Eltern, die eine Ummeldung zugunsten des Schuleinzugsbereiches planen, sollten vorher einiges beachten Scheinumzug könnte für Eltern teuer werden
Gardelegen l Schnell mal umziehen, um die Schuleinzugsbereiche zu umgehen? Was manche Eltern planen, könnte teuer werden. Es drohen Geldbußen bis zu 2500 Euro.
Es geht um den Wohnsitz. Der nämlich ist ausschlaggebend für junge Eltern, deren Kinder im kommenden Jahr in einer kommunalen Schule eingeschult werden. Nun, die Gardeleger Erstklässler werden in der Hansestadt ihre Schultüten bekommen, die Miester in Mieste, die Letzlinger in Letzlingen, so viel steht fest. Für viele andere Eltern ist indes derzeit noch nicht klar, wo ihre Kinder ab dem Schuljahr 2014/15 lernen werden. So wird der Stadtrat demnächst endgültig über eine mögliche Schließung der Estedter Grundschule abstimmen. Die Solpker Grundschule gibt es seit Schuljahresbeginn schon nicht mehr.
Für manche Eltern ist das ein echtes Problem. Sie mögen sich nicht damit abfinden, dass ihr Kind künftig weitere Schulwege mit dem Bus zurücklegen, vielleicht sogar umsteigen soll: "Fakt ist, müssen unsere Kinder nach Estedt, sind wir mal weg und ziehen um", kündigten erst kürzlich Hemstedter Eltern im Gespräch mit der Volksstimme an. Potzehnes Ortsbürgermeister Peter Kapahnke rief jüngst gar Eltern auf, mit einem Umzug den Einzugsbereich zu umgehen. Das indes sollte gut überlegt sein. Ein Scheinumzug zieht nämlich Konsequenzen nach sich, die viele nicht zu kennen scheinen.
Melde sich ein Paar mit seinem Kind um - dazu ist übrigens ein Mietvertrag für die neue Wohnung nötig - wird nämlich zunächst einmal das Bundeszentralamt für Steuern informiert, macht Waltraud Tiersch vom Gardeleger Einwohnermeldeamt auf Anfrage klar. Das habe Einfluss auf die Steuer-ID-Nummer und so auf Gehalts- und Lohnabrechnung. "Informiert werden aber auch Krankenkasse, Rentenversicherung und Familienkasse", so Tiersch weiter, "ob Abfallgebühr, GEZ oder Zulassungsstelle", eine Ummeldung ziehe einen großangelegten Datenaustausch zwischen den Behörden nach sich.
Komme ein Paar auf die Idee, nur ein Elternteil mit dem Kind umzumelden, habe das wiederum Einfluss auf die Steuerklasse. "Dann nämlich ist man getrennt lebend", macht Tiersch klar. Kinder allein umzumelden, zum Beispiel zur Oma, sei ebenfalls nicht möglich: "Ein minderjähriges Kind muss seinen Hauptwohnsitz bei mindestens einem Elternteil haben. Und der Hauptwohnsitz ist da, wo man schläft und isst."
Ein ganz anderes Problem sieht Ordnungsamtsmitarbeiterin Isolde Niebuhr: Würden zum Beispiel Hemstedter Eltern sich und ihr Kind in Gardelegen anmelden, "müssten sie es immer selbst zur Schule bringen", erinnert sie. Ein Schulbus könne nicht genutzt werden. Damit müssten Eltern die Fahrtkosten allein bezahlen, zum anderen entfalle die Versicherung, die das Kind auf dem Schulweg absichert.
Dass ein Verstoß gegen die Meldepflicht - ein solcher wäre ein Scheinumzug - sogar richtig teuer werden kann, bestätigt schließlich die Gardeleger Rechtsanwältin Romy Gille: Es gelte nämlich das Meldegesetz von Sachsen-Anhalt, macht sie klar. Zwar sei der Begriff Hauptwohnsitz weitläufig zu fassen, "es kann auch ein Wohnwagen sein", so Gille schmunzelnd. Selbst darin müsse sich ein Meldepflichtiger dann aber hauptsächlich aufhalten.
Verstößt er dagegen, sei dies zwar kein Straftatbestand, aber eine Ordnungswidrigkeit, die laut Meldegesetz § 37 Absatz 2 "mit einer Geldbuße bis zu 2500 Euro geahndet werden kann." Wer also plant, für den Schuleinzugsbereich umzuziehen, sollte dies auch tatsächlich tun.
Ob das überhaupt nötig wird oder ob die Estedter Grundschule ab dem kommenden Schuljahr gar keine Erstklässler mehr haben wird, entscheidet in Kürze der Gardeleger Stadtrat.
Erst am Dienstag trafen sich Ausschuss- und Fraktionsvorsitzende und Mitglieder der Verwaltung im Rathaus, um Optionen der Schuleinzugsbereiche zu erörtern. Einigkeit herrschte laut Auskunft von Bürgermeister Fuchs nicht. Der Tenor allerdings gehe in Richtung Schulschließung, denn allen sei bewusst, dass die ohnehin nur eine gewisse Zeit zu verhindern wäre. "Wir werden deshalb die Beschlussvorlage dahingehend überarbeiten, dem Stadtrat zu empfehlen, eine wirtschaftlich vernünftige Lösung zu finden", so Fuchs. Und das bald: "Die Eltern wollen wissen, woran sie sind."