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WirtschaftQuerelen mit Subunternehmer?

Die Boryszew Kunststofftechnik Gardelegen hat neue Geschäftsführer. Und es gibt offenbar Querelen mit einem einstigen Partnerunternehmen.

Von Gesine Biermann 18.08.2018, 03:00

Gardelegen l Altmarkweit sind sie der größte Arbeitgeber in der Automobilzulieferindustrie. Spitzenreiter ist die Boryszew Kunststofftechnik Deutschland (BKD) aber wohl auch an anderer Stelle. Hier wechseln die Geschäftsführer zuweilen schneller, als sich die Belegschaft ihre Namen merken kann. Nach der Übernahme der insolventen AKT Kunststofftechnik durch die Boryszew AG 2011 hießen die Geschäftsführer Arkadiusz Chocholowski, Pawel Surowka, und Jaroslaw Ciemniejewski. Erst Ende 2016 übernahm Jagoda Damrath. Doch auch sie saß nicht einmal eineinhalb Jahre auf dem Chefsessel. Im Frühjahr gab es einen erneuten Wechsel, wie Cezary Pyszkowski, Vorstandsmitglied von Boryszew S.A. und Direktor für Fusionen und Entwicklung des Automobilsektors, auf Nachfrage bestätigt. Derzeit gibt es nun eine Doppelspitze im Geschäftsführer-Büro. Wojciech Gasior und Jacek Zacharski leiten das Unternehmen seit Mitte April.

Eine „organisatorische Anpassung aus Gründen der Effizienzsteigerung“, die eben auch mal „die Zusammensetzung der Führungsteams“ beeinflussen könne, heißt es aus Warschau. Hauptziel sei „die Optimierung der Unternehmensführung“ gewesen. Die Rede ist – obwohl sich die Geschäftsführerzahl ja verdoppelt hat – auch von „Kosteneffizienz im Top-Management-Bereich“.

Der Geschäftsführerwechsel habe indes „keine Auswirkungen auf die früher genehmigten Entwicklungspläne der BKD“, und auch Gerüchte über einen möglichen Verkauf weist man in Warschau zurück. Derzeit sei keine Änderung der Eigentümerstruktur geplant. Zwar habe es „Gespräche über die mögliche Veräußerung von Vermögenswerten der Boryszew-Gruppe gegeben“, diese seien aber „am 16. April offiziell als beendet erklärt worden“.

Genau am selben Tag, als es auch den – zumindest für die Belegschaft – sehr überraschenden Geschäftsführerwechsel in Gardelegen gab.

Im Werk selbst nimmt man den aber offenbar entspannt auf. „Wir sind das gewöhnt, ist schließlich nicht das erste Mal“, sagt Betriebsratschef Michael Hörauf. Jeder neue Geschäftsführer bringe etwas Neues mit. „Wir kennen das schon.“ Aus Sicht des Betriebsrates habe sich die neue Doppelspitze zudem sehr gut eingeführt. „Es waren gerade wieder Tarifverhandlungen fällig, als die beiden kamen, und das lief reibungslos“, betont Hörauf. Und auch in Sachen Kurzarbeit, die derzeit für die BKD-Mitarbeiter angesagt ist, sei alles in vernünftigem Rahmen erfolgt. Der Betriebsrat sei vereinbarungsgemäß angehört worden. Hörauf: „Wir konnten es nicht jedem recht machen, aber wir haben es ganz gut abfedern können.“ Der aktuelle Rückgang der Produktion hänge ja, wie jedes Jahr, auch mit der Sommer-Pause bei VW zusammen. VW ist weiterhin einer der Hauptabnehmer der BKD.

Und so scheint der jüngste Geschäftsführerwechsel offensichtlich problemlos über die Bühne gegangen zu sein. Und doch gibt es eine Randgeschichte, die ein zweifelhaftes Licht auf Gardelegens größtes Unternehmen wirft. Denn es gibt offenbar einen großen Verlierer der jüngsten Veränderungen. Als solchen sieht sich zumindest die polnische Firma PDCA. Seit 2017 arbeitet das Unternehmen aus dem polnischen Otyn mit der BKD in Gardelegen zusammen, Schwerpunkt seien Schulungen und Beratung, erzählt Geschäftsführer Piotr Kowalczyk im Gespräch mit der Volksstimme. Weil alles gut funktioniert habe, sei die BKD schließlich an ihn mit dem Vorschlag herangetreten, eine eigene Maschine mit in die Produktion einzubringen. Dem sei man nachgekommen. Die PDCA habe eine hochwertige Spritzmaschine geleast und diese im Gardeleger Unternehmen aufgestellt. Die Verträge seien noch mit Geschäftsführerin Jagoda Damrath geschlossen und auch erfüllt worden.

Gleichzeitig mit deren völlig unerwartetem Weggang habe die BKD dann aber völlig überraschend die Zusammenarbeit beendet. An jenem bewussten 16. April „hat man unsere Leute aufgefordert, sofort das Firmengelände zu verlassen und sogar mit der Polizei gedroht“, berichtet Kowalczyk. Die Maschine, die seit Monaten „Kunststoffteile für VW produziert“, sei im Werk geblieben.

„Und seither verweigert die Geschäftsführung dort die Herausgabe“, so Kowalczyk. Mehrere Termine, an denen sie abgeholt werden sollte, seien kurzfristig von der BKD abgesagt worden, berichtet der PDCA-Chef. Mittlerweile sei seine Firma schon bei der polnischen Spezialfirma, die die rund 12,5 mal 3 Meter große Maschine abbauen sollte, unglaubwürdig geworden. Denn die Maschine könne schließlich nicht mal eben so abtransportiert werden, sondern müsse mittels Kran aufgeladen werden. Man habe sogar die Polizei in Gardelegen um Hilfe gebeten – was Polizei-Pressesprecher Frank Semisch auf Nachfrage betätigte. Die Beamten hätten mangels eines Urteiles aber nicht eingreifen können.

Die PDCA müsse nun die Leasingraten für die teure Spritzmaschine weiterzahlen, betont Kowalczyk. „Wir haben gültige Verträge, und die BKD hält die nicht ein.“ Seine Firma werde jetzt die BKD verklagen, doch solche Gerichtsverfahren würden sich bekanntermaßen hinziehen. „Aber möglicherweise spekuliert die BKD ja darauf, dass wir vorher in Insolvenz gehen“, meint Kowalczyk.

Bei der BKD will man sich zu diesen Vorwürfen nicht äußern. Man gebe grundsätzlich keine Kommentare zur „operativen Tätigkeit ab“, heißt es aus Warschau auf Volksstimme-Nachfrage. „Alle Fälle“ seien vertraglich geregelt und „werden entsprechend abgewickelt.“