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Jerusalema-Challenge Halberstadts Krankenhaus tanzt

Von Sabine Scholz 23.04.2021, 17:42
Jacqueline Hempfe von der Zentralen Patientenaufnahme (rechts) nimmt hier von Sabrina Kalkbrenner das Essen entgegen. Die kostenlose Mahlzeit aus dem Foodtruck war ein Dankeschön des Regionalgeschäftsführers Ameos Ost für den gelungenen Beitrag zur Jerusalema-Challenge des Halberstädter Ameos-Klinikums.
Jacqueline Hempfe von der Zentralen Patientenaufnahme (rechts) nimmt hier von Sabrina Kalkbrenner das Essen entgegen. Die kostenlose Mahlzeit aus dem Foodtruck war ein Dankeschön des Regionalgeschäftsführers Ameos Ost für den gelungenen Beitrag zur Jerusalema-Challenge des Halberstädter Ameos-Klinikums. Foto: Sabine Scholz

Halberstadt

Mehr als 42.600 Aufrufe bislang. Das kann mit den Millionenclicks anderer Videos der Jerusalema-Dance-Challenge nicht mithalten. Allerdings ist das Video auch erst seit gut einer Woche auf der Internetplattform Youtube zu sehen. Dass es schon so viel gesehen wurde, freut jene, die dabei mitgemacht haben. Und die, die sich das Video mit dem Gute-Laune-Song anschauen, erleben das Ameos-Klinikum Halberstadt mal aus einem ganz neuen Blickwinkel. Wann sieht man schon mal ein Krankenhaus tanzen.

Die Idee dazu entstand fast parallel, aber Pflegedirektorin Beatrice Weiß traute sich erst nicht, sie zu äußern. „Alle bei uns, von der Reinigungskraft bis zum Chefarzt, hatten zum Jahreswechsel die Nase gestrichen voll, man spürte, das alle mental am Ende sind“, blickt Weiß zurück. Denn anders als die meisten, „die sagen, dass sie ,Corona’ nicht mehr hören können, begleitet uns das Thema ja auch während der Arbeit und nicht nur, wenn wir nach Hause kommen.“

Kreatives Potenzial

Was also tun? Schließlich dauerte der kräftezehrende Krisenmodus schon Monate und ein Ende ist im Gesundheitswesen nicht im Sicht, „Die Krise betrifft jeden, aber die Pandemielast tragen die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen“, ist Freddy Eppacher überzeugt. Um so mehr habe den Regionalgeschäftsführer Ameos Ost überrascht, welches kreatives Potenzial in der Belegschaft steckt. Und noch etwas ist ihm wichtig: „Das Video rückt den Standort Halberstadt mal ins richtige Licht.“ Denn solch ein zusätzlicher Aufwand in der Freizeit werde nur von einem Team geleistet, das sich im großen und ganzen wertgeschätzt fühle. Weshalb es ihm ein Bedürfnis sei, der Belegschaft ein Dankeschön zu spendieren.

Ihm wäre eine große Party lieber gewesen, aber auch hier schlagen die coronabedingten Beschränkungen zu. Also gab es gestern für alle, die wollten, eine kostenlose Mahlzeit aus dem Foodtruck von Michel Kalkbrenner. Mit seiner Frau Sabrina, Mitarbeiterin Heike Lücke und Doris Rünzel von PartyTour hatte er zwischen 11 und 15 Uhr alle Hände voll zutun. „Endlich können wir mal wieder was tun“, sagt Sabrina Kalkbrenner, als der erste Ansturm Hungriger etwas abebbt.

Hilfe von Veranstaltern

Die Krise trifft die Veranstaltungsbranche hart. Aber die Kontakte untereinander werden gepflegt, weshalb Doris Rünzel Katharina Fleischer vom Ameos-Klinikum bei der Organisation des Dankeschön-Essens unterstützen konnte.

Man habe die Standzeit so gelegt, dass es in den Dienstwechsel fällt. „Nur die Nachtschicht kann leider nicht profitieren“, bedauert Beatrice Weiß. Aber einige sind auch aus ihrer Freizeit gekommen, um sich Essen zu holen. So wie sie auch aus dem Urlaub und dem Dienstfrei kamen, um bei den Dreharbeiten für die Jerusalema-Dance-Challenge dabei zu sein.

Gemeinschaftliches Erlebnis

„Ich war überrascht, als bei der Stationsleiterdienstberatung zwei Kolleginnen sagten, sie würden da gern Jerusalema tanzen. Das fand ich toll, weil ich mich ja nicht getraut hatte, zu fragen. Schließlich ist das eine enormer zusätzlicher Aufwand“, so die Pflegedirektorin.

Aber einer, der genau das bewirkte, was so wichtig ist in Zeiten, in denen die Teams nicht mal gemeinsam Pause machen dürfen: Gemeinschaft zu erleben, etwas zu tun, das Freude bereitet und Kraft gibt. „Das wirkt immer noch nach“, sagt Weiß. „Es gibt immer wieder sehr emotionale Rückmeldungen von Menschen, die das Video gesehen haben. Das freut uns sehr.“

Als das Zeichen aus der Belegschaft kam, begann die Organisation. Schnell wurde klar, dass alles mit eigener Kraft umsetzbar ist. Oberarzt Jörgen Kohl übernahm die Choreografie. Nicht der Tanzschritte, sondern der einzelnen Beiträge aus den Stationen. „Wir hatten alle gebeten, sich Gedanken zu machen. 15 Mal Leute auf dem Flur wollten wir nicht filmen“, sagt Kohl.

Gute Laune

Es gab viele Ideen, manches musste verworfen werden, weil es im Video nicht so wirkte, wie es sich die Akteure vorgestellt hatten. Am Ende sind es viele Einblicke in den Klinikalltag, die sich in dem Tanzvideo widerspiegeln.

Gefilmt hat Kardiologie-Chefarzt Andreas Meyer-Wernecke. Er filmt nicht nur Herzkranzgefäße, wie er schmunzelnd sagt, sondern in seiner Freizeit greift er gern zu Fotoapparat und Videokamera. Er organisierte auch die Drohne, mit der Aufnahmen am Krankenhaus, sowie auf dem Domplatz entstanden. Mitarbeiter der Rettungsdienste waren sofort bereit, bei der Challenge mitzumachen.

Entstanden ist ein Film, dessen Musik gute Laune macht, der die vielfältigen Aufgaben und Angebote des Hauses zeigt und zugleich Werbung für Halberstadt ist. Am Ende, sagt Beatrice Weiß rückblickend, waren alle glücklich. Die extreme Anspannung der Monate hatte sich in dem kreativen Miteinander gelöst, die Bereitschaft sei überwältigend gewesen, in der Freizeit allein zu Hause die Schritte zu üben, bei den oft mehrfach zu wiederholenden Aufnahmen auf den Stationen mitzumachen und dafür Pausen, Urlaub und freie Tage sausen zu lassen. „So mancher, der wollte, konnte nicht dabei sein, der Klinikalltag muss ja laufen. Aber es ist ein Film entstanden, der uns allen am Herzen liegt.“ Zwischen Dreh und Freigabe vergingen noch einige Wochen, aber nun ist es online, das tanzende Krankenhaus.