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Auszeichnung Anerkennung für die Kümmerer

Für ihr Engagement bei der Integration ausländischer Lehrlinge ist jetzt die Akademie Überlingen in Wernigerode gewürdigt worden.

Von Ingmar Mehlhose 05.11.2016, 00:01

Wernigerode l Petra Kvajnakova (21) stammt aus der Slowakei. Ihre Kollegin Lachezara Tyutyulkova (24) ist in Bulgarien zu Hause. Die beiden jungen Frauen leben seit Anfang September in Wernigerode. Sie haben eine Lehre im Vier-Sterne-Hotel „Weißer Hirsch“ begonnen. „Die Kollegen sind sehr nett“, sagt Lachezara Tyutyulkova. „Alles ist in Ordnung“, bestätigt Petra Kvajnakova.

Beide sprechen bereits gut Deutsch. Sie hatten in der Heimat einen Sprachkurs absolviert und vor dem eigentlichen Lehrbeginn ein Praktikum in ihrem Ausbildungsbetrieb.

Christian Wieland ist ihr Chef. Der Geschäftsführer: „Bisher klappt alles gut.“ Insgesamt vier junge Leute aus dem Ausland hätten in dem 50 Beschäftigte zählenden Unternehmen eine Chance erhalten, eine berufliche Laufbahn in der Gastronomie einzuschlagen. Wieland: „Dafür ist auch ein vernünftiger Background erforderlich.“ Er und seine Kollegen seien schließlich nur für acht Stunden am Tag zuständig, die restlichen 16 müssten aber auch bewältigt werden. Dazu gehöre eine anständige Wohnung genauso wie die Berufsschule, „die ebenfalls mitspielen muss“.

Die beiden Frauen werden vom Team der Akademie Überlingen in Wernigerode betreut. Über das Sonderprogramm der Europäischen Union „MobiPro“ finden hier auch Jugendliche aus Slowenien und Ungarn Unterstützung, die in Firmen der Region eine duale Ausbildung zur Hotel- und Restaurantfachfrau, zum Koch, Industriemechaniker, Metallarbeiter und Elektroniker erhalten.

Dies gelingt seit etwa zwei Jahren so gut, dass Akademie-Standortleiterin Katja Feldmer und ihr Team jetzt mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet worden sind. Gemeinsam unterschrieben von Industrie- und Handelskammer (IHK) Magdeburg, Handwerkskammer (HWK) Magdeburg und Agentur für Arbeit.

Für letztere würdigte deren Wernigeröder Geschäftsstellenleiter Jörg Hesse das Engagement. Er sagte: „Die demografische Falle ist unerbittlich. Ausländische Jugendliche können nur einen Teil des Problems lösen, aber das ist ein interessanter Ansatz.“

Ebenfalls voll des Lobes war Nils Appelt. Der IHK-Vize-Präsident hob die Bedeutung der Initiative hervor. Sie werde deshalb von seiner Organisation unterstützt, unter anderem im Auswahlprozess der Bewerber..

„Die Akademie ist seit Jahrzehnten ein verlässlicher Partner der Wirtschaft“, betonte Andreas Heine, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Wernigerode.

Ralf Grimpe als Leiter der örtlichen IHK-Geschäftsstelle stellte klar, dass die heimischen Firmen nicht blauäugig seien und auf die Idee kämen, sie könnten mit ausländischen Mitarbeitern ihr Fachkräfte-Dilemma beheben. Grimpe: „Viele haben signalisiert, dass sie eine soziale Verantwortung wahrnehmen wollen.“

Katja Feldmer dankte vor allem ihrem „supererfahrenen und motivierten Team“. Ihre Kollegen würden viel mehr leisten, als es die Norm ist. Auch an den Wochenenden und Feiertagen. Eine anfängliche Skepsis, wie die Betriebe reagieren könnten, sei im Übrigen schnell gewichen. Die Standortleiterin: „Es wird jetzt eine Herausforderung sein, die jungen Menschen hier zu behalten.“ Viele ziehe es in die Großstädte.

Die Motivation unter ihren Schützlingen sei ausgezeichnet. Katja Feldmer: „Einige sind wegen ihres Leistungsniveaus nach dem ersten Lehrjahr gleich ins dritte gewechselt.“

„MoBi pro“ laufe bis zum 31. Dezember 2016, bedauerte die Ausgezeichnete. Eine Fortsetzung oder Neuauflage sei offen. Allerdings: „Der letzte Vertrag könnte noch einen Tag vorher geschlossen werden. Er würde dann drei Jahre laufen.“