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Auch nach seinem Ausscheiden im April will der langgediente Bürgermeister weitermachen Ruhestand? Nicht mit Wolfgang Bernicke

06.02.2013, 01:20

Seit 1979 bestimmt Bürgermeister Wolfgang Bernicke das Geschehen der Stadt Genthin mit. Am 1. April verabschiedet er sich in den Ruhestand. Das Rentnerdasein jagt ihm Schauer über den Rücken. Ans Aufhören denkt er deshalb nicht.

Genthin l Der kleine Mann mit dem großen Schnauzbart hat in den vergangenen 34 Jahren so gut wie alle seine Urlaubstage verstreichen lassen. Stattdessen kümmerte er sich lieber um all die kleinen und großen Probleme seiner Stadt Genthin. Der Besuch bei einem 100. Geburtstag am Wochenende oder die Verabschiedung des neuen Haushaltes im Stadtrat - all das gehört zum Beruf des Bürgermeisters. Dabei stellt er an sich keine allzu hohen Ansprüche. "Dafür bin ich viel zu sehr Realist", sagt er. Ein Punkt, den die Genthiner an ihm schätzen. Denn Wolfgang Bernicke hat sich, nach eigener Aussage, nie darum bemüht, sich ein Denkmal zu setzen. Vielmehr hat er sich um alle Belange der Bürger gekümmert.

"Dabei haben sich die Probleme von damals zu heute natürlich wesentlich verändert." Noch zu DDR-Zeiten sei Wohnungsnot ein großes Problem gewesen, das teilweise sogar soweit ging, dass eine Frau bei ihm im Büro ihr Kind da lassen wollte, damit dieses ein Dach über dem Kopf habe. Dennoch ist er dankbar, dass ihm die Bürger auch bei den Wahlen in den vergangenen Jahren stets das Vertrauen ausgesprochen haben.

"Ich war mir aber immer bewusst, dass das kein leichter Weg wird."

"Ich war mir aber immer bewusst, dass das kein leichter Weg wird." Denn als parteiloser Bürgermeister hatte Bernicke keine Partei hinter sich, mit der er Beschlüsse schneller hätte fassen können. "Bei den wichtigsten Punkten haben wir uns dennoch immer geeinigt." Ein wirkliches Verhältnis zum Stadtrat habe sich trotzdem nie entwickelt. "Das ging teilweise auch wirklich unter die Gürtellinie", erzählt Bernicke nachdenklich.

Seinen Kopf für die getroffenen Entscheidungen hat er dennoch immer hingehalten, denn er weiß: "Der Erfolg hat viele Väter, aber der Misserfolg ist ein Stiefkind." Eher widerwillig berichtet er von seinen Erfahrungen vor Gericht. Vor einigen Jahren waren gegen ihn mehrere Klagen wegen Veruntreuung eingegangen. Bernicke wurde von allen Anschuldigungen frei gesprochen. "Ich bin froh, dass das alles vom Tisch ist, auch wenn da viel Meinungsmache gegen mich betrieben wurde."

Das schwierige Verhältnis zum Stadtrat sowie die Altersbegrenzung von Lokalpolitikern brachten Bernicke letzendlich dazu, sein Amt zum April niederzulegen. "Das hätte ich vielleicht schon zur letzten Wahl machen sollen, aber dann wollte ich es noch mal wissen."

Wenn er die Schlüssel zu seinem Büro mit Blick über den kompletten Genthiner Marktplatz an Thomas Barz weiter gibt, wird er nicht in den, eigentlich wohlverdienten, Ruhestand gehen. Vielmehr möchte er weiterhin als Berater für Stadträte in der ganzen Bundesrepublik tätig sein. "Der Herausforderung fühle ich mich auf jeden Fall gewachsen."

Das glaubt man ihm gern, denn er trägt die Aussage mit der für ihn so typischen Art vor - vor Selbstbewusstsein strotzend und gerade heraus. Manchmal lässt sich glauben, dass er den harten Ton, den er in seiner Lehre als Koch erfuhr, nie ganz abgelegt hat. "Das hat mich schon geprägt. Bei mir zuhause koche ich immer noch für meine Frau und mich."

"Den Schnauzbart ab? Das kommt gar nicht in Frage."

Auch wenn Bernicke das Gegenteil behauptet, für ihn wird es schwer werden, nicht mehr aktiv am politischen Geschehen in Genthin teilzuhaben. "Ich habe da ja schon Erfahrungen drin, von 1990 bis 94 war ich ja auch kein Bürgermeister."

Aber auch hier saß er immer mit im Stadtrat. Jetzt soll endgültig Schluss sein. Sein Markenzeichen - der große Schnauzbart bleibt ihm aber weiterhin erhalten. "Da habe ich noch nie drüber nachgedacht, ob ich den mal abmachen soll. Das kommt nicht in Frage."