Ehrenamtskarte Vergünstigungen für das Ehrenamt werden in Jerichow diskutiert
In Jerichow wollen Stadträte die Einführung einer Ehrenamtskarte prüfen, mit der das ehrenamtliche Engagement ihrer Bürger honoriert werden soll. Die Karte soll für die Inhaber einen praktischen Vorteil besitzen, indem damit öffentliche, gemeinnützige und private Einrichtungen vergünstigt genutzt werden können.

Jerichow - Jüngst kam auf der Stadtratssitzung im Bürgerhaus ein Thema zur Sprache, dass Stadträtin Janett Kliemann schon lange unter den Nägeln brennt. Sie macht sich Gedanken um die Attraktivität des Ehrenamts. „Wie schon vor zwei Jahren nehme ich mit Unbehagen wahr, dass Ehrenämter im Blaulichtbereich als auch die der Übungsleiter in Sportvereinen zusehends mit Nachwuchsproblemen kämpfen haben“, sagt Kliemann.
Diese investieren für die Menschen in der Region viel Zeit und müssen dennoch enttäuscht wahrnehmen, so die Stadträtin weiter, dass manchmal nur wenige Besucher zu einem Tag der offenen Tür kommen oder sich entscheiden, aktiv eine ehrenamtliche Tätigkeit auszufüllen. „Und dabei ist Wertschätzung und Nachwuchs bei freiwilligen Ehrenämtern so sehr wichtig.“ Unter anderem spielt sie auf den Tag der Feuerwehren 2018 an, der bei den beteiligten Ortswehren Eindruck machte – und zwar keinen Guten.
Damals stellten sich die Jerichower um Stadtwehrleiter Ralf Braunschweig am Nielebocker Feuerwehrgerätehaus der Neugier eventueller Interessenten, doch das Angebot an die Menschen vor Ort wurde nicht angenommen. Von da an ließ Kliemann das Geschehen nicht mehr los. „Ich schlage die Einführung einer sogenannten Mehrwertkarte für Ehrenamtler vor“, bringt sie es vor den Stadträten auf den Punkt.
Einkaufsrabatte angedacht
Dazu passend zeichnet sie ein Gerüst aus Vorschlägen, wie so ein Ehrenamts-Bonus-Billett aussehen könnte, frei nach dem Motto, wer sich einbringt in die Gemeinschaft, wer „mehr macht, mehr bekommt!“. Zum Beispiel: das erste Getränk in der Gaststätte nebenan könnte gratis sein, ein Einkaufsrabatt bei verschiedenen Händlern, Nachlässe bei Eintritten im Touristenzentrum, städtischen Veranstaltungen oder kulturellen Ereignissen in der Klosteranlage.
Die Forderung ist nicht neu und in anderen Kommunen schon gängige Praxis: Ehrenamtliche werden für ihren engagierten Einsatz nicht nur verbal belohnt, sondern zum Beispiel mit Vergünstigungen beim Eintritt in Freibäder, Theater, Museen und andere Einrichtungen.
Es lohnt sich ein Blick zu den Nachbarn. Ab 2022 soll es in Stendal eine Ehrenamtskarte geben, mit folgenden Bedingungen: Wer als Erwachsener mindestens vier Stunden pro Woche oder 200 Stunden im Jahr ehrenamtlich in der Hansestadt tätig ist und das seit mindestens einem Jahr, soll Anspruch auf die Ehrenamtskarte haben.
Bei Jugendlichen zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr werden zwei Wochenstunden und 100 Stunden im Jahr angesetzt.
Konkrete Planungen in Stendal
Konkret ist dort geplant, dass Inhabern der Ehrenamtskarte in städtischen Einrichtungen wie dem Altmärkischen Museum, der Bibliothek, dem Theater der Altmark, der Musik- und Kunstschule und der Volkshochschule Rabatte beziehungsweise Vergünstigungen gewährt werden, auch das Freizeitbad Altoa als kommunale Tochter soll einbezogen werden.
Zudem sollen Gewerbetreibende, Einzelhändler, Dienstleister und Gastronomen als sogenannte Akzeptanzpartner gewonnen werden.
In der anschließenden Debatte schlug Kliemann vor, dass die Jerichower Verwaltung einen Vorschlag erarbeitet und potenzielle Akzeptanzpartner befragt, zudem sollten die Ehrenamtler gehört werden, inwieweit sie hier eine Aufwertung ihres Engagements sehen.
Das schmetterte Bürgermeister Harald Bothe umgehend ab, nicht in der Sache, sondern in der Methode. „Wir haben als kleine Verwaltung keine Kapazität, um eine Arbeitsgruppe zu bilden“, sagt Bothe und spielte den Ball an Kliemann zurück.
Keine Kapazität für Arbeitsgruppe
Er finde die Idee gut und die Stadt werde das Projekt mittragen, „doch sollten sich die Stadträte zusammensetzen, am besten noch mit den Vereinsvorsitzenden und den Ortswehrleitern“, erklärte Harald Bothe. In dieser Gruppe können Vorschläge erarbeitet und eine Richtlinie entwickelt werden, die dann abstimmungstauglich sei, so der Bürgermeister.
Zum einen müsse geklärt werden, welche Ehrenamtler es betreffen soll und zum anderen müssen die Gewerbetreibenden angesprochen werden. Letztlich, so Kliemann, müsse und wolle man ein Netzwerk initiieren und mit Leben füllen, um die Attraktivität für Ehrenamtler und schließlich auch die der Einheitsgemeinde zu steigern.
Sie blickt pragmatisch auf das Projekt: „Es braucht ein, zwei Aufkleber, ein Logo, einen Webauftritt und viele, viele Menschen, die mitmachen wollen.“ Für die Stadträte ist dieses Honorieren der Leute, die sich für eine lebenswerte Stadt einsetzen, nichts anderes als Tourismusmanagement, Pflege digitaler Wahrnehmung der Einheitsgemeinde nach außen, also Werbung für die Region.

