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Coronavirus Schrebergärten immer beliebter

Nicht nur für Senioren: In der Corona-Krise erfreuen sich Schrebergärten im Harz immer größerer Beliebtheit.

Von Christoph Carsten 28.04.2020, 09:19

Wegeleben/Halberstadt l In Zeiten der Corona-Pandemie wird der Kleingarten für viele zum Refugium: In der eigenen Parzelle können Gartenfreunde – trotz Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen – einmal ausspannen, an der frischen Luft vor sich hin werkeln und die Frühlingssonne genießen. Auch ein Plausch mit dem Nachbarn über den Zaun ist drin, garantiert letzterer doch die Einhaltung des gebotenen Abstands.

Auch David Wackerhagen aus Wegeleben ist seit vier Jahren dabei: „Zuhause hatten wir keine Möglichkeit, selbst etwas anzubauen. Als sich die Gelegenheit ergab, einen Garten zu übernehmen, haben wir gleich zugeschlagen.“ Als Vorsitzender der Kleingartensparte „Ditfurter Berg“ beobachtet er seit Beginn der Corona-Pandemie eine stark erhöhte Nachfrage nach Schrebergärten. „Wir hatten hier zuletzt so viele Anfragen wie in den ganzen letzten Jahren nicht.“

Das kann Jochen Hupe vom Regionalverband der Gartenfreunde Halberstadt nur bestätigen: „In den letzten eineinhalb Wochen gab es mit mehr als 30 Anfragen einen regelrechten Ansturm auf die Parzellen. Normalerweise haben wir pro Jahr 40 bis 50 Interessenten.“

Unter dem Dach der Gartenfreunde sind derzeit 49 Kleingartenanlagen im ehemaligen Landkreis Halberstadt zusammengeschlossen. Von den insgesamt 3768 Parzellen seien derzeit 678 unbewirtschaftet. Der Vorstand sei selbst aktiv an der Verpachtung beteiligt und unterstütze die Vereine dabei, erläutert Jochen Hupe. Aufgrund der hohen Nachfrage sei es manchmal gar nicht so leicht, die richtige Auswahl zu treffen. Denn, so verrät der Halberstädter: „Es gibt auch schwarze Schafe, die herumziehen und Schulden hinterlassen.“

Viele Menschen aus der Region scheinen in den Tagen der Isolation das Bedürfnis zu haben, trotz allem das schöne Wetter zu genießen und Zeit im Freien zu verbringen. Der Kleingarten bietet genau diese Möglichkeit – und das für wenig Geld. Pro Jahr betrage die Pacht, je nach Größe der Parzelle, zwischen 150 und 220 Euro, informiert Jochen Hupe.

Besonders freut den Vorsitzenden des Regionalverbands, dass Schrebergärten längst nicht mehr nur etwas für Senioren seien. Seit einigen Jahren gebe es auch bei Jüngeren einen Trend hin zum eigenen Kleingarten. „Viele junge Familien verbringen ihre Zeit gerne draußen mit ihren Kindern. Oft haben sie nur eine Mietwohnung oder das Geld für den Urlaub fehlt. Da ist eine Parzelle eine Alternative“, so der Halberstädter.

Im Verein „Ditfurter Berg“ in Wegeleben liegt der Altersdurchschnitt mit 65 Jahren dagegen immer noch relativ hoch. Daran wolle der Vorstand aber künftig arbeiten, sagt David Wackerhagen. So sei geplant, künftig mehr Werbung – zum Beispiel über Social Media – zu machen, um auch jüngere Leute besser zu erreichen. „Gerade am Anfang bieten wir Unerfahrenen auch gerne unsere Unterstützung an, um den neuen Garten auf Vordermann zu bringen“, sagt der Vorsitzende.

Dass Kleingärten gerade für Familien tolle Möglichkeiten bieten, davon ist der Wegeleber Gartenfreund überzeugt. „Meine Tochter lernt so zum Beispiel, dass so eine Möhre nicht aus dem Supermarkt kommt, sondern wachsen und gedeihen muss und viel Pflege benötigt.“ Auch für frisches Gemüse sei so immer gesorgt – und zwar hundert Prozent Bio.

Doch auch wenn die Kleingartenvereine gegenwärtig eine starke Nachfrage erleben, müssen sie ebenfalls Corona-bedingt mit Einschränkungen leben. Jochen Hupe gibt Auskunft: „Jeder Gartenfreund darf natürlich weiterhin den eigenen Garten bewirtschaften, für die Öffentlichkeit sind die Anlagen aber gegenwärtig geschlossen.“ Veranstaltungen oder Versammlungen seien nicht gestattet, auch größere Bauprojekte würden brach liegen. „Wir müssen uns genauso an die Bestimmungen halten wie alle anderen“, so der Verbands-Chef.

Auch am „Ditfurter Berg“ müssen einige Projekte – wie der geplante Spielplatz – momentan noch auf ihre Realisierung warten. Die Wahl des neuen Vorstands des 1946 gegründeten Vereins am 30. April soll aber trotzdem stattfinden. Allerdings unter besonderen Bedingungen: Die Mitglieder stimmen in diesem Jahr per Brief ab. „Die Briefwahl läuft bis jetzt sehr gut und ohne Probleme. Ich bin stolz, dass wir trotz des Virus weiter so gut zusammenarbeiten“, sagt Vorsitzender Wackerhagen.

Das alljährliche Gartenfest, bei dem der Verein traditionell seine Pforten für alle Interessierten öffnet, um mit diesen zu feiern und auf das eigene Angebot aufmerksam zu machen, müsse allerdings in diesem Jahr ausfallen. „Das ist sehr schade“, sagt David Wackerhagen. „Das Fest ist sonst eine gute Gelegenheit, bei Außenstehenden das Interesse für das Gärtnern zu wecken. Außerdem wurden in der Vergangenheit immer allerhand kulinarische Raffinessen aufgefahren.“

Sowohl in Wegeleben als auch in Halberstadt ist man sich einig, dass in schwierigen Zeiten der Zusammenhalt unter Gartenfreunden wichtig ist. So hat Jochen Hupe jüngst über die Internetpräsenz der Gartenfreunde an seine Mitstreiter appelliert, sich an die Gesetze und die Anweisungen des jeweiligen Vereins zu halten. Dort heißt es: „Es kommt wieder die Zeit, wo alle Gartenfreunde ihren Einsatz ausführen können. Bis dahin wünschen wir allen Gartenfreunden weiter viel Freude bei der Vorbereitung ihres Gartens.“