Notfallversorgung Streit statt Inhalte
Eine 24-Stunden-Notfallversorgung in Genthin sollte diskutiert werden. Doch persönliche Differenzen verhinderten einen Fortschritt.
Genthin l Es war erst die zweite Sitzung des Ausschusses, der eigens für die Entwicklung der medizinischen Versorgung in Genthin gegründet worden war. Die Stadträte wollten in diesem Rahmen dieses für die Genthiner wichtige Thema voranbringen. Sie endete abrupt – und das nicht wegen inhaltlicher Probleme. Es ging um nicht eingehaltene Ladungsfristen. Nach einem emotionalen Schlagabtausch zwischen Lutz Nitz (Grüne) und Prof. Gordon Heringshausen (CDU) beendete Bürgermeister Matthias Günther (parteilos) die Zusammenkunft.
Die eigentlichen Themen des Abends, nämlich die Einrichtung des Johanniter-Campus mit der Portalklinik und der dafür nötige Wegfall des Denkmalschutzes für das alte Krankenhausgebäude, blieben auf der Strecke.
„Jeder arbeitet hier gegen jeden, das verschlägt mir die Sprache“, kommentierte Heinz Köppe, Vorsitzender der Stadtsenioren das Geschehen am Dienstag und mahnte die Beteiligten zur Zusammenarbeit.
Stein des Anstoßes war zunächst die Kurzfristigkeit der Versammlung. „Ich habe erst am Abend vorher davon erfahren“, beschwerte sich Heringshausen direkt zu Beginn und erklärte aufgrund der nicht eingehaltenen Ladungsfrist, sich nicht an der Abstimmung beteiligen zu wollen. Lars Bonitz (WG Altenplathow) ergänzte, dass durch die Kurzfristigkeit der Einladung auch die Öffentlichkeit nicht garantiert sei. Obwohl auch Bürger aufgerufen sind, sich an den Sitzungen zu beteiligen, war am vergangenen Dienstag keiner dabei. Auch von den sachkundigen Bürgern war lediglich Heinz Köppe anwesend.
Bürgermeister Matthias Günther zufolge war die Ladungsfrist nicht eingehalten worden, um den Mitgliedern des Ausschusses vor der nächsten Stadtratsitzung die Möglichkeit zu geben, sich vorab noch einmal zu beraten. Aus diesem Grund habe er einen Kompromiss eingehen müssen.
Lutz Nitz wies darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Genthiner sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen: „Die Johanniter wollen die Beschlüsse noch vor der Sommerpause in das Ministerium einbringen“. Solange die Stadt Einfluss habe, müsse dieser auch genutzt werden. Heringshausen hingegen sah in der kurzfristig einberufenen Sitzung keinen Sinn. „Es gibt keine Notwendigkeit, heute abzustimmen“, sagte er. Bereits bei der letzten Sitzung am 7. Juli sei beschlossen worden, das Vorhaben einer medizinischen stationären Notfallversorgung zu unterstützen. Dabei erhielt Heringshausen Unterstützung von Andy Martius (CDU), der bekräftigte, dass bereits beim letzten Mal lange über die Beschlussvorlage diskutiert wurde.
Mit der Behauptung von Gordon Heringshausen, Stadträte hätten bereits hinter den Rücken anderer Gespräche mit den Johannitern geführt, lief die Diskussion aus dem Ruder. Davon fühlte sich Lutz Nitz persönlich angegriffen. Der verbale Schlagabtausch eskalierte. Bürgermeister Matthias Günther brach die Sitzung daraufhin ab.
Am Tag darauf glätteten sich die Wogen bereits wieder. Heringshausen und Nitz suchten im Anschluss noch einmal das Gespräch. „Ich bin nicht nachtragend“, erklärte Lutz Nitz am Mittwoch und zeigte sich einsichtig: „Der Angriffspunkt war ja nicht ich, sondern der Bürgermeister, der die Ladungsfrist nicht eingehalten hat“.
Heringshausen beteuerte gestern: „Das nächste Mal läuft das anders. Wir haben uns darauf verständigt, in Zukunft kollegial zusammenzuarbeiten, für Genthin und die Bürger.“ Hätte der Bürgermeister eingegriffen, wäre die Situation nicht so eskaliert. „Die Sitzung zu beenden, war richtig“, fand Heringshausen.
Der medizinische Ausschuss ist seit seiner Gründung umstritten. Laut Heringshausen muss dringend darüber gesprochen werden, was ein derartiger Ausschuss überhaupt erreichen könne. „Eine medizinische Notfallversorgung sicherzustellen, können wir nicht entscheiden. Da haben wir keinen Spielraum“, sagte er. Wenn ein Ziel nicht erreichbar sei, sei der Versuch nur Zeitverschwendung. Nichtsdestotrotz sei ihm die Sicherstellung einer guten medizinischen und pflegerischen Versorgung ein Anliegen.
Bürgermeister Matthias Günther indes hält an dem Ausschuss fest. „Manche hauen nur drauf, aber viele wollen auch mitmachen“, zeigte er sich im Nachhinein überzeugt. Mit der Beschlussvorlage, über die hätte beraten werden sollen, könne die Stadt signalisieren, dass es in Sachen medizinischer Notfallversorgung vorwärts gehen soll.
Die Beratungen des medizinischen Ausschusses sollen eigentlich dazu dienen, in der Stadtratssitzung schneller Entscheidungen treffen zu können. Dieser Aufgabe kamen die Ausschussmitglieder am Dienstag nicht nach.
Damit haben die Stadträte eine Chance vertan, sich vor der nächsten Stadtratssitzung am kommenden Dienstag auf einen gemeinsamen Kurs zu einigen.