Streitpunkt Gardelegen: 30-Euro-Bonus für Notbetreuung?
Das Vorhaben ist strittig. Ein kleiner Dank für Eltern notbetreuter Kinder erfuhr in zwei städtischen Ausschüssen Zuspruch und Ablehnung.
Gardelegen l Ein kleiner Dank sollte es sein für alle Eltern, die in systemrelevanten Berufen in Coronazeiten gearbeitet haben und deren Kinder im Monat Mai eine Notbetreuung in den städtischen Kitas und Horten in Anspruch nehmen mussten: ein 30-Euro-Bon für Gaststätte, Friseur, Kosmetik oder einen Einkauf im Einzelhandel. „Den Grundgedanken an sich finde ich gut“, betonte CDU-Stadtrat Thomas Genz am Mittwochabend im städtischen Finanzausschuss. Allerdings sei es für ihn ein Problem, dass nur eine Gruppe in den Genuss einer kleinen, finanziellen Anerkennung kommen soll.
Konkret geht es um einen 30-Euro-Bon für Eltern als Dank, dass sie für ihre Kinder im Monat Mai eine Notbetreuung in den städtischen Kitas und Horten in Anspruch genommen haben vor dem Hintergrund, dass sie in systemrelevanten Berufen auch in der „schwierigen Phase unser Land am Laufen gehalten haben“, heißt es in der Beschlussvorlage mit dem Titel „Projekt zur Stärkung der Gastronomie“, das im Sozialausschuss auf Vorschlag von Georg Krutzfeld (AfD) erweitert wurde, und zwar um Friseur, Kosmetik und Einzelhandel mit bis zu fünf Mitarbeitern. Das heißt, die Eltern mit Notbetreuung sollen ganz unbürokratisch die Ausgabe der 30 Euro mit Kassenbon oder Quittung in genannten Bereich belegen, Konto-Nummer angeben, und dann gibt es das Geld zurück, erläuterte Bürgermeisterin Mandy Schumacher das Procedere im Finanzausschuss.
Sie war es auch, die gemeinsam mit der Vorsitzenden des Sozialausschusses, Sandra Hietel, die Idee dazu nach mehreren Aktionen zur Unterstützung des Einzelhandels und der Gastronomie, wie jüngst die Aussetzung der Sondergebühren für die Nutzung von öffentlichen Flächen etwa für Straßencafés, entwickelt hatte. Im Gegenzug dazu sollten auch die Eltern mit Notbetreuung eine Anerkennung erfahren.
Allerdings gibt es dazu unterschiedliche Ansichten, wie im Finanzausschuss deutlich wurde. „Ich werde dem nicht zustimmen“, stellte Thomas Genz klar. Es gebe auch viele Eltern, die im Homeoffice gearbeitet, ihre Kinder nebenbei betreut hätten. Andere seien in Kurzarbeit mit 60 oder 67 Prozent ihrer Einkommen. „Eine Minderheit wäre der Nutznießer. Eine Mehrheit würde leer ausgehen. Wie gesagt, der Grundgedanke ist gut. Mit der Umsetzung kann ich nicht mitgehen“, so Genz.
Dieses Vorhaben würde viel Unruhe in die Elternschaft bringen, sekundierte CDU-Stadträtin Sandra Sobainski ihrem Fraktionskollegen. Viele Eltern mit Kurzarbeitergeld müssten sehen, ob sie ihre Miete noch zahlen können, ob ihr Finanzplan für die nächsten Monate noch stimmt. „Und andere, die weiter arbeiten konnten mit Notbetreuung, können sich nun dem Luxus widmen“, kritisierte Sobainski.
Es gehe darum, den Eltern, die ihre Kinder in der Kita hatten, und das oftmals für viel weniger Stunden, als sie Anspruch gehabt hätten, einen kleinen Bonus zum Dank zukommen zu lassen, betonte Schumacher. „Es sollte ein Zeichen sein“, hatte auch Sandra Hietel im Sozialausschuss noch einmal deutlich gemacht. Und obwohl es hier am Ende mehrheitlich Zustimmung zum Beschluss gab – ihn zu verschieben, wie Krutzfeld vorschlug, wurde abgelehnt – war er nicht ganz unumstritten.
So hatte beispielsweise Florian Henke (SPD) zu bedenken gegeben: „Ich wage es zu bezweifeln, ob das gut geht.“ Und auch Petra Müller (SPD) erklärte, dass die Fraktion den Gedanken zwar begrüße und man auch wisse, dass man nicht das ganze Spektrum abdecken könne, sie aber aufgrund ihrer eigenen Erfahrung „unschlüssig“ sei. Denn manche Eltern fühlten sich abgewertet, die keinen systemrelevanten Beruf hatten und zu Hause bleiben mussten. Diese seien außen vor. Sie sei in Sorge, so Müller, „dass ein guter Gedanke uns auf die Füße fällt“.
Insgesamt geht es um eine Summe von etwa 15 000 Euro. Im Finanzausschuss fand das Vorhaben mehrheitlich Ablehnung. Am 15. Juni entscheidet abschließend der Stadtrat. Die Sitzung findet coronabedingt im Letzlinger Kulturhaus statt.