskind in seine Familie aufgenommen.

Superintendent Matthias Heinrich will sich dazu nicht äußern. Es sei geregelt, dass dies allein der Landeskirche obliege. Kahl betonte, das Urteil des Landgerichtes spreche für sich, die disziplinarischen Konsequenzen brächten die Haltung der Kirche zum Ausdruck.

Inzwischen hat sich auch der Personaldezernent der Landeskirche Mitteldeutschlands, Oberkirchenrat Michael Lehmann, in einer Pressemitteilung dazu geäußert: „Das Ausmaß der im Gericht verhandelten Taten entsetzt uns. Unser Mitgefühl gilt der geschädigten Frau, die Bedrohung und Demütigung erfahren hat und in einer schrecklichen Gefahr schwebte.“

Wenn das Urteil rechtskräftig ist, werde zügig und konsequent gehandelt. „Ich versichere, die nachgewiesenen Vergehen des Pfarrers werden für ihn erhebliche Konsequenzen haben“, betonte Michael Lehmann.