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Flüchtlinge Eine Syrerin hilft ihren Landsleuten

Insgesamt 33 Integrationslotsen gibt es im Landkreis Harz. Die Syrerin Sahir Safaya aus Halberstadt ist eine davon.

Von Janna Fleddermann 27.04.2018, 07:00

Halberstadt l Vierfache Mutter, Bundesfreiwillige und jetzt auch noch die erste ehrenamtliche Integrationslotsin mit Migrationshintergrund im Harz: Der Terminkalender von Sahir Safaya ist immer voll.

Im März 2015 hat Sahir Safaya mit ihrem Mann und ihren vier Kindern (heute 6, 10, 13 und 16 Jahre alt) Syrien verlassen und wohnt nun seit mittlerweile drei Jahren in Halberstadt. Die Familie ist aus Aleppo nach Libyen und dann nach Berlin geflohen. Ihr Bruder, der damals als Arzt in Wernigerode gearbeitet hat, hatte sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt, um seine Schwester nach Deutschland zu holen. Er nahm Kontakt zur Diakonie auf, die Sahir Safayas Familie direkt eine Wohnung in Halberstadt vermittelte.

Die Integrationslotsin Christina Hanani hat Sahir Safaya und ihrer Familie damals geholfen, sich in Halberstadt zurechtzufinden, sich zu versichern und Bewerbungen zu schreiben. Genauso wie ihre damalige Lotsin es bei ihr getan hat, will die Syrerin jetzt auch Neuankömmlingen in Halberstadt ehrenamtlich unter die Arme greifen, seit dem 1. April unterstützt sie das Team. Die Frauen und Männer im Alter von 31 bis 78 Jahren kümmern sich derzeit um etwa 200 Personen, die in vom Landkreis angemieteten Übergangswohnungen leben.

Zuvor war die 34-Jährige bereits als „Familien- und Bildungspatin für Migrantinnen und Migranten“ des Diakonischen Werks tätig, ein Projekt, das leider nicht fortgesetzt werden konnte. Die Lotsen helfen den Flüchtlingen dabei, sich in ihrem neuen Lebensumfeld zu orientieren. Vor allem Dolmetscher für Deutsch und Arabisch werden händeringend gebraucht. „Die Familien brauchen unbedingt Hilfe bei den Herausforderungen, die mit denen sie hier konfrontiert werden“, so Sahir Safaya. Zu diesen Aufgaben zählen Anträge, beispielsweise für Kindergeld, Termine beim Jobcenter oder Anmeldungen in Kindergärten und Schulen. Neben dem Ausfüllen von Formularen helfen die Integrationslotsen dabei, Halberstadt kennenzulernen und Anschluss zu finden. Susanne Böttcher, Koordinatorin für Migration und Ehrenamt im Harzkreis, ist sehr dankbar, dass Sahir Safaya nun als Lotsin tätig ist. Sie sei „super vernetzt“ und die Flüchtlinge freuen sich, sich in ihrer Muttersprache mit einer Landsfrau verständigen zu können.

„Die ersten Monate in Halberstadt waren sehr schwer“, berichtet Sahir Safaya. Sie, ihr Mann und die Kinder waren eine der ersten Familien, die aus Syrien in den Landkreis geflüchtet sind. „Deutsch ist wirklich eine komplizierte Sprache“, fügt die Syrerin hinzu, die trotzdem nach drei Jahren schon bemerkenswert gut deutsch spricht. Doch nicht nur mit der Kommunikation, sondern auch mit fehlenden sozialen Kontakten hatte die Familie zu kämpfen. Mittlerweile hat sich die Familie zum Glück eingelebt, konnte viele neue Bekanntschaften knüpfen.

Sahir Safaya ist nicht nur vierfache Mutter und engagiert sich ehrenamtlich als Integrationslotsin: Seit September letzten Jahres absolviert sie für ein Jahr einen Bundesfreiwilligendienst in der Kindertagesstätte Marie-Hauptmann-Stiftung, danach hofft sie, eine Ausbildung zur Erzieherin anhängen zu können. Ihr Migrationshintergrund war dabei nie ein Problem: „Die Kinder haben am ersten Tag gefragt, wieso ich ein Kopftuch trage und ich habe geantwortet, dass es mir gefällt. Nachdem sie mich dann noch gefragt haben, ob ich überhaupt Haare habe und ich mein Tuch einmal abgenommen hatte, war das Thema erledigt.“

Die Familie wird wohl niemals wieder zurück nach Syrien gehen, erklärt Sahir Safaya: „Der Krieg geht weiter und die schlechten Nachrichten reißen einfach nicht ab.“ Schon aufgrund ihrer Kinder ist eine Rückkehr in ihre einstige Heimat schwer bis unmöglich. „Meine Kinder sprechen besser Deutsch als ich und können hier sogar aufs Gymnasium gehen“, berichtet die stolze Mutter.

Sahir Safaya ist dankbar, in Halberstadt eine neue Heimat gefunden zu haben und sagt entschieden: „Wir können etwas tun und zur Gesellschaft beitragen. Wir sind keine schlechten Menschen.“