Familien Gramatke und Kampe liefern Grundstock für einen Gedenkstein an die Opfer des Zweiten Weltkriegs Von Ferchland in die Welt, aber die Sehnsucht bleibt
Der Gedenkstein für die Opfer des Zweiten Weltkriegs, die aus Ferchland stammen, ist in Auftrag gegeben. Die Bereitschaft von Ferchländern und ehemaligen Ferchländern, dafür zu spenden, war so überwältigend, dass es sogar ein größerer Stein werden kann, auf dem die Namen der Opfer eingemeißelt sind. Einige Spender von weiter her besuchten kürzlich den Ort.
Ferchland l Mitte Februar hatte Horst Wedau von der Chronikgruppe des Heimatvereins freudig mitgeteilt, dass eine 1000-Dollar-Spende aus Kanada und noch einige andere großzügige Spenden eingegangen seien (Volksstimme berichtete). Zu diesem Zeitpunkt war die eigentliche Spendensammlung noch nicht einmal richtig losgegangen. Die 1 000 Dollar hatte Erich Gramatke dem Verein für ein besonderes Vorhaben gespendet, nachdem er von seinem Schulfreund Dr. Aribert Kampe, der jetzt in Berlin lebt, die Ferchländer Bildchronik geschickt bekommen hatte.
Nun waren beide - Erich Gramatke und Dr. Aribert Kampe - zu Besuch in Ferchland, und mit ihnen fast alle ihre Brüder. Und sie erzählten ein wenig von ihren abenteuerlichen Lebensgeschichten.
Gramatkes und Kampes: mit je drei Söhnen in der Siedlung
Die Familien Gramatke und Kampe haben in den 30er Jahren in der Ferchländer Siedlung gewohnt - nebeneinander. Und beide hatten drei Jungs, die alle noch leben.
Erich Gramatke, Jahrgang 1932, war der älteste von drei Brüdern, Kurt ist Jahrgang 1936 und Gerhard Jahrgang 1939. Erich Gramatke und Aribert Kampe wurden 1939 in Ferchland eingeschult. Von seinen beiden Brüdern konnte einer zu diesem Treffen nicht kommen, der andere, Dieter, hatte es als einziger nicht weit: Er wohnt in Parey.
Die Jungs haben früher oft zusammen an der Fährstelle gespielt. Sie haben gesehen, wie 1945 die ersten amerikanischen Panzer ankamen. Am 11. April 1945 haben sie auf dem "Galgenberg" gestanden, haben bei Grieben die Panzer gesehen, die über den Deich kamen und gleich feuerten. Und sie haben am 7. Mai 1945 miterlebt, wie hier am Ostufer der Elbe die letzten Kämpfe stattfanden. "Der Krieg war hier in Ferchland zu Ende, nachmittags am 7. Mai", wissen sie ganz genau.
Erich Gramatke: Vom Holzfäller bis zum Cowboy in Kanada
Erich Gramatke ist 1952 aus Ferchland weggegangen, zunächst nach Westberlin, um von dort aus nach Westdeutschland zu fliegen. Er hatte in den ehemaligen WiFo-Gebäuden bei Derben Schlosser gelernt. Später im Ruhrgebiet hat er unter anderem im Bergbau gearbeitet, und nachdem er 1957 nach Kanada ausgewandert war, hat er sich mit verschiedenen Jobs durchgeschlagen, vom Holzfäller bis zum Cowboy.
Heute lebt er in Prince Albert, einer 35 000-Einwohner-Stadt in der Provinz Saskatchewan in Kanada.
Dr. Aribert Kampe: Als Geologe auf Goldsuche in der Mongolei
In die entgegengesetzte Richtung "verschlug" es Dr. Aribert Kampe. Er war von 1965 bis 1998 - fast 33 Jahre lang - als Geologe in der Mongolei und beteiligt an der Entdeckung vieler ergiebiger Lagerstätten. Der lukrativste und berühmteste Fund war eine gewaltige Goldlagerstätte. Zusammen mit weiteren Teilnehmern der damaligen Expeditionen hat er ein Buch geschrieben: "Auf Goldsuche in der Mongolei: Die Geologenexpedition der DDR in der MVR". Über 40 Tonnen pures Gold seien hier in nur fünf Jahren abgebaut worden, und das im Tagebau, berichtete Kampe. Das erfolgte in den Jahren 2004 bis 2009 durch die kanadische Firma Centerra Gold INC.
Obwohl alle Gramatkes und Kampes ihren Heimatort Ferchland schon lange verlassen haben, ist die Sehnsucht geblieben. Immer wieder kommen sie zu Besuch her, meist verbunden mit einem Familientreffen, wie auch dieses Mal.
Im Zweiten Weltkrieg hatten beide Familien das Glück, keine Opfer beklagen zu müssen. Und trotzdem haben sie den finanziellen Grundstock für den geplanten Gedenkstein gestiftet.
Gedenkstein mit Namen und Zeittafel dank vieler Spender
Die Erlebnisse während der letzten Wochen des Krieges haben beide auch dazu veranlasst, den Ferchländern den Tipp zu geben, dass eine Zeittafel mit auf den Gedenkstein müsse, berichtete Horst Wedau. Denn für die Nachfahren der Opfer ebenso wie für Fremde, die Ferchland besuchen, sei es wichtig zu wissen, was damals hier vor Ort geschah.
Das soll nun auch so geschehen. Auf der einen Seite des Steins soll eine Tafel mit den Namen der Opfer angebracht werden, auf der anderen eine Zeittafel. Da dank der vielen Spenden - etwa 190 in Höhen von fünf bis 200 Euro kamen zum Grundstock noch dazu - ein größerer Stein aufgestellt werden kann, wird dieser nicht direkt vor der Kirchenwand, sondern ein Stück davor, rechts vom Kircheneingang, stehen.
Im Juni/Juli soll das Fundament errichtet werden. Und am 8. September, dem "Tag des offenen Denkmals", soll der Gedenkstein eingeweiht werden.