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Asyl Leere Unterkunft wieder zu haben

Der Mietvertrag der nie genutzten Flüchtlingsunterkunft an der Genthiner Friedenstraße läuft aus. Sie muss schließen.

Von Simone Pötschke 30.09.2019, 01:01

Genthin l Das Land Sachsen-Anhalt übergibt die Genthiner Flüchtlingsunterkunft, den umgebauten ehemaligen Supermarkt an der Friedenstraße, wieder zurück an den Vermieter, eine Firma aus dem niedersächsischen Hildesheim. Sie vermietete die Unterkunft wiederum auch nur weiter. Denn der Eigentümer der Immobilie war laut Grundbuch seinerzeit die Firma Terrain Commercial S.A., die bei Vertragsabschluss ihren Sitz in Panama hatte.

Die Übergabe der nie genutzten Flüchtlingsunterkunft wird vermutlich unaufgeregt und ohne große Öffentlichkeit vonstatten gehen, denn der Mietvertrag, abgeschlossen über einen Zeitraum von drei Jahren, läuft ganz planmäßig aus.

Der Umzug, mit dem auch ein ortsansässiges Speditionsunternehmen beauftragt war, wurde bereits in der vorletzten September-Woche abgeschlossen.

Die in der Flüchtlingsunterkunft eingelagerten landeseigenen Möbel und Ausstattungsgegenstände wurden abtransportiert und werden teilweise als Ersatz in anderen Aufnahmeeinrichtungen genutzt beziehungsweise benötigt. Das gab Andy Hein, Pressesprecher des sachsen-anhaltischen Finanzministeriums zur Auskunft.

Die zu keinem Zeitpunkt in Anspruch genommene Flüchtlingsunterkunft mit knapp 500 Plätzen, vom Land stets als Reserve deklariert, war in den vergangenen drei Jahren stets gut für überregionale negative Schlagzeilen. Wobei die Stadt Genthin zu keinem Zeitpunkt in die Entscheidungen des Landes einbezogen war. Vor allem der Bund der Steuerzahler rückte die leerstehende Unterkunft immer dann in den Fokus, wenn es um die Verschwendung von Steuergeldern ging.

Obwohl kein Flüchtling jemals den umgebauten Markt betreten hat, bezahlte das Land vertagsgetreu jeden Monat Miete. Der Bund der Steuerzahler gab Medien gegenüber Mietkosten von rund zwei Millionen Euro an.

Einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung zufolge, die Robert Farle, Abgeordneter der AfD, nach Bekanntwerden des Mietverhältnisses gestellt hatte, zahlte das Land monatlich eine Grundmiete von knapp 49.000 Euro und für Nebenkosten monatlich 2500 Euro. Demnach sind in den drei Jahren 1,8 Millionen Euro für die Grundmiete und 90.000 Euro für Nebenkosten vom Land an den Vermieter, der Firma Bendix Corporation, geflossen.

Der Eigentümer der Immobilie versucht mit dem Auslaufen des Vertrages mit dem Land das Objekt in Genthin gewinnbringend weiter zu vermarkten. So steht es, inklusive einer Grundstücksfläche von 23.0000 Quadratmetern, seit Monaten auf einem Immobilenportal im Internet für knapp 3,6 Millionen Euro zum Verkauf. Verfügbar ab 1. Oktober. Kaufinteressenten werden Mieteinnahmen im Jahr in Höhe von 590.000 Euro in Aussicht gestellt. Ob sich die Immobilie noch im Besitz der Firma Terrain Commercial S.A. wie vor drei Jahren befindet und ob es sich bei ihr um den Verkäufer handelt, geht aus dem Angebot nicht hervor.

Beworben wird die Immobilie im Internet jedenfalls als Einkaufszentrum. Egal, wer das Objekt erwirbt, der Käufer wird es nicht mehr als Einkaufszentrum nutzen oder umbauen können. Dem steht eine Änderung des Flächennutzungsplanes durch die Stadt Genthin im Jahr 2018 entgegen. So besitzt der Bereich des ehemaligen Supermarktes und der späteren Flüchtlingsunterkunft städtebaulich nicht mehr den Status einer Sondergebietsfläche, in dem großzügige Einzelhandelsflächen ausgewiesen werden können. Im neu aufgelegten Flächennutzungsplan der Stadt Genthin ist diese Fläche nun dem Wohungungsbau vorbehalten.

Nach den Vorgaben des Baugesetzbuches hatte Genthin seinerzeit gemessen an seiner Größe zu viele großflächige Einzelhandelsflächen, eben sogenannte Sondergebietsflächen, ausgewiesen.

Durch einen überarbeiteten Flächennutzungsplan wurde dies Anfang vergangenen Jahres korrigiert und die seinerzeit vier ausgewiesenen Sondergebiete um zwei reduziert.