1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. "Corona ist schon ziemlich doof"

Coronavirus "Corona ist schon ziemlich doof"

So erleben die Bewohner des IB-Heims in Badersleben die Krise und deren Einschränkungen:

Von Ramona Adelsberger 22.04.2020, 13:26

Badersleben l „Das Corona-Virus ist sehr gefährlich“ erklärt Nicole Josche. Die junge Frau lebt im IB-Heim Baderselben, einem Wohnheim für psychisch beeinträchtigte Erwachsene. Besonders bedauere sie, dass sie nicht zur Arbeit darf. „Ich fahre sonst nach Halberstadt in die Werkstatt“, diese sei allerdings geschlossen.

„Wir dürfen zurzeit nicht in das Dorf gehen“, ergänzt Salvatore Magonza. Er erklärt, dass die Gefahr einer Ansteckung viel zu groß sei. „Hände waschen ist ganz besonders wichtig“, habe er gelernt und berichtet er über das Experiment mit gemahlenen Pfeffer in der Wasserschüssel, das gut zeige, welche Wirkung Seife habe. „Ich bin allerdings sehr traurig, weil ich meinem Freund nicht zum Geburtstag gratulieren kann.“ Salvatore ist sonst gern mit dem Fahrrad unterwegs. „Das darf ich vorerst nicht und auch das Fußballtraining muss zurzeit ausfallen.“

Insgesamt 16 Männer und Frauen leben im IB-Heim zusammen in einem Teil des ehemaligen Klosters in Badersleben. „Wir haben mit unseren Bewohnern gesprochen und die Situation genau erklärt“, sagt Elke Schoelzel vom Betreuerteam. Einige hätten es sofort verstanden, würden sich daran halten und auch untereinander auf sich achten. Andere jedoch hätten es am nächsten Tag bereits wieder vergessen und müssen somit immer wieder erinnert werden. „Wir sind eine offene Einrichtung und dürfen die Menschen nicht einschließen.“ Natürlich darf vorerst keinerlei Besuch von Angehörigen und Freunden empfangen werden.

Daher ist in diesen Tagen der Einfallsreichtum der Betreuer besonders gefragt, um die Bewohner zu beschäftigen und bei Laune zu halten. So legt zum Beispiel Betreuer Ralf Nagel besonderen großen Wert darauf, dass sich die Bewohner im Freien aufhalten und dazu noch sinnvoll betätigen. Er hat einige der Bewohner um sich versammelt. „Wir haben Pflanzen und Blüten im Park gesammelt und werden diese trocknen und pressen.“ Daraus soll ein großes Frühlingsbild mit Naturmaterialien entstehen.

„Wir verlassen das Heim nur gemeinsam und gehen dann stets in Richtung Wald und Natur und nicht, wie gewohnt, durch den Ort“, erklärt Elke Schoelzel. Sie betont, dass einer der besonders schmerzhaften Einschnitte für die Bewohner zurzeit der Tag ist, an dem das wöchentliche Taschengeld verteilt wird. „Normalerweise gehen die meisten dann sofort einkaufen. Weil das aber vorerst nicht sein darf, übernehmen das die Betreuer für alle.“ Nicole Josche freut sich schon auf ihren Cappuccino, Franzi Decker bestellt sich Doppekekse und Henry Windeck liebt Fleischsalat.

Auch das Osterfest werden die Männer und Frauen in aller Abgeschiedenheit, aber gemeinsam mit ihren Betreuern, verbringen. „Wir haben das Haus mit selbstgebasteltem Schmuck dekoriert und hoffen auf schönes Wetter, damit wir viel ins Freie können“, sagt Ralf Nagel.

Das Grundstück, das von den Bewohnern des IB-Heims genutzt werden kann, wird zurzeit in Ordnung gebracht. „Wir stellen Bänke auf, bauen eine Grillecke und werden unser Trampolin installieren“, so Elke Schoelzel. Das Spiel- und Sportgerät habe das IB-Heim mithilfe von Radio Brocken angeschafft, nun soll es schnell benutzbar werden. Es gibt hier sogar zwei Teiche, in denen Fische leben. Geplant sei zudem, einige Hochbeete aufzustellen, um Gemüse und Kräuter für den Eigenbedarf anzupflanzen. Zum Sommerfest, das für Juni geplant war und nun möglicherweise verschoben werden muss, soll alles fertig sein. Ralf Nagel lobt das gute Verhältnis zum Badersleber Ortsbürgermeister Olaf Beder (parteilos) und zum Huy-Bürgermeister Thomas Krüger (CDU), die stets ein offenen Ohr für die Belange des IB-Heimes hätten.

Im Gegenzug kümmert sich Nagel mit einigen Freiwilligen aus dem IB-Heim um den Sandkasten im Bad am Spring. „Wir haben ihn winterfest gemacht und nun soll er, bevor die Freibadsaison beginnt, noch einen neuen Anstrich erhalten.“