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Domschatz Faszination Glasmalerei:Kathedrale in Halberstadt besitzt Glasfenster aus der Zeit um 1400

Sie sind eines der wesentlichen Elemente gotischer Kathedralen - die riesigen, zumeist kunstvoll buntverglasten Fenster. Auch in Halberstadts Dom bezaubern sie bis heute die Menschen.

Von Sabine Scholz 09.08.2023, 06:30
Blick aus dem Hohen Chor auf einige der Glasfenster des Halberstädter Doms. Einige der Fenster stammen noch aus der Entstehungzeit des heutigen Dombaus, sie sind mehr als ein halbes Jahrtausend alt – und faszinieren noch immer.
Blick aus dem Hohen Chor auf einige der Glasfenster des Halberstädter Doms. Einige der Fenster stammen noch aus der Entstehungzeit des heutigen Dombaus, sie sind mehr als ein halbes Jahrtausend alt – und faszinieren noch immer. Archivfoto: Kulturstiftung

Halberstadt - Die mächtige Kathedrale im Herzen Halberstadts ist ein Ort für spannende Entdeckungen. Was es dazu braucht, ist etwas Zeit. Denn vieles ist nicht nur schön anzuschauen, sondern erzählt eigene Geschichten.

So, wie die bunten hohen Fenster im Chorumgang des Halberstädter Doms. Licht spielte im Mittelalter eine zentrale Rolle, galt als göttlich. Besonders, wenn es farbig war. Die Innenräume gotischer Kirchen sind deshalb wesentlich von der Glasmalerei geprägt.

Die farbigen Fenster waren zudem Träger eines wichtigen Bildprogrammes – sie erzählten biblische Geschichten. Wichtig in einer Zeit, in der viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten.

Kostspielige Herstellung der farbigen Fenster

Die Glasmalerei der Gotik ersetzte die Wandmalerei der Romanik und ließ das Licht, dass göttlichen Ursprungs schien, in den Kirchenraum dringen. Das Licht füllte den Raum, eine sicherlich überwältigende Erfahrung für die Gläubigen jener Zeit.

Glasmalereien unterlagen einem kostspieligen Verfahren: Nach einer Vorzeichnung wurden durch Metalloxyde gefärbte Gläser mithilfe von Bleistegen zusammengesetzt. Schwarzlotbemalungen aus dunklem Glasfluss ermöglichten eine detaillierte Zeichnung auf den einzelnen Glaselementen.

Glasmalerei ist also weniger ein Malen auf Glas, als vielmehr ein Zusammensetzen massiv gefärbter und nach Schablonen zugeschnittener Gläser, die durch Verbleiung einen festen Halt bekommen. So entsteht in akribischer Kleinarbeit, die Handwerk und Kunst in einmaliger Weise in einem Schöpfungsprozess vereint, ein fertiges Meisterwerk.

Zu den größten Schätzen im Dom zählen die Glasmalereien, die das einfallende Licht in farbigen Reflexionen in den Kirchenraum fallenlassen. Sie beeinflussen in ihrer Farbigkeit die Stimmung des Raumes. Ausgeführt wurden sie mit Fertigstellung des Chores um 1400 von mehreren Werkstätten zugleich, berichtet Eva Fitz, die sich intensiv mit der Glasmalerei im Halberstädter Dom befasst hat.

Bestand an Glasmalerei erfasst

Der Halberstädter Dom, zwischen 1239 und 1491 errichtet, gilt als Höhepunkt gotischer Architektur in Norddeutschland. Der außerordentlich reiche Bestand an gotischen Glasmalereien sei hingegen so gut wie unbekannt gewesen, berichtet Fitz, die ihre Forschungsergebnisse in einer umfangreichen Publikation zusammengefasst hat.

Die von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften betreute Arbeitsstelle für Glasmalereiforschung in Potsdam habe die empfindlichen, im Lauf der Jahrhunderte dezimierten und heute durch Umwelteinflüsse zunehmend gefährdeten Kunstwerke erstmals umfassend wissenschaftlich erfassen lassen.

Weil verschiedenen Werkstätten zeitgleich arbeiteten, seien im Halberstädter Dom auch die damals vorherrschenden Stile nebeneinander zu sehen. „Wir finden Glasmalereien, die geprägt sind von französisch-burgundischer Hofkunst neben solchen, die von böhmischer Kunst beeinflusst sind“, sagt Fitz. „Und das alles auf einem sehr hohen künstlerischen Niveau.“

Halberstädter restaurieren die Farbfenster

Der Halberstadts Dom besitzt heute noch 17 große Bildfenster mit mehr als 290 Originalteilen aus der Entstehungszeit des Sakralbaus. Die ältesten stammen aus der Zeit um 1360 und befinden sich in der Marienkapelle, der östlichen Scheitelkapelle.

Von den zwischen 1400 und 1430 entstandenen Bildfenstern sind in Halberstadts Dom noch drei im Chorobergaden und zehn im Chorumgang vorhanden. Sie zeigen Darstellungen der Passion Christi, aus dem Leben und der Legende Marias sowie aus dem Leben verschiedener Heiliger. Auch ein ausführlichen Zyklus aus dem Alten Testament gehört zu dem Bilderreigen.

Im 19. Jahrhundert kam es zu umfangreichen Ergänzungen durch das Königliche Institut für Glasmalerei in Berlin-Charlottenburg.

Dass die mittelalterliche Pracht auch heute noch bewundert werden kann, ist zum einem der Auslagerung der Fenster im Zweiten Weltkrieg zu verdanken, zum anderen der Arbeit von Hans-Georg und Birk Losert. Die beiden Glaskünstler und Glasrestauratoren haben über Jahrzehnte in aller Stille die Kunstwerke restauriert und eine Schutzverglasung sichert die wertvollen Malereien heute vor Umwelteinflüssen.

Domschatzfest am 26. August

Was Glasmalerei ist, wie man mit dem zerbrechlichen Material umgeht, was für besondere Gläser es gibt, um Kunstwerke daraus zu schaffen, das erläutern die beiden Halberstädter Restauratoren an einem Stand zum Domschatzfest am Samstag, 26. August. Zu finden sein werden sie im Chorumgang, ganz nahe der mittelalterlichen Fenster.