Sana will Betreiberwechsel "nicht kommentieren" Gerücht um Klinik-Verkauf sorgt für Unruhe in Haldensleben
Unter Beschäftigten des Sana Ohre-Klinikums herrscht derzeit Unruhe. Grund dafür ist das Gerücht, Sana wolle das Ohre-Klinikum nach gut sechs Jahren wieder verkaufen. Die Konzernzentrale von Sana will einen möglichen Betreiberwechsel "derzeit nicht kommentieren". Auch der Betriebsrat erhält von der Geschäftsführung keine Antworten.
Haldensleben l In Schweigen hüllt sich derzeit die Sana Kliniken AG, was einen angeblichen Betreiberwechsel für das Ohre-Klinikum Haldensleben anbelangt. Entsprechende Gerüchte kursieren bereits seit Wochen und sorgen unter der Klinikbelegschaft für entsprechend große Unruhe. Auch auf Nachfrage der Volksstimme möchte die Konzernzentrale im bayerischen Ismaning keine Auskunft zu dem Gerücht geben. Ein Sprecher sagte zur Volksstimme: "Zum jetzigen Zeitpunkt möchten wir das nicht kommentieren". Ein Dementi klingt anders.
Auch der Betriebsrat des Ohre-Klinikums beißt derzeit offenbar auf Granit, wenn es um die Zukunft des Krankenhauses geht. Auf Nachfrage erklärte Betriebsratsvorsitzender Frank Senkel: "Das Gerücht kennen wir. Wir haben über den Wirtschaftsausschuss des Betriebsrates einen Fragenkatalog an die Geschäftsführung Haldensleben gestellt. Bisher haben wir vom Geschäftsführer keine Antworten auf unsere zehn Fragen erhalten."
In dem Schreiben an Geschäftsführer Peter Falkenberg erklärt der Betriebsrat: "Durch aufkommende Gerüchte unter den Mitarbeitern, welche vom Ameos-Fachklinikum Haldensleben zu uns gelangt sind, sowie das Einstellen von Projekten und Baumaßnahmen, schlussfolgert der Wirtschaftsausschuss, dass möglicherweise ein Trägerwechsel des Sana Ohre-Klinikums angedacht ist."
Haldenslebener Betriebsrat fürchtet "Nägel mit Köpfen"
Von der Geschäftsführung möchte der Betriebsrat unter anderem wissen, ob tatsächlich ein Trägerwechsel des Ohre-Klinikums angedacht beziehungsweise geplant ist, ob es bereits diesbezüglich schon Verhandlungen oder Verträge mit potentiellen Erwerbern gegeben hat oder diese sogar schon abgeschlossen sind. Weiterhin möchte der Betriebsrat wissen, ob mit einem Betreiberwechsel ein Personalabbau verbunden sei, oder welche Auswirkungen ein Betriebsübergang auf die Mitarbeiter etwa bei Tarifvereinbarungen oder die Betriebszugehörigkeit habe.
Auf eine Antwort wartet der Betriebsrat schon seit Wochen. Auch von der Konzernzentrale, die die gleichen Fragen gestellt bekommen hat, kommt nur Schweigen, sagt Frank Senkel. "Wir haben die Befürchtung, dass ,Nägel mit Köpfen\' gemacht und erst dann die Mitarbeiter informiert werden", so der Haldensleber Betriebsratschef. Um die Geschäftsführung beziehungsweise die Konzernzentrale doch noch zu einer Beantwortung der Fragen zu drängen, wird der Betriebsrat nun eine Frist setzen. Über die Einigungsstelle sollen damit doch noch Auskünfte zur Zukunft des Ohre-Klinikums erzwungen werden.
Zum 1. Januar 2007 hatte die Sana Kliniken AG durch einen Kreistagsbeschluss das ehemalige Ohrekreis-Krankenhaus übernommen. Der Landkreis hatte die Klinik ausgeschrieben. Sana war unter den letzten drei Bietern. Neben Sana waren noch die Johanniter und die Rhön-Kliniken in der engeren Auswahl. Auch die Ameos-Gruppe, die nur einen Steinwurf vom Ohre-Klinikum das Fachkrankenhaus betreibt, hatte sich um das Klinikum beworben, hatte es aber nicht bis zur letzten Auswahl geschafft.
Warum Sana nach nur sechs Jahren das Ohre-Klinikum möglicherweise wieder abstoßen will, bleibt unklar. Kenner der Krankenhaus-Landschaft mutmaßen, dass es eventuell daran liegen könnte, dass Sana im näheren Umfeld der Kreisstadt keine weitere Klinik betreibt. So bleiben Synergieeffekte aus, die eine weitere Wirtschaftlichkeit des Haldensleber Standortes steigern könnten.
48 Krankenhäuser betreibt die Sana Klinken AG deutschlandweit nach eigenen Angaben. Der Standort Haldensleben ist, wie ein Blick auf den "Klinikkompass" auf der Sana-Kliniken-Internetseite zeigt, eine kleine Insel. Während im Norden, Osten, Süden und Westen der Republik mehrere Sana-Kliniken territorial sehr nah angesiedelt sind, steht Haldensleben relativ allein da.
Die Ameos-Gruppe, die in Haldensleben, Oschersleben, Halberstadt und im Salzlandkreis Kliniken beziehungsweise Außenstellen betreibt, könne ein möglicher Käufer für das Ohre-Klinikum sein, kursiert ein Gerücht. Aber auch andere Klinikbetreiber sind möglich. Doch all das sind nur Mutmaßungen und Gerüchte.
Das Ohre-Klinikum ist den Einschätzungen von Experten nach gut aufgestellt. Das hat auch Sana selbst stets bekundet. Nach eigenen Angaben versorgt das Ohre-Klinikum jährlich etwa 14000 stationäre und rund 17500 ambulante Patienten. Mit 460 Mitarbeitern zähle das Klinikum zu einem der wichtigen Arbeitgeber der Region, heißt es in Presseerklärungen. Seit 2007 gehört das Sana Ohre-Klinikum zur Sana Kliniken AG, der viertgrößten privaten Klinikgruppe Deutschlands. Die Sana Kliniken AG versorgt 1,47 Millionen Patienten und zählt mit 23000 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern der Gesundheitswirtschaft, wirbt das Unternehmen.
"Ich finde es schlimm, dass das Klinikum zur Ware wird, welche man kauft - und wenn sie nicht genügend Gewinn erwirtschaftet - auch wieder verkauft. Dadurch kommt natürlich keine Ruhe rein. In den letzten Jahren hatte das Haus schon durch die Zusammenlegung der Standorte, Trägerwechsel sowie Umstrukturierung mit Personalabbau viele Veränderungen durchleben müssen", so Frank Senkel.