Gert Loschütz mit besonderem Werk in der Bibliothek Märchen für Erwachsene
Es kommt nicht oft vor, dass Erwachsene gespannt der Lesung einer Fabel lauschen, vor allem wenn sie in Reimform geschrieben ist. Dafür braucht es einen besonderen Autor und einen geübten Vorleser. Einen wie Gert Loschütz.
Genthin l Lange hat der gebürtige Genthiner Gert Loschütz nicht mehr in seiner Heimat vor Publikum gelesen. Der Abschluss der Bibliothekstage war ein willkommener Anlass für eine Rückkehr. Er stellte in der Stadt- und Kreisbibliothek sein jüngstes Werk "Auf der Birnbaumwiese" vor. "Ein Buch, das bei Lesungen in Magdeburg bereits sehr gut angekommen ist", erläuterte Bibliothekarin Cornelia Draeger während ihrer Begrüßung des Autors.
"Das Buch ist von vorn bis hinten durchgereimt", schickte Loschütz seinem Vortrag vorweg. Er sage das, damit Unwillige eine letzte Chance hätten, zu gehen. "Aber das macht natürlich keiner", freute sich der 66-Jährige. Auch in Genthin verließ niemand den gut besuchten Vortragsraum. Loschütz zog die Zuhörer mit seiner warmen Stimmfärbung und der klaren Vortragsweise in den Bann. Für die leichtere Verständlichkeit hatte er den Text eingekürzt und verzichtete auf den Teil der Fabel, in denen ein Brüderpaar drei Hexen ärgerte und von ihnen mit einem Fluch belegt wird.
Deshalb erkennen sie sich nicht mehr als sie sich auf der Birnbaumwiese wiederbegegnen. Eine Elfe jedoch kann den Zauber aufheben. Die Parabel um das Verlieren und Wiederfinden, um Aufbruch und Wiederankommen besticht durch die klare und fantasievolle Sprache. Auch gab der Autor den Tieren, die wie in jeder Fabel sprechen können, eine ganz eigene Klangfarbe. Dabei gelang ihm der Wechsel zwischen den Charakteren problemlos. Fuchs und Wiesel durften sich mit deutlichen Worten bei der kleinen Elfe beklagen, weil sie keine Birnen abbekommen hatten. Der Frosch durfte mal schimpfen und mal genügsam den Regenguss begrüßen.
"Das war eine zauberhafte Interpretation", lobte eine Zuhörerin nach dem Vortrag. Der Text zwinge dazu, erläuterte Loschütz. "Er ist durchgereimt und durchrhythmisiert, da können sie nicht anders", erklärte er. Geschrieben habe er das Buch, da er gehindert sei, den eigentlich geplanten Roman zu schreiben. Der Grund dafür ist Loschütz sechsjähriger Sohn. "Er braucht viel Zeit und hat Interesse an gereimten Versen", so Loschütz.
Allerdings sei der Sohn noch zu klein um den Text richtig zu verstehen. "Eigentlich ist es auch ein Buch für Erwachsene", stellten die Besucher fest. "Kinder erfreuen sich an den Reimen und an den Figuren, aber Erwachsene erkennen die Sinnbilder dahinter. Es gibt auch einige biblische Anspielungen, die sich nicht gleich erschließen", bestätigte Loschütz.
Dennoch läuft das Werk unter dem Signet "Kinderbuch". Auch beim HR und beim WDR, wo das Stück im vergangenen Jahr zum Hörspiel mit verschiedenen Sprechern umgearbeitet wurde. Am Ende der Veranstaltung in Genthin gab es durchweg zufriedene Gesichter. Den Schlusssatz der kleinen Elfe: "Träum was Schönes, gute Ruh", nahmen die Besucher mit auf den Weg in den bereits dunklen Herbstabend.