1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Genthiner Chemiepark trotzt der Corona-Krise und stellt sich für die Zukunft auf

Industrie Genthiner Chemiepark trotzt der Corona-Krise und stellt sich für die Zukunft auf

Aus Solvay wird das Verbundunternehmen Verdant / Sinarmas Cepsa kann auf erfolgreiches Jahr 2020 zurückblicken

Von Mike Fleske Aktualisiert: 30.05.2021, 14:50
Aussicht auf den Chemiepark. Im Spätsommer wird der Standort ein Jubiläum begehen.
Aussicht auf den Chemiepark. Im Spätsommer wird der Standort ein Jubiläum begehen. Foto: Simone Pötschke

Genthin - Im Chemiepark war auch während der Corona-Krise Bewegung. Ganz aktuell gab es Veränderungen beim Spezialtensidhersteller Solvay. Die drei Hauptproduktionsstandorte in Illinois in den USA, Halifax in Großbritannien und Genthin sind vor wenigen Wochen an das Private Equity-Unternehmen OpenGate Capital in Los Angeles verkauft worden.

Neuer Name ist in Genthin noch nicht sichtbar

Die Standorte bilden nun gemeinsam den Verbund „Verdant Specialty Solutions“ oder kurz „Verdant“. Derzeit ist dies am Genthiner Standort noch nicht zu sehen, dort zeigt sich noch das bisherige „Solvay“-Logo.

Erst mit dem Handelsregistereintrag wird die neue Bezeichnung sichtbar. „Wir werden weiterhin unsere verschiedenen amphoteren Tenside am Standort Genthin herstellen“, macht der Genthiner Verdant-Standortleiter Thomas Gillmann deutlich. Hauptsächlich werde Betaine hergestellt, die etwa als Inhaltsstoff in Shampoo oder Flüssigseife zu finden seien.

Erweiterung der Produktpalette als Chance für den Standort

„Ziel unserer Gruppe ist es, organisch und durch Akquisitionen zu wachsen“, fügt Gillmann hinzu. „Die Erweiterung unserer Produktpalette ist eine Option für Wachstum in Genthin.“ Auch werde man die hohen Sicherheitsstandards einschließlich der menschlichen Gesundheit und des Umweltschutzes weiterhin beibehalten.

Eine Änderung in den Mehrheitsverhältnissen kennt auch die Firma Inprotec. Dort hatte die Beteiligungsgesellschaft Paragon Partners aus München im Jahr 2018 die Mehrheit beim Granulathersteller übernommen. Das man dem selbst so bezeichneten Anspruch auf „nachhaltige Investitionen in mittelständische Unternehmen“ nachkommt, zeigten Ausführungen von Inprotec-Betriebsleiter Oliver Hesse während eines Besuches des ehemaligen SPD-Chefs Sigmar Gabriel in der vergangenen Woche.

Geplant ist demnach etwa, bis zu 20 Millionen Euro in eine neue Trocknungsanlage zu investieren. Auch soll die seit 2014 brachliegende  Schienenanbindung des Chemieparks reaktiviert werden. Zudem werde die Mitarbeiterzahl von 150 auf 180 erhöht.

Thurn-Abfüllanlage läuft auf sechs Linien

Entwickelt hat sich auch die Firma Thurn, die im früheren Waschmittelwerk Flaschen mit Reinigungsmitteln abfüllt. „Unsere Mitarbeiterzahl liegt mittlerweile bei knapp 60 und diese produzieren auf maximal sechs Linien“, erläutert der geschäftsführende Gesellschafter von Thurn, Peter Schoof. Zum Vergleich: Im März 2020 lag die Firma nach einem halben Jahr Tätigkeit in Genthin bei 22 Mitarbeitern und zwei aktiven Linien.

Die Erweiterung haben die Geschäftsführer wie angekündigt vorangetrieben - trotz der allgemeinen Widrigkeiten: „Aufgrund der coronabedingten Lockdownbeschränkungen ist es zu einem erheblichen Umsatzrückgang bei Waschmitteln und waschnahen Produkten gekommen“, erklärt Schoof. Begründet sieht er dies unter anderem in den Maßnahmen zur Beschränkung des Freizeitsportes, der körpernahen Dienstleistungen und der Schließung des Gastgewerbes.

Dadurch, dass in Deutschland Millionen von Fitnessclub-Mitglieder und Hobbyfußballer nicht aktiv sein konnten, dass Friseursalons, Restaurants und Hotels geschlossen waren, sei der Markt für die Thurn-Produkte um bis zu 28 Prozent eingebrochen. Heißt: Wenn in Deutschland keine schmutzige Sportbekleidung oder Bettwäsche anfällt, wird auch weniger gewaschen, ergo wird weniger Waschmittel benötigt. Ähnliches gilt für den Pflegebereich etwa bei Kosmetikern.

Cepsa steigert Marktanteile

Schoof geht davon aus, dass sich die Situation nur langsam entspannen wird. „Aus den vielfach dargestellten Hilfspaketen für die Wirtschaft steht Thurn allerdings auch keine Unterstützung zu und so sind die sich ergebenden Verluste alleinig durch die Eigentümer zu tragen.“

Ganz anders ist Sinarmas Cepsa durch die Krise gekommen. Der Umsatz sei zu Beginn der Krise im Frühjahr 2020 gestiegen. Das habe zwei Gründe, sagt Michael Fleig, Betriebsleiter in Genthin. Zum einen habe man die Marktanteile steigern können. „Zum anderen gab es zu Beginn der Krise eine erhöhte Nachfrage.“ Hamsterkäufe, könnte man das auch nennen.

Cepsa schaut auf das beste Jahr seit der Übernahme des Werkes im Jahr 2016 zurück. Vorteil sei gewesen, dass der Landkreis auf einfache Weise eine Notbetreuung für die Kinder der Mitarbeiter ermöglicht habe.

Hoffnung auf Ende der Krise im Herbst

„Erkrankungen gab es bei uns keine, aber einige Quarantänefälle. Wir haben unser Personal inzwischen verstärkt und wollen auch allen Mitarbeitern eine Impfung ermöglichen.“ Man sei gut durch die Krise gekommen. Gestiegene Rohstoffpreise würden nur geringen Einfluss auf die Produktion haben. „Unsere Hauptrohstoffe kommen vom eignen Konzern.“

Diese Rohstoffkosten hätten zudem nur einen kleinen Anteil in den Endprodukten. Fleig hofft auf ein Abflauen der Krise bis zum Herbst. Man plane gemeinsam mit den anderen Unternehmen im Chemiepark einen „Tag der offenen Tür“ im September.