Genthiner Ortschronist Otto Schulze beschäftigt sich mit Genthiner Häfen und Anlegeplätzen von 1747 bis in die Gegenwart Mit einer Karre voller Ziegel über die Laufplanke aufs Schiff
Im vergangenen Jahr hat sich unser Stadtrat zum wiederholten Mal mit dem Für und Wider eines Hafens für Betriebe unserer Region befasst. Nun ist das, seit es den Elbe-Havel-Kanal gibt, der eigentlich Plauer Kanal heißt, eigentlich nichts Neues.
Genthin l Schon im Jahre 1747, also vor 266 Jahren, gab es das erste Mal dieses Problem. Es musste nach dem Bau des Torfschifffahrtskanals ein geeigneter Platz gefunden werden, um den im Fiener gewonnenen Torf verkehrsgünstig am nun geschaffenen Kanal zu entladen, um wieder zum Transport nach Schönebeck zur Saline auf größere Schiffe umzuladen. Hier wurde die Trieangelwiese in einer Größe von fünf Morgen, das sind 1,1 Hektar, als geeignet empfunden. Auf diesem Torfumschlagsplatz steht heute der Wasserturm. Das war kein richtiger Hafen, sondern eine Umschlagstelle, denn diese verlief parallel zum Wasserweg. Häfen sind immer künstlich angelegte Wasserbecken, sofern kein Naturhafen möglich ist.
Der erste Hafen entstand, als der Kaufmann Pieschel einen Hafen zu seiner Fabrik in Altenplathow anlegen ließ. Es war das Jahr 1819. Dieser Hafen lag am heutigen Volkspark und war mit einer Schwimmbrücke versehen, die das Treideln am Kanal möglich machte. Heute gibt es diesen Hafen nicht mehr. Er wurde in den 1960er Jahren zugeschüttet.
1885 stellte der Maurermeister Stolte an das königliche Wasserbauamt den Antrag, am Parchener Bach eine Umschlagsanlage zu errichten. Dieser Liegeplatz hatte die Form eines Hafens. Er war 60 Meter lang, 15 Meter breit und 1,5 Meter tief. Stolte schlug hier Rohstoffe und Fertigprodukte der Zementbau AG um.
Als 1920 die Firma Baumhütter das Gelände übernahm und eine Hanfspinnerei darauf errichtete, baute sie am Kanal eine Umschlagseinrichtung in Form eines Ladebaumes und Lademastes für den Umschlag von Sisalballen, die per Schiff von Hamburg angeliefert wurden. Auch die Schiffswerft Schütze in der ehemaligen Hafenstraße, heute Geschwister-Scholl-Straße, baute 1885 einen größeren Hafen, um Neubauten und Reparaturen unabhängig von der Wasserstraße durchführen zu können. Hier wurde gleichzeitig die erste Slipanlage, um Schiffe aus dem Wasser oder ins Wasser zu setzen, angelegt. Auch wurde der unterbrochene Treidelweg durch eine Schwimmbrücke ersetzt. Heute überspannt ihn eine Bogenbrücke, im Volksmund "das blaue Wunder" genannt.
Im Jahre 1894 gründete Herr Habedank in Altenplathow am Seedorfer Weg seine Werft und baute aus dem gleichen Grund, wie Herr Schütze auch, einen großen Hafen. Als diese Werft Anfang der 1970er Jahre aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben wurde, übernahm dieses Objekt die GST (Gesellschaft für Sport und Technik). Die Schwimmbrücke wurde entfernt, weil sie marode war. Jetzt ist der Sportbund Eigentümer, und der Hafen wird weiterhin von Sportbootfahrern, die dort ihren Liegeplatz haben, genutzt. Die alte Slip- anlage besteht noch aus der Gründerzeit und hat Museumswert.
Als sich in Genthin die erste Zuckerfabrik im Elbe-Havel-Winkel gründete und 1902 mit dem Bau begonnen wurde, bauten sie gleichzeitig zwei Häfen, einen Rübenhafen und einen Kohle- und Zucker-Hafen. Der Wasserweg war kostengünstiger.
Selbst in Parey und Güsen wurden Zuckerrüben per Schiff nach Genthin verladen. Beide Häfen hatten am Kanal keine Schwimmbrücke. 1923, Henkel war schon zwei Jahre in Genthin, baute Henkel eine Umschlagstelle mit allem Drum und Dran, mit Krahnbedienung und mit Gleisanschluss für mehrere Schiffe gleichzeitig. Auch hatte die Ziegelei Güldenpfennig so eine Umschlagstelle, da sie unmittelbar am Ufer des Kanals lag. Doch das Beladen mit Ziegeln war kraftaufwändig. Es dominierten Laufplanken und die Karre, und das musste gelernt sein.
Am 15. Januar 1930 war die Umschlags- und Liegestelle in Hagen für zwei Schiffe fertig und konnte genutzt werden. Auch hier ging es um Ziegel und um Zuckerrübentransporte.
1951 baute die VEB Schiffswerft Genthin auf dem Gelände des Wasserbauamtes in der Bergzower Straße, Nähe der ehemaligen Amtsbrücke, eine hochmoderne Slipanlage und einen Schiffsliegeplatz.
Zu Zeiten der DDR bauten sich in Altenplathow neben der Hagenbrücke begeisterte Hobbyschiffer Bootsschuppen. Sie bauten gleichzeitig eine Einsatzstelle für diejenigen, die hier nicht ihr Boot festmachen, sondern nur zu Wasser lassen wollten. Das war für einen Melker, der selbst einen kleinen Traktor hatte, eine schöne Nebeneinnahme. Das Land gehörte einem im Ort ansässigen Kohlenhändler, der 1970 an den ersten Sportbootschiffer verpachtet hatte. Schnell kamen weitere Pächter dazu. Heute ist es seit 1991 der Jachtclub Genthin und Stege sind dazugekommen.
In den Jahren 1985/86 baute der Kreisbaubetrieb in Altenplathow mit Zufahrt von der Fabrikstraße am Elbe-Havel-Kanal eine große Umschlagstelle für Kies der verschiedensten Arten und gleichzeitig eine Betonmischstation. Heute betreibt die Firma "Gildebeton" diesen Betrieb mit großem Erfolg. Aber das ist noch nicht alles. Im Dezember 2003 bis Juni 2004 wurde mit Fördermitteln im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" aus Mitteln des europäischen Fonds für regionale Entwicklung ein moderner Sportboothafen erbaut. Er liegt in der Martha-Brautzsch-Straße, gleich neben dem Bootshaus. Dieser Hafen ist ausgerüstet mit einem Sanitärgebäude mit Toiletten, Duschen und mit der Möglichkeit zum Waschen von Wäsche, nebst Trockner. Auch verfügt dieser Hafen über einen Krahn, der bis zu fünf Tonnen hebt zum Einsetzen von Booten in den Kanal oder zum Einsetzen von Feuerlöschbooten der hiesigen Feuerwehr.
Wenn man sich alles in Ruhe betrachtet und durch den Kopf gehen lässt, kann man mit Fug und Recht sagen, Genthin hat auch auf diesem Gebiet eine interessante Geschichte, und vieles ist erhaltenswert.
Schade, dass man die Umschlagstelle von Henkel gleich nach dem Aus für das Werk nicht behalten und erhalten hat. Hier war alles vorhanden und für unsere Stadt hätte und hat es keine bessere Möglichkeit für Schiffsverladungen gegeben.