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Mützeler sind bei Infoveranstaltung zum Kiesabbau außer sich vor Wut "Wir wollen Sie hier nicht haben, verschwinden Sie wieder"

Von Simone Pötschke 05.06.2013, 03:18

Die Informationsveranstaltung des Unternehmens, das voraussichtlich im August in Mützel mit der Kiesförderung beginnt, verlief überaus kontrovers. Ein Gemisch aus Vorwürfen, Ängsten, Wut und Beschuldigungen brach aus den Mützelern heraus. Mit einem genehmigten Hauptbetriebsplan ist am Kiesabbau nicht mehr zu rütteln.

Mützel l "Verschwinden Sie, wir wollen Sie hier nicht haben. Sie haben hier nichts zu suchen", rief eine empörte Mützelerin Joachim Gorr, Geschäftsführer der Kies- und Steinwerk Boerner GmbH Co KG aus Calbe, entgegen, nachdem er sich etwa zweieinhalb Stunden nahezu erfolglos bemühte, relativ sachlich Auskünfte über den bevorstehenden Kiesabbau zu geben.

Vor diesem Eklat entlud sich der ganze Unmut der Mützeler immer wieder an offensichtlich nicht geklärten Eigentumsfragen. Dem Kiesabbauunternehmen wurde unter anderem vorgeworfen, Probebohrungen auf Flächen ohne das Einverständnis der Eigentümer vorgenommen zu haben. Ob und wie das Unternehmen in den Erwerb der Flächen im Abbaufeld gegangen ist, blieb an diesem Abend eine weitere große Unbekannte. Möglicherweise - das stand allerdings im Raum - gab es nur Verhandlungen mit der BVVG.

Der über 30 Jahre entstehende Kiessee wird sich, grob gesehen, auf der gegenüberliegenden Seite von Saria in Richtung Mützel erstrecken.

Eigentümer: Mit uns wurde nicht gesprochen

Joachim Gorr erklärte mehrfach ohne Gehör gefunden zu haben, dass das Unternehmen verpflichtet sei, mit allen Grundstückseigentümern zu reden. Für sie bestünde die Möglichkeit des Verkaufs und des Flächentausches. Wenn partout keine Klärung erzielt wird, werde die Angelegenheit dem Bergamt zur Klärung übergeben. Mehrere Zurufer unterbrachten Gorr bei seinen Ausführungen mit Bemerkungen, wonach mit ihnen als Eigentümer noch kein Kontakt aufgenommen worden sei.

Eigentumsfragen stehen auf dem Arbeitsplan

Speziell zu den Eigentumsfragen werde er sich in den nächsten Tagen noch einmal verständigen, sagte der Geschäftsführer nach der Info-Veranstaltung gegenüber der Volksstimme.

Neu für die Mützeler war die Information, dass sich Saria und das Kiesabbauunternehmen hinsichtlich einer gemeinsam erschlossenen Straße bis zum Anschlusspunkt Karower Straße geeinigt haben.

Weiten Raum im Verlauf des Abends nahm die Frage ein, warum - in einer Zeit, in der Flaute im Baugewerbe herrscht und im Umland immer mehr Kiesgruben dicht machen- ein Unternehmen ausgerechnet in Mützel die Kiesförderung aufnimmt.

Das Unternehmen, das auch in der Saale-Terrasse zwei große Werke betreibt, hielt Gorr entgegen, wolle die Mützeler Sande und Kiese aufgrund ihrer sehr guten Qualität sozusagen im Verbund als Komplimentärgut fördern, um hochwertigen Beton herzustellen, der im konstruktiven Bereich verwendet werden kann. Mehrfach verneinte Joachim Gorr die Nachfrage, dass diese Kiese für den Bau der A14 benötigt würden.

Pro Jahr sollen Angaben des Geschäftsführers zufolge 250 000 Tonnen Kies pro Hektar gefördert werden, wobei zunächst "alles ganz ruhig angegangen werden soll".

Unternehmen will einen Schiffsanlieger bauen

Die Kies- und Steinwerk Boerner GmbH Co KG Calbe hat ein Werk in Calau gekauft, das in den nächsten Monaten in Mützel aufgebaut wird. Die Mützeler trugen zudem heftigste Bedenken vor, dass Kiestransporte die örtlichen Straßen in Mitleidenschaft ziehen würden und eine Lärmbelästigung von ihnen ausginge. Den Beteuerungen Gorrs, dass der Verkehr nicht durch den Ort geleitet werde und die Fahrstrecke auf der Grundlage von Verträgen mit Spediteuren geregelt werde, schenkte man keinen Glauben. Joachim Gorr informierte, dass das Unternehmen beabsichtigt, in zwei Jahren einen Schiffsanleger zu bauen. Dem Kieswerk, das wurde eher beiläufig erwähnt, liegt eine Investition von zirka vier Millionen Euro zugrunde. Gorr machte darauf aufmerksam, dass die entstehenden vier Arbeitsplätze ein Multiplikator für Handwerk und Gewerbe seien. Gearbeitet wird zunächst von 6 bis 21 Uhr, erlaubt ist bis 22 Uhr. Zwei Schichten werden sich dabei überschneiden. Im Jahr geht das Unternehmen von einer benötigten Abbaufläche von anderthalb bis zwei Hektar aus.

Illusionslos und verärgert resümierte eine Mützelerin den Abend: Mützel hat wirklich nichts vom Kiesabbau, auch die Steuern fließen in die Kasse einer anderen Kommune.