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Bilanz  Kunstprojekt schwebt nach Paris

Die dritte Kunst-Biennale in Halberstadt ist zu Ende gegangen. Die Initiatoren sprechen darüber, ob das Konzept aufgegangen ist.

Von Sandra Reulecke 06.10.2018, 01:01

Halberstadt l Ein buntes Stückchen Halberstadt ist nun in Paris zu bewundern. Im Palais de Tokyo, dem bekannten Museums- und Ausstellungsgebäude für moderne Kunst am Ufer der Seine. Dort ist ein riesiger Ballon, den Bürger aus alten Plastiktüten zusammengefügt haben, zu sehen. Das Tütenkleben war ein Projekt der gerade beendeten Biennale Monat_Kunst_Halberstadt (MKH).

14 internationale Künstler– darunter der gebürtige Halberstädter und preisgekrönte Regisseur Alexander Kluge – beziehungsweise Künstlergruppen haben sich beteiligt. Ihre Werke wurden an sechs Standorten wie der Hochschule oder dem Hauptbahnhof gezeigt, die die Kuratorin Pipa Koszerek auch wegen deren Geschichte auswählte. Als architektonische Zeugen von gesellschaftlichem und geschichtlichem Wandel unterstrichen sie das Thema „Klimawechsel“, unter dem die MKH dieses Mal stand. „Mir war es wichtig, Künstler zu haben, die Aktivismus, Wissenschaft oder Protest mit ihrer Kunst verbinden“, so die Londonerin.

Umweltschutz, die drohende Apokalypse oder Katastrophen haben die Künstler in ihren Werken thematisiert. Keine einfache Kost für den Betrachter. Zumal zeitgenössische Kunst ohnehin eine eher begrenzte Zielgruppe anspricht.

Kein Wunder also, dass sich die Macher der MKH anfangs mit Skepsis und Spott konfrontiert sahen, wie sie sich erinnern. Eine internationale Ausstellung moderner Kunst – ausgerechnet in Halberstadt. Doch nun, spätestens nach dem Ende der dritten Auflage, sehen sie sich bestätigt. Die einzige Biennale Sachsen-Anhalts erhält internationale Beachtung, sagt Ilka Leukefeld. Die Künstlerin hat die MKH ins Leben gerufen. Stolz berichtet sie davon, dass es ihr „Kind“ nun in die Liste der Biennial Foundation, einer unabhängigen internationalen Kunst-Organisation, geschafft hat. Zudem zählte der renommierte Kunstkritiker Paul Carey Kent zu den diesjährigen Gästen.

Die Organisatoren betonen jedoch, dass nicht nur ohnehin kunstinteressierte Menschen von der Biennale angesprochen werden sollten, sondern auch Laien und Skeptiker gegenüber moderner Kunst. Jeden Alters.

Bei der dritten Auflage wurden verstärkt Begegnungen zwischen Künstlern und Publikum geschaffen, Kunst dank Mitmachaktionen und Performances erlebbar gemacht, Kunstschaffende standen zu persönlichen Fragen über Werk und Leben Rede und Antwort, resümiert Dietmar Gubin. Er ist für die Öffentlichkeitsarbeit der MKH verantwortlich. Es habe tiefgehende, interessierte Gespräche gegeben. „Das sind sehr gute Anregungen für die Biennale 2020. Diese Berührungen, die zwischen Künstlern und Besuchern stattfanden, sollten auch beim nächsten Mal geboten werden.“ Das Thema, das in zwei Jahren im Mittelpunkt steht, ist noch unbekannt. Das wird von dem Kurator gewählt, der sich bei einer Ausschreibung des MKH-Vereins durchsetzt.

Doch zunächst stecken die Mitstreiter noch mitten in der Auswertung der dritten Biennale. Immerhin wollen die Geldgeber – die MKH wird dank Spenden und Fördergeld finanziert – wissen, ob sich die Investition gelohnt hat.

Nach Erhebung der ersten Zahlen zeigen sich die Organisatoren um Ilka Leukefeld zufrieden. Allein an den ersten drei Ausstellungstagen wurden 548 Besucher gezählt. Die Besucher der Vernissage und der Performances sind dabei noch nicht eingerechnet.

Als Erfolg verbuchen die MKH-Macher auch das neue Konzept, Kunstvermittlung anzubieten. Jette Held, selbst Künstlerin, führte Gruppen zu den Ausstellungsorten und auf spielerische Weise an die gezeigten Arbeiten heran. 292 Personen nahm sie insgesamt mit auf diese Entdeckungsreise. 280 weitere klebten unter ihrer Anleitung den Tüten-Ballon zusammen. „Kindergärten und Schulen beteiligten sich an den kostenlosen Führungen und Kunstworkshops, welche ihnen die ausgestellte Gegenwartskunst zum Greifen nahe brachte“, so Ilka Leukefeld.

Das Fazit des Schirmherrs, Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke), fällt ebenfalls positiv aus. Seiner Meinung nach hat die MKH eine Strahlkraft über die Stadtgrenzen hinaus. Die präsentierte Kunst sei eine Reflexion gesellschaftlicher Zustände, „die unser Leben prägen mit Abhängigkeiten durch Klimaveränderung, Ressourcenverbrauch, Müll in unvorstellbaren Dimensionen, Technik und Digitalisierung. Diese Biennale hat für sensible Themen ein Achtungszeichen und Impulse gesetzt. Auch für das Leben in Halberstadt“, betont er.