Halberstädter Ehepaar gehört zu den Testern für einen intelligenten Stromverbrauch Bormanns erledigen nachts den Abwasch
Wind, Sonne und Wasser sollen mehr und mehr den Strom liefern. Eine Herausforderung für die Energieversorger, weil diese Quellen nicht permanent zur Verfügung stehen. Welche wichtige Rolle den Verbrauchern dabei zukommt, wird zurzeit erforscht. Zwei Halberstädter machen mit.
Halberstadt l "Wir stehen am Ende der Kette, wir probieren alles aus, was Sie sich so ausgedacht haben", sagt Edith Bormann schmunzelnd. In ihrem Wohnzimmer haben sich sechs Frauen und Männer platziert, die Fragen an die Halberstädterin und ihren Mann Peter haben. Schließlich gehören die beiden zu den 46 Familien, die im Harzkreis an einem Feldversuch im Rahmen der RegModHarz beteiligt sind.
Die Fachleute von den Energieversorgern der Region wollen Näheres wissen zu einem Gerät, das kurz BEMI genannt wird. Der kleine weiße Kasten ist eines der Ergebnisse des Modellprojektes RegModHarz, der Regenerativen Modellregion Harz. Das Kästchen im Keller der Bormanns zeigt zum einen an, wann der Strompreis gerade günstig ist und ist zum anderen in der Lage, genau dann ausgewählte Haushaltsgeräte anzuschalten.
Wobei das mit dem Anschalten noch nicht so gut klappt, wie es wünschenswert wäre, berichtet Peter Bormann. Er ist auch schon mal nachts um 1 Uhr aufgestanden und hat den Geschirrspüler angeschaltet. "Hier sind ganz sicher die Hersteller von Haushaltsgeräten gefragt", sagt der ehemalige Berufsschullehrer. Er hat sich Zeit seines Lebens mit Elektrotechnik befasst, steht vielen Neuerungen sehr aufgeschlossen gegenüber. Ob das nun eine eigene kleine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach ist oder der schnelle Internetzugang.
"Aber dass wir bei dem Feldversuch mitmachen, geht auf meine Initiative zurück", berichtet Ehefrau Edith. Sie hatte in der Volksstimme einen Bericht über den geplanten Test gelesen. "Da habe ich mir gesagt, da machen wir mit und mich an die Stadtwerke gewandt." Irgendwann war es soweit, die Bormanns in Halberstadt wurden mit als Testhaushalt ausgewählt und bekamen erstmal einiges zu lesen und dann einen kleinen Stromzähler, der alle 15 Minuten den Verbrauch registrierte. Die so erfassten Daten bilden die Grundlage für den zweiten Teil des Versuchs, bei dem die Bormanns nun bewusst versuchen, in den Zeiten Strom zu verbrauchen, wenn er preiswert ist, weil Windräder und Sonnenkraftwerke gerade viel Energie in die Netze liefern.
Dass sie wegen der kleinen Sonnenenergieanlage auf dem Dach - die sie sich erst vor Kurzem zugelegt haben - nicht nur auf die öffentliche Stromversorgung angewiesen sind, freut die Vertreter der regionalen Energieversorger in diesem Fall sogar. "Genau solche Fälle sind es, die den Test mit belastbaren Daten versorgen", sagt Ralph Lautenschläger von den Halberstadtwerken. "Schließlich wollen wir nicht nur den einfachen Haushalt als Basis", ergänzt Antje Klimek von EonAvacon. Setzt die Idee, die hinter dem Modellprojekt steht, doch auch voraus, dass es sehr viele kleine Energielieferanten im Harzkreis gibt und geben wird.
Edith und Peter Bormann sind überzeugt, dass sich solche technischen Neuerungen durchsetzen werden. "Wir leisten gerne unseren Beitrag, damit sich ein bisschen was verändert, gerade für die Umwelt", sagt Edith Bormann, die lange Jahre als Kinderkrankenschwester in Halberstadt tätig war. Ihr Mann ergänzt: "Man kann doch nicht nur meckern, dass man keinen Atomstrom will, aber auch keine neuen Leitungen oder Windräder in der Nähe. Wenn die Leute früher auch so gedacht hätten, säßen wir noch am Lagerfeuer."
Deshalb sitzt er auch gerne am Computer und schaut sich die Stromtarif-Prognosen an, die auch auf dem BEMI angezeigt werden. Sollen jedenfalls, nicht immer klappt das schon reibungslos. Das Gerät schlägt die Zeit vor, wann die Waschmaschine oder der Geschirrspüler anspringen soll, aber Peter Bormann macht das gerne auch von Hand und hat da gleich noch ein paar Wünsche an die Fachleute. Die hören gut zu, stellen noch einige Fragen.
In naher Zukunft soll es den Testern möglich sein, zumindest mit "Spielgeld" zu arbeiten und durch entsprechendes Verhalten Geld zu sparen. Begleitet wird das alles neben den technischen Fachleuten auch von Umweltpsychologen. Die wollen erforschen, wieweit die Menschen bereit sind, einen Teil ihres Verhaltens zu ändern, um den erneuerbaren Energien tatsächlich den Durchbruch als Hauptenergiequelle zu verschaffen. Wenn die Daten des Feldversuchs vorliegen, beginnt die Auswertung, wie beim gesamten Modellprojekt.