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Christina Brehmer brüskiert Räte mit Äußerungen zum Anti-Neonazi-Forum in Nienhagen Bürgermeisterin sorgt für Eklat im Stadtrat

Von Dennis Lotzmann 27.04.2012, 05:19

In der jüngsten Stadtratssitzung in Schwanebeck ist es zu einem Eklat gekommen. Anlass waren Äußerungen von Bürgermeisterin Christina Brehmer, durch die sich Stadträte in die rechte Ecke gerückt sehen. Zwei Abgeordnete verließen daraufhin die Sitzung.

Schwanebeck/Nienhagen l War es ein Missverständnis? Waren es Äußerungen, die unbedacht formuliert wurden? Oder waren Bürgermeisterin Christina Brehmer Gedanken einfach so rausgerutscht? Bislang ist unklar, was die Links-Politikerin in der jüngsten Sitzung des Stadtrates zu jenen Formulierungen veranlasst hat. Fest steht nur, dass ihre Worte Anlass waren für einen Disput, der schließlich in einen Eklat gipfelte. Zwei Stadträte der CDU-Fraktion - Hans-Richard Wegner und Jens Glaser - verließen die Sitzung. Sie sehen sich, wie sie empört berichten, von Stadtoberhaupt Brehmer in eine rechte Ecke geschoben. "Das ist ein ungeheuerliches Ding, was sie sich da geleistet hat", sagt Wegner kopfschüttelnd.

Was war passiert? Die Ratssitzung neigte sich, nach übereinstimmenden Angaben von Sitzungsteilnehmern, dem Finale des öffentlichen Teils zu. Im Punkt "Mitteilungen und Anfragen" berichtete Christina Brehmer vom Diskussionsforum rund um die Themen rechte Gewalt und rechte Konzerte, das am 12. April im Ortsteil Nienhagen stattgefunden hatte. Der Einladung des Vereins "Miteinander" war neben Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) auch Bürgermeisterin Brehmer gefolgt. Anlass waren rechtsgerichtete Konzerte, die immer wieder in Nienhagen stattfinden.

"Frau Brehmer hat gegenüber allen Stadträten und Kommunalpolitikern, die nicht in Nienhagen dabei waren, eine ganz heftige Unterstellung formuliert, die sie dringend und eindeutig revidieren sollte."

Hans-Richard Wegner, CDU-Stadtrat

Die Diskussion, gibt Stadtrat Jens Glaser (CDU) Christina Brehmers ganz persönliche Bilanz im Stadtrat wieder, sei gut und wichtig gewesen. "Und vor diesem Hintergrund hätte sie sich eine noch stärkere Teilnahme seitens der Kommunalpolitiker gewünscht. Aber zumindest wisse sie nun ja, wo jeder stehe", erinnert sich Jens Glaser sehr klar an die Worte der Bürgermeisterin.

"Das ließ mich aufhorchen und veranlasste mich zur Nachfrage, ob diese persönliche Bewertung ganz konkret auf Anwesende in diesem Raum bezogen sei", berichtet Glaser. "Und diese Rückfrage bejahte Frau Brehmer - ihre Äußerungen seien auf Anwesende bezogen", so Glaser.

Nicht nur für Stadtrat Glaser war Links-Politikerin Brehmer damit einen Schritt zu weit gegangen, sondern auch für Norbert Schade. Schade gehört als parteiloser Stadtrat ebenfalls der Links-Fraktion an. "Die Tragweite von Frau Brehmers Ausführungen zu jenem Forum war mir im ersten Moment gar nicht so richtig klar geworden. Erst die konkrete Nachfrage von Herrn Glaser hat mir den Inhalt ihrer Worte richtig bewusst gemacht", sagt Norbert Schade rückblickend.

Ein Punkt, an dem er erst einmal habe schlucken müssen, erinnert er sich. "Es ist richtig, ich war von Christina Brehmer einige Tage vor der Veranstaltung mit einem Brief persönlich eingeladen worden. Ich war an diesem Abend jedoch zeitlich verhindert. Und ich bin darüber hinaus auch niemandem Rechenschaft schuldig, was ich in meiner Freizeit mache und welche Veranstaltungen ich besuche", unterstreicht Norbert Schade.

Ähnlich die Reaktionen bei Glaser und Wegner, die das Forum ebenfalls nicht besucht hatten und sich nun in die rechte Ecke gerückt sehen: "Man kann doch nicht aufgrund der Teilnahme oder der Nichtteilnahme solche Schlüsse ziehen", empört sich Glaser und übersetzt Brehmers Worte für sich persönlich so: "Die, die in Nienhagen dabei waren, sind gegen Nazis. Und alle anderen sympathisieren faktisch mit den Rechten." Eine solche Schlussfolgerung zu ziehen, sei ein Unding und "gehört sich für ein Stadtoberhaupt schon gar nicht", sagt Jens Glaser.

Während er und Hans-Richard Wegner die Stadtratssitzung nach diesem Eklat aus Protest verließen, registrierten andere Stadträte die Entwicklung kopfschüttelnd. "Ich war in Nienhagen dabei und finde, es war eine wichtige Veranstaltung. Denn wer nichts gegen rechts unternimmt, hat schon verloren", erklärt Gerald Brocka von der Links-Fraktion. Die Worte seiner Parteifreundin seien vielleicht "ein lauter Gedanke gewesen", gibt Brocka zu bedenken.

Was Bürgermeisterin Christina Brehmer mit ihren Äußerungen genau gemeint hat und ob sie womöglich doch nur gründlich missverstanden worden ist, wollte die Volksstimme gern im persönlichen Gespräch mit ihr in Erfahrung bringen. Leider blieb das Stadtoberhaupt trotz mehrfacher Anfragen unerreichbar.

Derweil sind sich die Stadträte Wegner, Glaser und Schade darin einig, dass eine offizielle Entschuldigung der Bürgermeisterin im Stadtrat nun das Mindeste sei, was folgen müsse. "Frau Brehmer hat gegenüber allen Stadträten und Kommunalpolitikern, die nicht in Nienhagen dabei waren, eine ganz heftige Unterstellung formuliert, die sie dringend und eindeutig revidieren sollte", sagt Hans-Richard Wegner.