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Onlinehandel Halberstädter nutzt moderne Medien für ein uraltes Produkt

Von Sabine Scholz 01.05.2021, 10:39
Jens Kaßmann vertreibt nicht nur Honigprodukte, er wirbt auch für mehr Hilfe für Bienen und Insekten. Und er will mit Praxistipps anderen Händlern und Dienstleistern beim Aufbau von Onlineshops helfen.
Jens Kaßmann vertreibt nicht nur Honigprodukte, er wirbt auch für mehr Hilfe für Bienen und Insekten. Und er will mit Praxistipps anderen Händlern und Dienstleistern beim Aufbau von Onlineshops helfen. Foto: Kaßmann

Halberstadt

Er hat seine Berufung gefunden. In jedem Satz schwingt Begeisterung mit, wenn Jens Kaßmann über das berichtet, was er seit Anfang 2020 von Halberstadt aus tut. Der Magdeburger betreibt einen Onlinehandel mit Met-Produkten.

Nach Halberstadt sei er der Liebe wegen gezogen, erzählt der 49-Jährige. Seit fünf Jahren lebt er in der Domstadt, in der er sich auch beruflich neu orientiert hat.

Veränderung ist für den Familienvater kein Fremdwort, er war viel unterwegs in seinem Leben. Den Diplom-Informatiker führte es nach dem Studium an der Magdeburger Universität an viele Orte in Deutschland. Immer wenn es die Projekte in seinem Job erforderten. Sowohl im Angestelltenverhältnis als auch als Selbstständiger hat er viele Erfahrungen gesammelt, sich immer wieder neue Herausforderungen gesucht.

Wunsch nach neuem Stammtisch

Wobei, der berufliche Neustart, dafür habe er ein schlechtes Timing gewählt, sagt er rückblickend. Denn die Entscheidung, sich mit einem Onlineshop selbstständig zu machen, sei gefallen, „als die Welt fast noch in Ordnung war. Aber dann kam Corona.“ Weil er im Jahr 2019 noch keinen Handel mit Met-Produkten betrieb, konnte er mit seinem neuen Unternehmen keinen Umsatz nachweisen. „Das heißt, es gab auch keinerlei Corona-Hilfen für mich als Unternehmer.“

Existenziell ging und geht das an die Substanz. Statt investieren zu können, mussten Rücklagen für den Lebensunterhalt helfen. Aber Kaßmann ist keiner, für den das Glas halb leer ist. Und der nicht nur auf das eigene Dasein schaut.

„Es muss doch nicht jeder die gleichen Fehler machen“, sagt er. Weshalb er auf der Suche ist nach Unternehmern, die sich mit ihm zu einem Online-Stammtisch treffen wollen. Natürlich gerne auch persönlich, sobald das wieder geht, aber in der aktuellen Situation auch in der digitalen Variante.

Den Händler freut, dass Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU) während einer Pressekonferenz Unterstützung für den Aufbau solch eines Stammtisches versprach. Lokale Unternehmer in Sachen Digitalisierung noch besser zu vernetzten, könne nur gut sein. Wobei die Nutzung von Internetplattformen für den Vertrieb der eigenen Produkte und Dienstleistungen nur ein Aspekt dessen ist, was sich hinter dem Projekt „digital-lokal“ verbirgt. Es gehe auch darum, die Chancen zu nutzen, die die modernen Medien für die Effizienz von Betriebsabläufen bietet. Eine Erkenntnis, der auch Mitglieder der Roland-Initiative mehr Geltung im unternehmerischen Denken verschaffen wollen.

Anforderungen sind beherrschbar

Am Donnerstag startete in Halberstadt eine Reihe von Seminaren, in denen es um die Wissensvermittlung in Sachen Digitalisierung und Onlinehandel geht (siehe grüner Kasten). Für Kaßmann selbstverständlich, dort mitzumachen und von den Fallstricken zu berichten, die es auch bei diesen Vertriebswegen gibt.

Es macht viel Arbeit, einen ordentlichen Internetauftritt zu entwickeln, „aber man muss keine Angst davor haben. Das ist alles beherrschbar“, sagt Kaßmann.

Dass er aus der IT-Branche kommt, war für ihn sicher hilfreich. Doch vieles, was zu es zu beachten gilt, hat nichts mit IT-Kenntnissen zu tun: rechtliche Fragen, Bezahlwege und Ähnliches. Auch die Frage, ob man Plattformen wie Amazon oder E-Bay nutzt, will überlegt sein. „Wenn man eine eigene Marke aufbauen will, einen Wiedererkennungseffekt, dann sind so große Anbieter keine gute Wahl. Da ist man völlig anonymisiert als Händler“, so Kaßmann. Wenn ein Kunde sehr zufrieden war und gerne wieder bei diesem Händler kaufen wolle, sei das oft schwierig – weil man in der Masse der Anbieter verschwinde. Zumindest, wenn es um individueller Produkte gehe.

Bewusst für dieses Produkt entschieden

Wie Met. Für den habe sich Kaßmann aus mehreren Gründen und ganz bewusst entschieden, berichtet der Halberstädter. Der Honigwein sei mit das erste alkoholische Getränk der Menschen gewesen, älter als Traubenwein. Es fördere die Geselligkeit – wenn die denn wieder zulässig ist – sei gesund und ein Produkt, das auch nachhaltiges Wirtschaften unterstütze.

Vor allem in nördlichen Regionen Europas gebe es noch viele kleine Produzenten, die mit traditionellen Verfahren und nach seit Generationen überlieferten Rezepten Met herstellten. „Das ist nicht zu vergleichen mit den industriellen Produkten“, ist Kaßmann überzeugt. Zugleich helfe es, Bienen zu schützen, lieferten die ja den Rohstoff des Getränks. Bis zu 300 Gramm Honig sind für einen Liter Met erforderlich. Allerdings gebe es immer weniger Imker. Vielleicht auch, weil die Honiggewinnung viel Handarbeit erfordere. Er sei auf der Suche nach Honiglieferanten, die ihre Völker bevorzugt auf Flächen fliegen lassen, die nach ökologischen Aspekten bewirtschaftet werden.

Wenn er über Bienen und deren Schutz redet, kommt Kaßmann schnell in Fahrt. Dieser Aspekt ist ihm wichtig und, so sagt er, er freue sich darauf, im Sommer in einem eigenen Ladenlokal mit Kunden über Bienen, Honig und Met ins Gespräch kommen zu können. Denn der Onlinehändler will ein kleines Geschäft in der Altstadt aufmachen. Ganz traditionell. Und ganz modern als Ausgangspunkt seines Versandhandels.