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In unzähligen Stunden hat Uwe Schlimm die alte Uhr restauriert und modernisiert Karows Kirchturmuhr zeigt wieder die Zeit

Von Sigrun Tausche 16.11.2011, 05:23

Ein Blick zum Kirchturm verrät den Karowern nun wieder die Uhrzeit, das Schlagen alle halbe Stunde und das Feierabendläuten um 18 Uhr hält auch akustisch jeden auf dem Laufenden. Dass die Uhr nach Jahrzehnten wieder läuft, ist Uwe Schlimm aus Ziesar zu verdanken.

Karow l Hätte alles wunschgemäß geklappt, wäre die Uhr schon länger wieder in Betrieb. Jedoch lässt sich schwer kalkulieren, wieviel Aufwand tatsächlich notwendig ist, so ein altes Uhrwerk wieder in Gang zu bringen und mit moderner Technik zu kombinieren. Dazu kommt, dass auch erst der Turm einschließlich Gebälk fertig saniert werden musste, was zum Teil wiederum von der Reparatur der Glocken und deren Einbau abhing. Und: Uwe Schlimm hat alles nebenberuflich gemacht, zeitweise unterstützt von seinem Sohn Bernhard.

Nun aber ist es soweit, und die Karower freuen sich sehr darüber. Man könne jetzt oft beobachten, wie um 18 Uhr viele Leute auf der Straße stehen, um das Abendläuten zu verfolgen, berichtete Helmut Müller, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Barockkirche Karow. Schon ewig war die Uhr außer Betrieb, sagt er, "und das wäre auch so gebließen, hätte sich nicht jemand gefunden, der sie aus Lust und Liebe repariert." Die Mitglieder von Förderverein und Kirchengemeinde wissen: Eigentlich ist unbezahlbar, was Uwe und Bernhard Schlimm hier geleistet haben.

Unzählige Stunden investiert

Fragt man den gelernten Uhrmacher, der jetzt als Mechaniker und Elektroniker sein Geld verdient, wie viele Stunden er für die Karower Uhr investiert hat, so weiß er keine Antwort darauf. Er hatte das völlig verrostete Uhrwerk in seiner Werkstatt komplett auseinandergebaut, in Ordnung gebracht, gestrichen und wieder zusammen gebaut. Eingebaut wurde es nun höher im Turm als früher. In einem Kasten in Höhe des Kirchendachs befand sich die Uhr einst, durch eine umständliche, viel zu lange Konstruktion verbunden mit dem Räderwerk der Zeiger und dem Läutewerk.

Ebenso problematisch war die Lage der Gewichte, die für den Antrieb sorgten. Direkt über dem Turmeingang der Kirche hingen sie. Nun werden sie nicht mehr gebraucht, denn die alte Uhr hat einen modernen, elektrischen Antrieb. Da bleibt nicht mehr viel zu tun. "Einmal im Jahr komme ich und schaue nach", versprach Uwe Schlimm.

Amüsiert erinnern er und die Fördervereinsmitglieder sich, wie sie die Karower beim Einstellen der Uhr in Unruhe versetzt haben. Da war erstmal alles durcheinander. "Die Leute standen mit Sensen und Heugabeln auf der Straße", scherzen sie, freuen sich aber auch über die große Anteilnahme der Einwohner, die schon lange sehnsüchtig auf die Inbetriebnahme der Uhr gewartet haben.

Jetzt können sie die Uhr weithin sehen, und das sogar von drei statt früher nur zwei Seiten - was eigentlich einem Versehen zu verdanken ist: Es war ein Ziffernblatt zuviel neu angefertigt worden, und plötzlich waren drei da...

Uhr schlägt Tag und Nacht

Die Uhr schlägt nun durchgängig die Stunden und halben Stunden. "Erst wollten wir das Schlagwerk nachts abstellen, aber das wäre technisch sehr aufwändig", begründet Helmut Müller.

Dankeschön sagte auch Pfarrer Reinhard Simon - nicht nur dem Uhrmacher und seinem Sohn, sondern ebenso Helmut Müller. Denn man brauche immer Leute, die etwas in Gang bringen, betonte er. Müller gab den Dank an Detlef Menz weiter, der den Kontakt mit Uwe Schlimm vermittelt und dann auch ganz viel geholfen habe. Auch den Hubsteiger hatte er organisiert, um die Teile erst herunter und dann wieder hinauf zu bekommen.

Dass das alte Uhrwerk wieder in Gang gebracht wurde statt, wie vielerorts erfolgt, eine Funkuhr zu installieren, findet Pfarrer Simon gut. "Die Zeit darf ein bisschen variieren, die alte Uhr zeigt uns ein bisschen von einem anderen Lebensgefühl", sagt er und erzählt etwas über den Ursprung des "Feierabendläutens" um 18 Uhr und die frühere Einteilung des Tages: Auch an Wochenenden werde um 18 Uhr geläutet, denn nicht eigentlich der "Feierabend" sei der Anlass, sondern die früher üblichen "Zeiten der Einkehr" bei Morgen-, Mittags- und Abendgebet. Und der heute auf die Sekunde genau verlangten Zeiteinteilung stellte der Pfarrer eine früher übliche Weise der "Zeitmessung" gegenüber: "Der Tag hatte sommers wie winters zwölf Stunden - von Sonnenauf- bis -untergang. Im Sommer waren die Stunden eben etwas länger, im Winter kürzer." Der biologischen Uhr - dem Empfinden, in der dunklen Jahreszeit mehr Schlaf zu benötigen - kam das wohl näher als die heutige exakte Zeiteinteilung.

Gebaut worden ist die Uhr um 1900 - ganz genau weiß man es nicht - und war dann wohl längere Zeit außer Betrieb, als sie tatsächlich gelaufen ist, schätzen die Karower. Die kleine Glocke für den Anschlag war auch schon fast abgefallen, weil der Balken, an dem sie hing, total morsch war.

Nun ist alles wieder in Ordnung. Und auch, wenn die Uhr mal ein paar Stunden nicht gehen sollte, ist das kein Grund zur Panik. Eine kurze Stromsperre könnte die Ursache sein. "Die Uhr bleibt dann stehen und wird erst nach zwölf Stunden wieder \'abgeholt\', damit das Schlagwerk nicht durcheinander kommt", erklärt Uwe Schlimm. Eine kleine Quarzuhr, die mit Batteriestrom läuft, gibt dann ein Signal an die große Uhr, die von einem Elektromotor angetrieben wird.