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Finanznot Streit statt Hilfe für Zirkustiere

Der Circus Busch sitzt in Genthin fest, das Geld wird immer knapper. Eine private Spendenaktion ist darüber hinaus leider gescheitert.

Von Mike Fleske 12.02.2021, 05:00

Genthin l Krisenstimmung bei der Familie Scholl vom Circus Danny Busch in Genthin. Zwar hat man sich mit dem neuen Eigentümer des ehemaligen Baumarktes auf einen vorläufigen Verbleib auf dem Gelände einigen können, dass man wegziehen müsse, war im vergangenen Jahr ein großes Problem für die Familie – neben den fehlenden Auftritten und dadurch nicht vorhandenen Einnahmen. Die Zukunftsaussichten sind weiterhin düster: In den kommenden Monaten sieht es nicht so aus, als ob die Zirkusleute irgendwo auftreten könnten. „Es gibt im Moment kaum langfristige Planungen in den Städten, in denen wir sonst auftreten, also sehen wir einem weiteren sehr schweren Jahr entgegen“, sagt Zirkuschef Alexander Scholl.

So wird bei der Familie langsam das Geld knapp, allerdings gibt es laufende Kosten etwa für die in Niedersachsen untergebrachten Tiere des Zirkus oder für den eigenen Lebensunterhalt. „Wir sind deshalb froh, dass wir aus dem Umfeld unterstützt werden und waren über ein Angebot einer Spendensammlung sehr glücklich“, sagt Scholl. Doch die Spendensammlung scheiterte, da sich die Zirkusfamilie und der Initiator nicht über die Modalitäten einigen konnten. Dabei war wohl ursprünglich der feste Wille vorhanden, die Familie zu unterstützen.

Initiator der Aktion war der neu nach Genthin gezogene Romen Banerjee, Inhaber eines Bildungsunternehmens, das seinen Schwerpunkt auf Lebensberatung und Spiritualität hat. Als er von den Problemen des Zirkus gehört hatte, habe er der Familie spontan aus der eigenen Tasche einen Betrag gestiftet, erklärt Banerjee gegenüber der Volksstimme. Er organisierte eine Sachspende eines örtlichen Landwirtes und habe „in seinem Netzwerk“ um Geldspenden gebeten.

Sogar ein Video sei gedreht worden, um auf die Not der Zirkusleute hinzuweisen. Allerdings hatte Banerjee nach eigenen Angaben eine Spendenaktion für die Tierversorgung im Sinn. „Spende für Tiere“ ist die Aktion im Internet benannt worden. „Natürlich wurde dem Ehepaar Scholl von uns mit aller Klarheit gesagt, dass die Spendenaktion für die Tierversorgung ausschließlich im Rahmen unseres gemeinnützigen Unternehmens erfolgen kann und wir dementsprechend an die steuerrechtlichen Regularien gebunden sind. Dies bedeutet, wir können die Spenden nur weiterleiten, wenn uns der Empfang quittiert wird und gleichzeitig sichergestellt ist, dass die Spenden dem Satzungszweck entsprechen“, berichtet Romen Banerjee. Doch dieser Anspruch sorgte letztlich für Zwist.

„Wenn wir unsere Tiere versorgen wollen, müssen wir unseren Fuhrpark herrichten, wir haben in den Fahrzeugen keinen Sprit, keinen TÜV und sind im Moment völlig unbeweglich“, meint hingegen Zirkuschef Scholl und findet, dass das Geld durchaus dafür verwendet werden dürfte. Belege könnten nicht im Detail vorgelegt werden. Das forderte aber Romen Banerjee, um den Spendern gegenüber die entsprechende Nachweise erbringen zu können, dass der Zweck eingehalten wurde. Eine freie Verwendung könne es seiner Meinung nach nicht geben.

Bereits nach kurzer Zeit kamen rund 11.000 Euro zusammen. „Das Geld hätte uns sehr geholfen“, sagt Alexander Scholl. Doch zu einer Übergabe kam es nicht. Denn der Streit zwischen beiden Seiten wurde immer größer. Die Zirkusfamilie fühlte sich vom Spendeninitiator bedrängt und für dessen Eigendarstellung missbraucht. Banerjee wiederum fühlt sich von der Familie missverstanden und beleidigt. Er habe mehrfach erklärt, nur gegen Belege und Quittungen, Geld für den benannten Zweck ausreichen zu wollen, doch dem sei die Familie nicht nachgekommen.

Letztlich fielen wohl nach übereinstimmenden Angaben beider Seiten auch einige unschöne Worte. Die Spendenaktion wurde danach vom Initiator beendet und die entsprechenden Aufrufe aus dem Internet gelöscht. Das Geld sei nunmehr an die Einzelspender zurückgegangen. Banerjee belegte dies gegenüber der Volksstimme mit anonymisierten Unterlagen und schreibt dazu: „Glauben Sie mir, es ist nicht schön, Menschen zum Spenden zu bewegen und diese wieder zurück überweisen zu müssen.“ Zumindest darin sind sich beide Seiten einig, denn auch Alexander Scholl gibt sich zerknirscht: „Uns haben Menschen helfen wollen, und nun kommt diese Hilfe nicht an, wir bedauern das sehr.“

Doch was ist tatsächlich schief gelaufen? Bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt bewertet man die Situation aus fachlicher Sicht so, dass möglicherweise im Vorfeld die Absprachen nicht detailliert genug getroffen wurden. „Klare Ansagen zwischen den Parteien – bereits zu Beginn der Spendenaktion – hätten den Konflikt gegebenenfalls vermeiden können“, meint Rechtsreferentin Simone Meisel. Sie weist darauf hin, dass es in Sachsen-Anhalt kein Sammlungsgesetz gebe.

„Somit ist es erlaubt, dass Privatpersonen ohne Genehmigungspflicht Spenden sammeln.“ Diese Spenden seien laut Bürgerlichem Gesetzbuch eine unentgeltliche Zuwendung. „Die Spende, egal ob es ein Geldbetrag ist oder ein Gegenstand, wird rechtlich als Schenkung angesehen.“ Dahinter verberge sich, dass keine Gegenleistung erbracht werden müsse.

Interessant wird es mit Blick auf die Genthiner Aktion aber an dieser Stelle: Eine Schenkung könne unter Auflage erfolgen. Würden diese nicht vollzogen, könnten die Schenker gemäß Bürgerlichen Gesetzbuch die Herausgabe des Geschenkten verlangen. Das sei hier letztlich passiert.