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Vortrag Forschung hautnah: Ein Archäologe erzählt

Archäologe Rainer Kuhn berichtete in Jerichow über Grabungen im Magdeburger Dom.

Von Natalie Preißler 02.04.2018, 04:00

Jerichow l Mit einer poetischen Hommage ans Kloster der Jerichower Künstlerin Luise Winkelmann eröffnete Vorsitzender Gerhard Ritter eine thematisch am Magdeburger Dom verortete Zusammenkunft in der Gaststätte Lucke.

Mit spannenden und unterhaltsamen Einblicken in die Welt der Archäologie begeisterte am Gründonnerstag Archäologe Rainer Kuhn aus Magdeburg gut ein Dutzend Zuhörer. Eingeladen hatten ihn die Mitglieder des Förder- und Heimatvereins Stadt und Kloster Jerichow. In seinem kurzweiligen Referat machte Kuhn vor allem eines klar: Archäologie hat viel von der Arbeit eines Kriminologen. Zeugnisse der Vergangenheit zuzuordnen, nach Zusammenhängen und Gründen suchen und schließlich ein Stück Geschichte rekonstruieren, das war auch knapp zehn Jahre lang Alltag für das Archäologen-Team um Kuhn am und unter dem Magdeburger Dom.

Nach einer kurzen geschichtlichen Einführung in das Leben Ottos des Großen brachte der gebürtige Baden-Württemberger und heute im sachsen-anhaltischen Landtag beschäftigte Kuhn die interessantesten Fakten zu den Grabungen auf dem Domplatz hervor. Zunächst wurden Untersuchungen im Bereich der ehemaligen Nordkirche unternommen, von der Kuhn bis heute glaubt, dass es der tatsächliche Dom Ottos des Großen gewesen sei.

Mithilfe von vielen Fotodokumenten brachte er den Vereinsmitgliedern näher, wie alte Grabstätten geborgen, datiert und für die Ausstellung aufbereitet werden. Anschaulich erklärte er am Beispiel einer erzbischöflichen Ruhestätte unter dem heutigen Magdeburger Dom die Schritte des Ausschlussverfahrens und die Nutzung geschichtlicher Quellen, die schließlich zu einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Person führen. In diesem Fall zu Wichmann von Seeburg, der 1192 gestorben war.

Besonders detailliert schilderte er auch den Fund des Grabes von Editha, der ersten Gemahlin Ottos des Großen. Diese wurde ein erstes Mal um 946 bestattet, einmal umgebettet, nachdem die Nordkirche am Karfreitag 1207 niederbrannte und um 1520 baute man ihr ein Hochgrab, in dem ihre Überreste nun in einer Blechkiste verstaut wurden. Und auf diese stießen die Archäologen. „Bei ihrer Wiederbeilegung im Oktober 2010 waren rund 3 000 Menschen im Magdeburger Dom vor Ort. Dies zeigt auch die Verbundenheit der Einwohner mit ihrer Geschichte“, betonte Kuhn.

Knapp acht Jahre sind die Ausgrabungen abgeschlossen, seit vier Jahren gibt es einen Förderverein fürs Magdeburger Dommuseum und am 3. November soll dieses in der Alten Staatsbank auch eröffnet werden. Darin zu finden sind dann vor allem auch die archäologischen Funde der Ausgrabungen des Kuhn-Teams zwischen 2001 und 2010. „Ich schätze es waren rund 400 000 Fundstücke“, sagt Kuhn. Eine repräsentative Auswahl derer wird dauerhaft im Dommuseum präsentiert werden. So zum Beispiel die Grabbeigaben von Wichmann von Seeburg und antiker Marmorbestand, der von den Beziehungen Magdeburgs ins südliche Europa zeugt.

Beigeistert von der Arbeit des Fördervereins zeigte sich der Vereinsvorsitzende der Jerichower Kloster-Förderer und schlug sogleich eine gegenseitige Mitgliedschaft vor, um sich inhaltlich austauschen zu können.

Die Jerichower Geschichte und ihre großen Persönlichkeiten zu ehren und ihnen ein Andenken zu bewahren, ist dem Jerichower Heimatverein ein besonderes Anliegen. Deshalb soll der nunmehr 96-jährigen Jerichower Künstlerin Luise Winkelmann die Vereinssitzung im Mai gewidmet werden. Auch Dr. Max Bathe aus Mangelsdorf soll thematisch Platz finden. „Das braucht Vorbereitung“, weiß Vereinsmitlgied Karl Eisbein, der selbst gern referiert. „Mindestens ein Dreivierteljahr“, sagt er.