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Die Kitas in Genthin und Umgebung haben genug Plätze mit durchdachten Betreuungskonzepten Betreuungsgeld: "Das ist ein Betrag, für den es nicht lohnt, zu Hause zu bleiben"

21.11.2012, 01:15

Junge Eltern stehen häufig vor der Wahl - Betreuen sie ihr Kind in den ersten Lebensjahren zu Hause oder nehmen sie das Angebot einer Kita in Anspruch? Das Betreuungsgeld soll bei der Entscheidung helfen.

Genthin l Rund 1,2 Milliarden Euro will der Staat ab August jährlich bereit stellen. Pro Kind soll die Förderung 150 Euro im Monat betragen. "Das ist ein Betrag, für den es sich nicht lohnt, zu Hause zu bleiben." Beate Rente, Leiterin der Kitas Spatzenhausen in Tucheim und Storchennest in Gladau, ist gegen das Betreuungsgeld. Allerdings räumt sie ein, dass die Betreuung zu Hause auch Vorteile hat: "Die Mutter-Kind-Beziehung wird viel intensiver. So unmittelbar können wir das hier nicht leisten." Dagegen hält sie, für die persönliche Entwicklung sei der soziale Kontakt enorm wichtig. In ihrer Kita sind bei vielen Familien Mutter und Vater erwerbstätig. Deshalb vermutet Beate Rente: "Die Eltern werden es nicht annehmen. Vor allem, weil sie wissen, dass ihre Kinder hier gut untergebracht sind." Allerdings räumt die resolute Erzieherin ein, dass das Angebot vielleicht dort genutzt wird, wo nicht genug Kita-Plätze zur Verfügung stehen.

Genthin und das Umland sind in der glücklichen Lage, dass jedes Kind eine Kita besuchen kann. Das bestätigt Simone Klautke, stellvertretende Leiterin der Kita Max und Moritz in Genthin. Ihre Meinung zum Betreuungsgeld: "Ich finde, das ist Unsinn. Das Geld soll lieber für den Bau von Krippenplätzen verwendet werden." Sie sagt dies im Hinblick auf ganz Deutschland. In manchen Bundesländern finden fast 25 Prozent der Eltern keinen Kita-Platz für ihr Kind. In Sachsen-Anhalt sind es nur 5 Prozent.

Betreuungsgeld als Streitthema

Manfred Behrens, der für die CDU im Bundestag sitzt, begründet seine Entscheidung, für das Gesetz gestimmt zu haben: "Der Bund investiert viel Geld, damit Familien finanziell unterstützt werden können. Zudem erhalten Eltern Wahlfreiheit." Waltraud Wolff (SPD) hat gegen das Betreuungsgeld gestimmt und findet weder die Entscheidung, noch die Höhe des Betrages akzeptabel. Wahlfreiheit unterstützt auch sie, allerdings stellt sie fest: "Wenn Kinder unser höchstes Gut sind, kann die Entscheidung doch nur heißen: Bildung von Anfang an."

Dieser Meinung schließt sich Susanne Lahr an. Sie ist Mutter von zwei Töchtern: "Das Betreuungsgeld ist nicht sinnvoll, vor allem weil es wahrscheinlich nur an Eltern geht, die das gar nicht brauchen." Sie meint damit finanziell stabile Familen. Diese, so schätzt auch Waltraud Wolff, werden das Geld "mitnehmen." Andere Gedanken zum Thema hat die berufstätige Mutter Carolin Anderfuhr: "Ich kann meinem Kind gar nicht das bieten, was die Kita leistet. Der Kontakt mit gleichaltrigen Kindern ist sehr wichtig."

Damals wie heute war das Ziel der frühkindlichen Pädagogik, die Kleinen fit für die Schule zu machen. Die Methoden haben sich allerdings radikal geändert. Kinder werden heutzutage nicht mehr belehrt, sondern sie lernen, aus eigener Motivation heraus zu handeln. Bei Max und Moritz wird der Beobachtungsansatz gewählt. An den Stellen, an denen es sich eignet, greifen sie unterstützend ein und bieten neue Anregungen. So passiert es leicht, dass die Knirpse auf dem Spielplatz einen Baumstamm zerlegen und die Betreuer daraus die "Aktionswoche Holz" machen.

Beobachten statt belehren

"Das Ausprobieren ist ganz wichtig", weiß Simone Klautke. Die Kinder würden dadurch Selbstvertrauen aufbauen und Dinge erst dann machen, wenn sie soweit sind. Das Kinderförderungsgesetz (KiFöG) macht den Erzieherinnen seit 2004 Vorgaben, welche Bereiche besonders gefördert werden. Dabei steht die Entwicklung von motorischen und kommunikativen Fähigkeiten im Vordergrund. Um die Fortschritte der Kinder festzuhalten, schreibt das KiFöG ein Beobachtungsinstrument vor. Bei Max und Moritz ist das ein Ordner, in dem hunderte von Fotos mit Beschreibungen eingeklebt werden. "Das war am Anfang ganz schön schwierig, weil wir erst mal lernen mussten, kein Fotoalbum, sondern eine Momentaufnahme der Lernsituationen zu machen", lacht Klautke.

So entsteht nicht nur eine schöne Erinnerung für Eltern und Kinder, sondern auch ein Werkzeug, mit dem sich Probleme frühzeitig erkennen lassen. So kann frühzeitig das Gespräch mit den Eltern gesucht werden, wenn eine Förderung von außerhalb, zum Beispiel beim Sprachtherapeuten notwendig ist.