Wirtschaft Investoren prüfen ihren Einstieg im Genthiner Chemiepark
Bei Thurn Contract Service werden nach wie vor Reinigungsmittel abgefüllt. Aktuell geben mögliche Investoren Angebote ab.

Genthin - Im harten Wettbewerb in der Chemieindustrie wurde jüngst der Reinigungsmittelproduzent Thurn Contract Service aufgerieben und musste Insolvenz anmelden.
Betroffen sind neben dem Standort Genthin auch der Hauptsitz in Neunkirchen-Seelscheid (Nordrhein-Westfalen) sowie im niederländischen Kerkrade. Doch Insolvenz bedeutet nach heutigem Recht nicht mehr, dass ab sofort alles aus ist, sondern hat den langfristigen Fortbestand von Unternehmen zum Ziel.
Unter diesem Gesichtspunkt ist in den vergangenen Wochen auch vorgegangen worden, erläutert Rechtsanwalt Manfred Schulte im Auftrag des Insolvenzverwalters Dr. Jens Schmidt: „Bereits im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens, das Verfahren ist ja noch nicht eröffnet, findet ein Investorenprozess für alle drei Standorte der Thurn-Gruppe statt.“
Entscheidung über Angebote in der zweiten August-Hälfte
Derzeit prüften mehrere Investoren die Übernahme aller drei Standorte, darin sei auch der Standort Genthin eingeschlossen. „Der Gläubigerausschuss wird über die bis zum Stichtag eingegangenen Angebote voraussichtlich in der zweiten August-Hälfte eine Entscheidung treffen.“
Aktuell laufe die Produktion an allen drei Standorten weiter und sie laufe stabil, so der Rechtsanwalt. „Die Kunden stehen weiterhin treu zum Unternehmen, ebenso die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Zudem sei mit allen Lieferanten eine Einigung getroffen worden, die sowohl die Lieferanten von Rohstoffen und Verpackungen, als auch auch die Versorgung der Standorte mit Energie, Wasser und Wärme betreffe. Einer Gefährdung für die anderen Unternehmen auf dem Gelände durch mögliche Lieferstopps von Strom, Wasser und Gas wie bei der Insolvenz der Hansa Group 2014 wird damit vorgebeugt.
Mehrere Insolvenzen im Chemiepark
Die Firma war als Nachfolger des Waschmittelriesen Henkel nach Genthin gekommen, der sich 2008 aus dem Chemiepark zurückgezogen hatte. Im November 2014 kauften die Unternehmerbrüder Alambeigi mit der Gemini Holding das Werk. Im Mai 2015 meldete dann auch diese Firma Insolvenz an.
Nachfolger wurde im Jahr 2017 die Firma Chemie Contract Service (CCS), die 2019 ihrerseits in die Insolvenz ging. Aus dem Verfahren heraus kam die seinerzeit neu aufgebaute Firma Thurn, als Thurn Contract Service im Herbst 2019 nach Genthin. Bis Anfang 2020 wurde die Produktion aufgebaut, mehr als 50 Mitarbeiter eingestellt, Anlagen reaktiviert.
Gerade als die Firma im größeren Umfang mit der Abfüllung begonnen hatte, kam Corona. Peter Schoof, Geschäftsführender Gesellschafter bei Thurn, hatte nach dem Bekanntwerden des Insolvenzantrages bestätigt, dass die Pandemie als eine der Ursachen für die wirtschaftlichen Probleme zu sehen seien.
Corona bringt Firma in wirtschaftliche Schieflage
Schoof zufolge sei bedingt durch den Corona-Lockdown 2020/21 der Umsatz bei Waschmitteln und waschnahen Artikeln deutlich zurückgegangen. Die Erwartungen auf einen zügigen Aufschwung habe Thurn zwischenzeitlich zurücknehmen müssen. Gleichzeitig, erklärte Schoof, sei das Unternehmen mit drastischen Preissteigerungen auf den Beschaffungsmärkten für Verpackungen und Rohstoffen konfrontiert worden.
Vor diesem Hintergrund hätten sich die Eigentümer der Thurn-Unternehmen nicht in der Lage gesehen, absehbare Verluste weiter zu finanzieren, so dass sie sich gezwungen sahen, Insolvenz anzumelden.
Bereits einige Wochen zuvor hatte Schoof gegenüber der Volksstimme eingeräumt, dass es aufgrund der coronabedingten Lockdownbeschränkungen zu einem erheblichen Umsatzrückgang bei Waschmitteln und waschnahen Produkten gekommen sei. Sie ginge laut Schoof auf Beschränkungen des Freizeitsportes, der körpernahen Dienstleistungen sowie der Schließung des Gastgewerbes zurück.