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Baurecht Hochwassergefahr rettet Gärten in Halberstadt

Erleichterung in der Kleingartenanlage Am Goldbach in Halberstadt: Ein Investor wollte die Anlage kaufen und Häuser bauen.

Von Jörg Endries 21.02.2019, 00:01

Halberstadt l Die Schrebergärtner in der Kleingartenanlage Am Goldbach im Süden Halberstadts fühlen sich auf ihren grünen Parzellen wohl. Ein Investor wollte die Idylle zu Füßen der Spiegelsberge zerstören. Nach Auskunft der Stadtverwaltung Halberstadt sollte die Gartenanlage kurzerhand in ein Einfamilienhaus-Baugebiet umgewandelt werden.
Mit der Problematik beschäftigten sich in der vergangenen Woche die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses. Im Oktober 2018 sei bei der Stadtverwaltung ein Antrag auf Herstellung des Baurechts eingegangen, bestätigte Siegrun Ruprecht vom Bereich Stadtplanung. Das sei ein übliches Verfahren, wenn, wie in diesem Fall, die Stadt Halberstadt nicht Eigentümerin des potenziellen Baulandes ist. Es befinde sich in Privatbesitz.
Hannelore Grope, die Vorsitzende der Kleingartenanlage Am Goldbach, ist daraufhin aus allen Wolken gefallen. „Wir sind nicht darüber informiert, dass ein Investor vorhat, den Grund und Boden unserer Kleingartenanlage zu kaufen und uns damit praktisch vor die Tür ­setzen will“, berichtet sie. Nach ihren Angaben würden die Pachtverträge zur Nutzung der Schollen nicht auslaufen. Für sie sei es ein absolutes Rätsel, dass da jemand beabsichtigt, ihr Gartenland zu kaufen, um Einfamilienhäuser zu errichten, und die, die es ­direkt betrifft, davon nichts wüssten.
„Zumal unsere Anlage gut ausgelastet ist.“ Der Vorstand des Kleingartenvereins müsse sich zwar mit dem Problem verwaister Gärten beschäftigen. Die Zahl der ungenutzen Parzellen sei aber mit eine Quote von unter zehn Prozent im Vergleich zu anderen Gartenanlagen nicht dramatisch. Nach Information von Hannelore Grope gibt es in der 1912 gegründeten Kleingartenanlage insgesamt 56 Parzellen, von denen nur fünf nicht belegt sind.
Siegrun Ruprecht klärt auf, warum die Stadt die Kleingärtner nicht über die Absicht des Investors unterrichtet habe. „Wir wollten nicht unnötig für Unruhe sorgen. Zumal die Stadtverwaltung Halberstadt dem Ansinnen des Investor die Zustimmung versagen wollte – also für das Projekt kein Baurecht erteilen will.“ Dazu lag dem Stadtentwicklungsausschuss in der vergangenen Woche ein entsprechender Beschluss vor.
Danach spielen mehrere Faktoren eine Rolle, warum die Stadt dem Projekt nicht ihren Segen erteilt. Zum einen sei die Tatsache nicht zu vernachlässigen, dass das Gebiet zu einem Drittel der Fläche im hochwassergefährdeten Bereich des Goldbachs liegt. Dramatische Bilder lieferte zuletzt das Hochwasser im Sommer 2017. Viele Gartenparzellen standen damals unter Wasser, der Schaden war immens.
Außerdem würde das Vorhaben das integrierte Stadtentwicklungskonzept ­torpedieren. Das lege nämlich fest, die Innenstadt-Entwicklung zu stärken und die ­Ortsteile zu erhalten. Das Wachsen der Kreisstadt an den Rändern und darüber hinaus wird hingegen seit vielen Jahren nicht mehr unterstützt. Ein neues Wohngebiet auf dem Areal der Kleingartenanlage würde sich nicht in den Bebauungszusammenhang der Stadt einfügen. „Es entstünde eine Splittersiedlung mit den negativen Begleiterscheinungen einer ineffektiven Infrastruktur“, argumentiert die Verwaltung.
Das nächst gelegene Wohngebiet würde sich erst etwa 360 Meter entfernt befinden, zum nur 80 Meter entfernten Wohngebiet Sonntagsfeld würde es baulich keine Verbindung geben und der Goldbach eine natürliche Abgrenzung ziehen. Nicht zu vernachlässigen sei ferner, dass die Anlage in einem als Erholungsgebiet geeigneten Bereich der Stadt liegt und daher den hohen Schutz des Bundeskleingartengesetzes genießt.
Der Stadtentwicklungsausschuss folgte dieser Argumentation und sprach sich einstimmig gegen das Projekt aus. Der Beschluss gilt und muss nicht vom Stadtrat bestätigt werden. Hannelore Grope begrüßt diese Entscheidung.