1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. "Einstmals klapperten zehn Mühlen am Marienbach"

Rundgang in Badersleben mit Dietmar Küchenmeister "Einstmals klapperten zehn Mühlen am Marienbach"

Von Gerald Eggert 24.09.2011, 04:25

Badersleben. Wenn es um Wasser und Mühlen in Badersleben geht, dann kann Dietmar Küchenmeister am besten Auskunft geben. Denn der Tierarzt hat nicht nur die Wassermühle am Paulsplan liebevoll restauriert, sondern sich als Mitbegründer des Heimatvereins intensiv mit der Ortsgeschichte beschäftigt. Bei einem Rundgang erklärte er kürzlich Be- suchern das frühere System der Mühlen in und um Badersleben.

Rund 600 Kubikmeter Wasser sprudeln täglich aus der Quelle des Marienbachs am Spring, ein Sechstel davon dient zur Trinkwasserversorgung der örtlichen Haushalte, den Rest teilen sich andere Ortschaften der Umgebung. Allerdings hat das kühle Nass einen ziemlich hohen Härtegrad, wusste Dietmar Küchenmeister am Fuße des Kuhbergs zu berichten. Härtegrad 24 hatte er kurz zuvor gemessen. Manchmal liegt er sogar noch höher (bis über 38 Grad deutscher Härte) und sorgt für Ablagerungen in den Leitungen und Kalkschäden in vielen Haushalten.

Dafür ist die Temperatur konstant, im Sommer wie im Winter liegt sie bei 9 Grad. Außerdem handelt es sich um eine sehr zuverlässige Quelle, die nur ein einziges Mal im Mittelalter versagte, hat der Experte herausgefunden. "Dieses Jahr fließt sogar soviel Wasser, dass davon ein zweiter Bach gefüllt wird", berichtete er am Quellort den rund 40 Teilnehmern, darunter viele Neugierige aus der Partnerstadt Laer.

An der Quelle wurde früher gefeiert

An der Quelle haben die Badersleber früher gern gefeiert, erfuhren sie. Es gab damals zwei Rundgänge mit Sitzgelegenheiten. Heute ist davon kaum noch etwas zu sehen. Dafür wachsen auf dem Kuhberg seltene Pflanzen. Sechs verschiedene Orchideen und drei Arten Enzian sind belegt.

In der Vergangenheit füllte das Quellwasser aber nicht nur den Marienbach, der sich durch den ganzen Ort schlängelt, sondern sorgte für einen umweltfreundlichen Antrieb von zehn Wassermühlen: Drei, in denen Getreide zu Mehl verarbeitet wurde, sieben dienten zum Mahlen von Körnern zu Schrot beziehungsweise zur Herstellung von Pflanzenöl aus Ölsaaten und -früchten. Wer heute durch den Ort geht, muss schon über Hintergrundwissen verfügen, will er die Spuren der Vergangenheit entdecken. "Viel gibt es nicht mehr zu sehen", sagte Küchenmeister, der die Gruppe zunächst zur "einzigen Stelle in Deutschland" führte, "wo ein Bach bergauf fließt".

Hier wurde die Schlossmühle angetrieben, von der nichts mehr zu sehen ist. Die Oldenburgsche Ölmühle verrät versteckt ein wenig von ihrer Vergangenheit, von der Hubertschen Mehlmühle ist noch einiges erhalten, allerdings vorwiegend im Gebäude. Die Neugierigen gaben sich mit einem Blick über die Mauer zufrieden. Auf einen schmalen Pfad durch den "Dschungel" am Bach zog es nur wenige, obwohl dort Reste eines eisernen Wasserrades und die einstigen Maschinenhalle der Bueschen Mühle versteckt sind. Die letzten Mauern der Klostermühle verschwanden Mitte der 1920er Jahre, hieß es am restaurierten ehemaligem Kloster. Während bis dahin trotz der fachkundigen Erklärungen von Dietmar Küchenmeister Fantasie gefordert war, um sich die Orte vorzustellen, an denen einst die Mühlen am rauschenden Bach klapperten, gab es an der nächsten Station viel zu sehen.

Überreste mit Fantasie zu entdecken

Denn die Wassermühle am Paulsplan wurde von 2000 bis 2003 durch die Familie Küchenmeister umfassend restauriert. Am seit dem 12. Jahrhundert belegten Mühlenstandort ist die technische Einrichtung der Schrotmühle vollständig und funktionstüchtig erhalten: Der Besitzer öffnete das Wehr des Mühlgrabens und setzte damit das oberschlächtige Wasserrad in Bewegung. Nach der Besichtigung verabschiedete Küchenmeister seine Gäste mit einem "Mühlenschluck."

In den vergangenen eineinhalb Stunden hatte er sie spannend und unterhaltsam mit Heimatgeschichte pur versorgt. Am Bachlauf folgen noch mit der Dallüge, Brunschen Mühle sowie der außerhalb gelegenen Grasmühle drei weitere Standorte, die der Heimatkundler nicht unerwähnt ließ.

Was aber passiert, wenn das Wasser des Marienbachs, nachdem es schon lange keine Wasserräder mehr bewegt, auch nicht mehr für Trinkwasser sorgt? Denn auch Badersleben soll ab 2013 über eine Fernleitung mit Trinkwasser versorgt werden. Für die Badeanstalt am Spring wird das gute und preiswerte Nass wohl weiter verwendet. Vielleicht besinnt man sich im Dorf wieder auf den Ursprung des Ortsnamens. Denn im Glauben, mit einem Bad im Marienbach das Leben verlängern zu können, nannten die Menschen es vor über 900 Jahren "Baders Leben".