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Menschen mit Behinderung lernen Alltag zu bewältigen Erster Schritt in ein selbstbestimmtes Leben

Von Sandra Reulecke 20.02.2013, 02:12

Menschen mit Behinderungen sind in der Lage, ein eigenständiges Leben zu führen und den Alltag selbst zu bewältigen. Dazu benötigen sie jedoch zunächst eine Anleitung und Betreuung. Der Internationale Bund baut nun ein solches Angebot im ländlichen Raum auf.

Badersleben l Auch wenn es ihnen hin und wieder schwerfällt, versuchen Eltern, ihren Nachwuchs zur Selbstständigkeit zu erziehen und ihn auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten.

Schwieriger gestaltet sich diese Prozess jedoch, wenn die Kinder besondere Bedürfnisse haben. "Für Menschen mit Behinderung, ob körperlich, geistig oder seelisch, bleibt es oft ein Traum, auf eigenen Füßen zu stehen", sagt Gertraude Boye. Die Mitarbeiterin beim Internationalen Bund (IB) arbeitet deshalb seit rund einem Jahr an einem Projekt, durch das Menschen mit Behinderungen lernen sollen, möglichst eigenständig ihren Alltag zu bewältigen. Derartige Hilfsangebote gebe es zwar schon in Städten wie Halberstadt, Wernigerode und Quedlinburg, im ländlichen Raum seien sie selten.

"Menschen mit Behinderung, egal welcher Art, benötigen oftmals Unterstützung und Begleitung, um eigenständig und selbstbestimmend ein Leben in den eigenen vier Wänden zu führen."

Gertraude Boye, Internationaler Bund

"Häufig wissen die betroffenen Familien gar nicht, dass es Möglichkeiten für sie gibt. Menschen mit Behinderung, egal welcher Art, benötigen oftmals Unterstützung und Begleitung, um eigenständig und selbstbestimmend ein Leben in den eigenen vier Wänden zu führen", berichtet Gertraude Boye. Eine weitere Schwierigkeit sei, dass Eltern versuchen, ihren Kindern vieles abzunehmen. "Damit hemmen sie unabsichtlich die Entwicklung zur Selbstständigkeit. Vielleicht trauen sie ihnen auch weniger zu, als sie mit entsprechender Förderung erreichen können." Außerdem sei bei den Kindern der Drang, sich zu emanzipieren, oft schwächer ausgeprägt.

Dennoch sei es in vielen Fällen möglich, den Menschen mit Behinderung ein eigenständiges Leben zu lehren. "Es ist dabei das Beste, so früh wie möglich damit anzufangen", so Gertraude Boye. "Diese Option in Betracht zu ziehen, wenn die betreuenden Personen zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Pflege in der Lage sind, ist oft zu spät. Meist bleibt dann nämlich keine andere Möglichkeit, als die Menschen mit Behinderung in Pflegeeinrichtungen zu geben."

Aus diesem Grund entwickelt der Internationale Bund im Huy das Projekt "ambulant betreutes Wohnen" in der Huy-Region. In Wohnungen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse eingerichtet sind, erlernen die Menschen, den Alltag mit seinen Herausforderungen zu bewältigen. Auch sei eine entsprechende Gestaltung des Elternhauses möglich.

Mitarbeiter des Internationalen Bundes würden die Familie in dieser Zeit beraten und betreuen. Gertraude Boye: "Dabei ist es das Ziel, dass diese zu betreuenden Personen unabhängig agieren und eine weitgehend eigenständige Lebensführung in ihrem häuslichen Umfeld erfahren. Menschen, die sich für diese Betreuungsform entscheiden, sollen lernen, sich selbst zu organisieren, lernen dabei ihr Selbstbewusstsein zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen."

"Die Teilnahme am öffentlichen Leben in Badersleben und die gute Integration in das gesellschaftliche und kulturelle Leben haben dabei einen sehr hohen Stellenwert."

Gertraude Boye, Internationaler Bund

2010 eröffnete der IB eine Wohneinrichtung im ehemaligen Kloster in Badersleben für Menschen mit geistiger Behinderung. Auch bei dieser Arbeit steht für die Mitarbeiter die Integration der Bewohner bei gleichzeitiger Förderung jedes einzelnen im Fordergrund. Den Bewohnern werden Möglichkeiten geboten, sich kreativ und sportlich zu betätigen, Kochen zu erlernen oder die Pflege des Gartens zu übernehmen. "Die Teilnahme am öffentlichen Leben in Badersleben und die gute Integration in das gesellschaftliche und kulturelle Leben haben dabei einen sehr hohen Stellenwert", bekräftigt Gertraude Boye.

Zu mehreren Gelegenheiten laden Bewohner und Mitarbeiter in ihre Wohneinrichtung ein, um sich den Baderslebern und Gästen vorzustellen und sich gegenseitig kennenzulernen. "Bislang gelingt uns das Zusammenleben recht gut mit den Menschen aus Badersleben, den Vereinen, der Schule und anderen Einrichtungen der Huy-Region. Wir arbeiten aber stetig an der Verbesserung der Kommunikation", betont Gertraude Boye.

Weiterführende Informationen unter Telefon (03 94 22) 9 56 99 20 und E-Mail: AmbulantBetreutesWohnen-Huy@internationaler-bund.de