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  7. Der Bußgang eines Kaisers zum Halberstädter Bischof

Vortrag zur aktuellen Sonderausstellung im Domschatz beleuchtet interessantes Kapitel der deutschen Geschichte Der Bußgang eines Kaisers zum Halberstädter Bischof

12.10.2012, 01:14

Halberstad (sc) l Ein Streit, der sich im 10. Jahrhundert in Halberstadt und Quedlinburg zugetragen hat und auf heute nicht vorstellbare Weise eskalierte, steht im Mittelpunkt eines Vortrages im Domschatz. Am Donnerstag, dem 25. Oktober, laden die Domschatzverwaltung und der Förderverein Dom und Domschatz in die Winterkirche des Domes ein. Referent des Abends ist Prof. Dr. Rainer Leng von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Der Vortrag beginnt um 19 Uhr.

Kaiser Otto der Große erlebte sein Canossa und musste als Büßer von Quedlinburg nach Halberstadt laufen, um dort vor den Halberstädter Bischof Bernhard zu treten. Dies war der Höhepunkt einer über 13 Jahre erbittert geführten Auseinandersetzung zwischen beiden um die Gründung des Erzbistums Magdeburg. Darin sah Otto "in der Hoffnung auf ewigen Lohn" eine entscheidende Tat seines Lebens. Er erhoffte für sein Engagement, am Tag des Jüngsten Gerichtes den Segen des Weltenrichters zu erlangen.

In Erwartung des himmlischen Lohnes agierte aber auch Bischof Bernhard von Halberstadt. Er widersetzte sich den kaiserlichen Plänen mit allen Mitteln. Die Auseinandersetzung eskalierte zum Osterfest 966 in Quedlinburg: Otto nahm den Halberstädter Bischof aufgrund seines fortgesetzten Protestes gefangen. Bernhard belegte daraufhin den Herrscher mit dem Kirchenbann.

An dieser Stelle setzt der Vortrag von Prof. Leng ein, denn was nun geschah, ist nur im Kontext des mittelalterlichen Wertesystems zu verstehen. Der Historiker und Germanist analysiert das zähe Ringen um Rechte, Einflussbereich und Macht im frühen Mittelalter, aber auch die Notwendigkeit des Einvernehmens unter den Mächtigen. So trat der Kaiser als Büßer - in entsprechendem Gewand und zwingend zu Fuß von Quedlinburg kommend - vor den Halberstädter Bischof Bernhard. Er wurde vom Bann befreit und versprach, seine Magdeburg-Pläne zu Bernhards Lebzeiten nicht weiter zu verfolgen.

Mit dieser gemeinsamen Veranstaltung zeigen auch die Domschatzverwaltung und der Domverein das Einvernehmen beider Institutionen. Nicht die Hoffnung auf ewigen Lohn beflügelt die Aktivitäten der Förderer von Dom und Domschatz, sondern der Wunsch, zur Freude und Erkenntnis späterer Generationen die mittelalterlichen Schätze bewahren zu helfen.

Der Eintritt zu dem Vortragsabend in der beheizten Winterkirche kostet drei Euro pro Person und kommt der Restaurierung der Epitaphe, also der Grabdenkmale, im Kreuzgang des Domes zugute.

Die Sonderausstellung ist noch bis zum 9. Dezember im Domschatz zu sehen.