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Coronavirus Ideen für den Deersheimer Dorfladen

Der Deersheimer Dorfladen erwirtschaftet derzeit wie auch andere Einkaufsmärkte mehr Umsatz. Entspannt ist die Situation trotzdem nicht.

Von Mario Heinicke 14.04.2020, 13:40

Deersheim l „Man braucht immer wieder Ideen“, sagt Uta Müller, Vorstandsmitglied der Dorfladengenossenschaft. Ideen hatten und haben die Genossenschafter: das Café im Laden oder die parallele Organisation von Märkten zum Beispiel. Alles, um die Einnahmen der Genossenschaft zu erhöhen, um aus den roten Zahlen seit der Eröffnung Ende 2016 herauszukommen.

Doch genau diese Ideen greifen derzeit nicht – wegen der Corona-Krise. Das Café musste geschlossen werden, der alternativ angebotene Außer-Haus-Verkauf des auch bei Handwerkern beliebten Frühstücks ist kein gleichwertiger Ersatz. Soljanka kann nicht mehr gekocht werden. „Den Leuten fehlt das Café, die Kommunikationsmöglichkeit“, sagt Vorstandskollege Manfred Mehlhorn.

Der Ostermarkt musste abgesagt werden – und wird auch nicht nachgeholt. „Viele Händler haben sich gleich für unseren Herbstmarkt angemeldet“, blickt Müller voraus. Dieser ist für den 18. Oktober geplant, davor am 6. September noch der Flohmarkt der Deersheimer.

Der Ostermarkt sollte auch der Auftakt für den schon seit Längerem geplanten Eis-Verkauf sein. Für die warme Jahreszeit, wenn draußen Platz zum Sitzen ist. Was aber nun ebenfalls zunächst sprichwörtlich auf Eis liegt.

Den Kopf in den Sand stecken die Genossenschafter aber nicht. Im Gegenteil. Sie setzen derzeit eine andere Idee um, die die Zukunft des Dorfladens sichern soll: eine Mitmachküche. 120.000 Euro stehen dafür zur Verfügung, 90 Prozent Fördergeld und zehn Prozent Eigenkapitall. Das Vorhaben hatte voriges Jahr durchaus zu Diskussionen geführt. Einzelne Mitglieder der Genossenschaft haben letztendlich die notwendigen Eigenmittel als persönliches zinsloses Darlehen zur Verfügung gestellt, berichtet Hans-Jürgen Müller aus dem Aufsichtsrat.

Seit März wird gearbeitet in einer sogenannten Baureserve, einem Raum zwischen Laden und Markthalle. Auf den ersten Blick ist noch nicht viel zu sehen. Aber dieser Eindruck täuscht. Der Fußboden mit den Leitungen darin ist aufgebaut worden.

Nach dem Sommer, schätzt Müller, kann die Küche in Betrieb gehen. Eine Küche für die Ehrenamtlichen – um weitere Ideen umzusetzen, damit der Dorfladen stabil in die schwarzen Zahlen kommt. Ob Marmelade kochen, Saft herstellen, Buletten braten oder Kuchen backen – die Erzeugnisse aus der Küche sollen möglichst über den Dorfladen verkauft werden. Selbstproduziertes und aus der Region also. Die Jüngeren sollen von den Älteren lernen und die Generationen zusammensein.

Hans-Jürgen Müller gerät ins Schwärmen, wenn er von der Idee spricht, hier sogar Deersheimer Bier zu brauen. Freilich in ganz kleinen Mengen. Eine Anlage gibt es schon sowie jemanden, der vom Fach ist. „Alles ehrenamtlich“, unterstreicht Müller nochmal.

Am Corona-Virus kommt man derzeit auch im Dorfladen selbst nicht vorbei. Aber die Situation sei ruhig, die Kunden seien vernünftig und verständnisvoll, schätzt Uta Müller ein. Wobei im Dorfladen zu spüren sei, dass die Leute sich mit bestimmten Waren stärker eindecken als früher. Doch dem wurde ebenfalls mit frischen Ideen gegengesteuert.

Beispiel Toilettenpapier. „Wir verkaufen nur zwei Rollen“, berichtet Müller. Dadurch sei aber jeden Tag etwas da. „Es ist wichtig, dass sich die Leute solidarisch verhalten.“

Beispiel Hefe. Ebenfalls Mangelware. „Täglich werden wir danach gefragt.“ Statt Hefe hat die Genossenschaft vorige Woche alkoholfreies Hefeweizen geordert und gibt den Kunden eine schriftliche Anleitung mit nach Hause, wie aus dem Bier Hefe hergestellt werden kann.

„Wir bekommen nicht alles geliefert, was wir bestellen“, fasst Manfred Mehlhorn zusammen. Deshalb würden Ehrenamtliche aus der Genossenschaft zusätzlich zu den Großmärkten in Goslar und Wernigerode fahren, um dort das Notwendige für den Laden einzukaufen.

„Die Genossenschaft ist ein Wirtschaftsunternehmen“, betont Hans-Jürgen Müller. Die Einwohner hätten es selbst in der Hand, wie erfolgreich es arbeitet. „Der Laden lebt von den Einkaufenden.“ Wobei Manfred Mehlhorn aufgrund eigener Beobachtungen erfreut festgestellt hat, dass auch immer mehr Auswärtige nach Deersheim zum Einkaufen kommen.

Wie sich die Corona-Krise letztendlich auf die Dorfladensituation auswirken wird, vermag von den Verantwortlichen momentan noch niemand einzuschätzen. Für den 3. Juni ist die nächste Generalversammlung geplant, auf der die Zahlen von 2019 bekanntgegeben werden und ein erster Trend für 2020.

Ob diese Versammlung in bekannter Form tatsächlich stattfinden kann, ist ebenfalls offen. Falls nicht als Zusammenkunft, wäre sie wie in der Kommunalpolitik notfalls als Umlaufbeschluss möglich, haben sich die Verantwortlichen vorsorglich erkundigt. Jedes Genossenschaftsmitglied würde dann die Unterlagen zugeschickt bekommen und schriftlich abstimmen.