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Cage-Projekt weckt Kreativität bei den Unterstützern Die Langsamkeit färbt auf Finanzierungsidee ab

Von Sabine Scholz 10.07.2012, 05:27

Ein Projekt, das sich nur aus Spenden finanziert, braucht viele Geldideen. Ein Pilot steuert eine bei, um das John-Cage-Orgel-Kunst-Projekt zu unterstützen. Und zwar langfristig. Sehr langfristig.

Halberstadt l "Wenn wir heute Filmaufnahmen von Kolumbus Landung in Amerika hätten, das wäre doch der Renner!" Paul Depprich grinst und fährt fort: "Wer weiß, ob nicht in 300 oder 500 Jahren ein lückenlos dokumentierter Flug von Frankfurt nach New York genauso ein Renner wäre?" Der pensionierte Verkehrspilot ist die Route selbst oft geflogen, der Film, auf den er Bezug nimmt, aber hat er als Gast im Cockpit aufgezeichnet. Zum 13. Todestag von John Cage, am 12. August 2005, ist der 8 Stunden und 26 Minuten lange Film entstanden. Zu haben ist die auf Bluray gepresste Aufnahme bei der John-Cage-Orgel-Stiftung Halberstadt. Der Soundtrack des Films sind nicht die Fluggeräusche, sondern der Klang, der an genau diesem Tag in der Burchardikirche Halberstadts zu hören war. Damit verbindet Depprich mehrere Dinge. Zum einen folgt er filmend einer Route, die John Cage, der amerikanische Avantgardemusiker, öfter flog. Vor allem, wenn er die Ferienkurse in Darmstadt hielt. Andererseits verbindet Depprich den Flug und Cage Weg mit dem Halberstädter Projekt, das ein Werk Cages interpretiert. Und zwar als langsamstes Musikstück der Welt - eine Aufführung eines bei der Uraufführung über knapp 29 Minuten gespieltes Orgelstück. So langsam wie möglich, ist es betitelt, und damit ist es dem hessischen Kunstfreund nahe. "Man fliegt fast mit 1000 Stundenkilometern und hat den Eindruck, nicht vom Fleck zu kommen", beschreibt er eine paradoxe Empfindung beim Fliegen. Und da Zeit und Geschwindigkeit eine wichtige Rolle beim Cage-Projekt in Halberstadt spielen, will er dieses Projekt unterstützen. Für zehn Euro kann man seinen Film kaufen, oder Fotos. Eine ganze Sekunde, also 25 Bilder sind als "just a second" zu haben, und einzeln ausgewählte Momentaufnahmen als "8m65" - denn eine Wegstrecke von genau acht Metern und 65 Zentimeter liegt zwischen zwei Fotos. 759 550 Einzelfotos sind es, "eingefrorene Zeit" sagt Depprich. "Wenn in den kommenden 628 Jahren von jetzt an jede Woche 23 Fotos verkauft werden, sind bei Projektende 2640 alle verkauft. Und alle Einnahmen daraus bleiben bei der Stiftung." Und vielleicht sind diese Fotos ja in wenigen Jahr(hunderten) ein besonderer Schatz.