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Straßenausbau Wirbel um die Friedenstraße

Genthins Stadträte setzen sich mit dem Für und Wider der ungeliebten Straßenausbaubeiträge auseinander

Von Simone Pötschke 21.02.2019, 06:00

Genthin l In Genthin ist die landesweite Debatte um die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge vorerst nur ansatzweise angekommen. Die Linke, die SPD im Jerichower Land ließen zwar verlauten, die Zahlung der Straßenausbaubeiträge abschaffen zu wollen, im Genthiner Stadtrat hielt man bis vor Kurzem noch still.

Dabei sind Straßenausbaubeiträge in dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2019, der dem Stadtrat heute zur Beschlussfassung vorgelegt wird, in einer Höhe von 200.000 Euro gesetzt. Der Betrag bildet Einzahlungen aus den Straßenausbaubeiträgen für die Ortsdurchfahrt B1 ab. Große Haushaltsbaustellen wie Personalkosten, die Bezuschussung des Stadtkulturhauses und Liquiditätskredite verdrängten bisher in den Beratungen zum Haushalt den Einnahmeposten Straßenausbaubeiträge.

Fachbereichsleiterin Dagmar Turian räumte bei der jüngsten Sitzung des Bauausschusses auf Nachfrage von Lutz Nitz (Grüne) allerdings ein, dass eine für dieses Jahr geplante Baumaßnahme in der Friedenstraße als beitragsfähiger Straßenausbau zukünftig relevant werde.

Wenn es um Straßenausbaubeiträge geht, ist die Friedenstraße ohnehin schon ein „heißes Pflaster“. Die jüngste Baumaßnahme im Abschnitt zwischen Baumschulenweg und Mühlengraben rief bereits protestierende Anlieger auf den Plan. Günter Müller und Karl-Jürgen Klehm preschten hier vor. Klehm, der vor allem die Bemessungsgrenze der Beiträge infrage stellte, forderte in einem Leserbrief die Initiative der Stadträte.

Wenige Tage zuvor hatte Lutz Nitz im Bauausschuss an die Stadtratsfraktionen eindringlich appelliert, sich über die viel diskutierte Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auch eine Meinung zu bilden. Nitz spielte damit deutlich auf die Debatten in den Nachbarkommunen an, die sich zu den Straßenausbaubeiträgen schon sehr klar positioniert haben.

So hat sich beispielsweise der Zerbster Stadtrat grundsätzlich gegen eine finanzielle Beteiligung der Bürger an Straßenbaumaßnahmen ausgesprochen. Der Stadtrat in Haldensleben entschied sich dafür, zunächst Ausbauten einiger Straßen zurückzustellen und mit beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahmen, die im Haushalt 2019 enthalten sind, vorerst nicht zu beginnen. Jetzt die Beitragszahlung auszusetzen und sämtliche Baumaßnahmen zu stoppen, hält Marc Eickhoff (Ländliche Wählergemeinschaft Fiener) auf Volksstimme-Nachfrage allerdings für problematisch. Daran hingen Fördermittel, die im Falle eines Stopps eventuell verfallen.

Es entstünde dabei für ihn als Stadtrat eine „gemeine Situation“, weil er sich auch in der Pflicht sehe, im Interesse des Bürgers zu entscheiden und ihn finanziell zu entlasten. Eickhoff favorisiert das Tucheimer Straßenausbaubeitrags-Modell, bei dem die umlagefähigen Kosten auf alle Schultern, nicht nur auf die der Anlieger, verteilt werden. „Jeder beteiligt sich an allem mit relativ kleinen Summen. Das ist einfacher zu vertreten.“ Jetzt hoffe er, dass die Politik schnell zu klaren Aussagen kommt.

Harry Czeke, Fraktionschef der Partei Die Linke: „Ich bin für die Abschaffung der Beiträge. Ich hätte dann allerdings keine Erklärung für jene Bürger, die noch im vergangenen Jahr für den Ausbau ihrer Straße gezahlt haben“, sagte er. Wilmut Pflaumbaum (FDP) ist im Zwiespalt: „Wir sollten uns die ganze Sache schon angucken. Ich würde eine Senkung der Gebühren befürworten. Doch diese Einnahmen fehlen dann und wir müssen wissen, woher wir das fehlende Geld dann nehmen.“

Mit Zurückhaltung reagierte Kämmerin Janett Zaumseil: Nach bestehender Rechtslage ist die Stadt Genthin verpflichtet, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Darin steht der Kommune kein grundsätzlicher Spielraum zu. Eine Abschaffung dieser Pflicht ist eine Entscheidung auf Landesebene, wobei das Land dann die Frage der Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen auf kommunaler Ebene beantworten muss.“

Ohne einen finanziellen Ausgleich, gibt Zaumseil zu bedenken, wären die gemeindlichen Pflichtaufgaben unterfinanziert und es würden bei der bestehenden Haushaltslage weitere Löcher gerissen. Die Kommunen müssen nun abwarten, wie sich der Landtag im Verlaufe des Jahres positionieren wird, ob die Straßenausbaubeiträge als Pflicht aus dem Kommunalabgabengesetz gestrichen werden oder nicht. In Thüringen ist die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge bereits auf den Weg gebracht worden.