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Zecken Gefahr im hohen Gras

Durch den milden Wetter waren die Zecken bereits früh aktiv. Mediziner rechnen langfristig mit mehr Erkrankungen in der Region.

Von Julia Irrling 20.07.2020, 01:01

Genthin l Sie sind winzig und können doch sehr gefährlich werden: Die Rede ist von Zecken. Die Spinnentiere finden ihre Opfer durch Geruch und Körperwärme. Durch ihren Stich können sie Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen.

Unterschätzen sollte man die kleinen Blutsauger auf keinen Fall. Das weiß auch Wolfgang Schultz, Wanderleiter des Sportvereins (SV) Chemie. „Wir achten beim Wandern auch hier in der Region auf Zecken“, erzählt Schultz. Für Wanderer, aber auch für Radfahrer sei ein Zeckenschutz angeraten, findet er. Doch wie kann dieser aussehen?

„Bei der FSME ist die Durchführung einer Impfung die wichtigste Maßnahme“, informiert der Amtsarzt des Jerichower Landes, Dr. Henning Preißler. Doch gegen die Borreliose gäbe es keine Impfung. Daher empfiehlt die AOK Sachsen-Anhalt nach einem Aufenthalt im Freien die regelmäßige Kontrolle des Körpers. „Vorbeugend wirken körperbedeckende Kleidung und feste Schuhe“, teilte die Krankenkasse mit. So könne die Zecke wenig Angriffspunkte finden.

Die Wanderer des SV Chemie halten sich an die Empfehlungen. So sei ein Großteil der Teilnehmer gegen FSME geimpft, sagt Wanderleiter Schultz. Ansonsten seien die meisten mit hohen Schuhen und langer Hose unterwegs.

Ein Schutz vor den kleinen Blutsaugern ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass immer mehr Zecken den Borreliose-Erreger übertragen. „Bundesweit ist mittlerweile jede dritte Zecke mit Borreliose infiziert“, so Amtsarzt Preißler.

Außerdem gehe die Zeckensaison nicht mehr wie früher nur von März bis November. „Bei anhaltenden Temperaturen von unter sieben Grad Celsius gibt es bei Zecken eine Winterstarre“, erklärt Preißler. In Anbetracht der milden Winter müsse in unserer Region daher inzwischen von einer ganzjährigen Zeckensaison ausgegangen werden. Besonders günstige Rahmenbedingungen für Zecken seien Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad Celsius und eine hohe Luftfeuchtigkeit.

Zusammen mit der steigenden Anzahl infizierter Zecken führten die milden Winterverläufe dazu, dass es zu einem Anstieg der Borreliose-Erkrankungen käme. Doch auch wenn der Mediziner langfristig mit dieser Entwicklung rechnet, hat sich der Trend in diesem Jahr zumindest noch nicht bestätigt. So seien dem Gesundheitsamt bis Ende Juni zehn Borreliose-Erkrankungen gemeldet worden. Im gesamten Jahr 2019 waren es 48, im Jahr 2018 gab es im Landkreis 39 Borreliose-Meldungen.

Besonders gefährdet für einen Zeckenbiss ist, wer in der Natur unterwegs ist. Vor allem im hohen Gras oder in Büschen lauern die Tiere auf ihre Beute. „Erhöhte Infektionsgefahr für FSME besteht in Baden-Würtemberg und Bayern sowie in Teilen Sachsens, Thüringens und Hessens“, heißt es von Seiten der AOK. Laut Robert-Koch-Institut gehöre Sachsen-Anhalt nicht zu den Risikogebieten für FSME, sagte Anna-Kristina Mahler, Pressesprecherin der AOK Sachsen-Anhalt. Dennoch rate sie dazu, sich nach einem Aufenthalt im Freien auf Zecken abzusuchen. „Treten nach einem Zeckenstich Hautrötungen auf, sollte schnell ein Arzt aufgesucht werden, da es sich um typische Borreliose-Symptome handeln könnte“, erklärte sie.

Amtsarzt Henning Preißler ergänzt: „Ein Arztbesuch nach einem Zeckenstich ist erforderlich bei Kopf-, Nacken und Gliederschmerzen, körperlicher Abgeschlagenheit, Gelenkschwellungen und bei sich verändernden kreisrunden Rötungen um die Einstichstelle.“ Im Falle einer Borreliose sei eine antibiotische Behandlung das Mittel der Wahl. Von großer Bedeutung dabei sei der möglichst frühzeitige Einsatz des Medikaments.

Wenn der Betroffene oder sein Umfeld in der Lage ist, die Zecke zu entfernen, ist dafür noch kein Arztbesuch notwendig. Preißler betont, dass es auch hier wichtig ist, schnell zu handeln: „Während die Erreger der FSME-Erkrankung sofort beim Stich übertragen werden, werden Borreliose-Erreger erst nach 12 bis 24 Stunden nach einem Zeckenstich übertragen.“

Bei der Entfernung sollte darauf geachtet werden, die Zecke vollständig zu entfernen und nicht zu zerquetschen. Das geht am besten mit einer Pinzette oder einer speziellen Zeckenzange, heißt es von Seiten der AOK. Dabei greift man die Zecke möglichst nah an der Haut und zieht sie gerade heraus.

Mit der Zeckenentfernung hat auch so mancher Wanderer des SV „Chemie“ bereits einschlägige Erfahrung gemacht.Wanderleiter Wolfgang Schultz lässt sich die Lust am Wandern dennoch nicht vermiesen. „Mit einem gewissen Risiko lebt man immer“, sagt er.