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Gelungene Premiere der Theatergruppe Erxleben unter freiem Himmel Heilender Holzfäller sorgt für komische Situationen am Stück

Von Carina Bosse 01.09.2011, 06:27

Molièress Komödie "Arzt wider Willen" wählte die Theatergruppe Erxleben für ihr diesjähriges Sommerstück. Die Freiluftatmosphäre verleiht der Aufführung einen ganz besonderen Charme. Dreimal kommt das Stück am kommenden Wochenende noch zur Aufführung.

Erxleben. Den ganzen Tag über hatten Marina und Ulrich Wahrendorf voller Sorgen die Entwicklung des Wetters im Internet verfolgt. Schließlich sollte die Premiere des Sommerstückes der Theatergruppe Erxleben unter freiem Himmel aufgeführt werden. "Als wir mitbekamen, dass die Premiere am Wochenende des Haldensleber Altstadtfestes liegt, ahnten wir schon Schlimmes", blickte Marina Wahrendorf wissend, dass es dann eigentlich immer regnet, zurück.

Doch für die Mimen sollte es am Sonnabend zur Premiere ein nahezu regenfreies Ende nehmen. Lediglich kurz vor Aufführungsschluss kamen ein paar Wassertropfen aus den Wolken, die sich aber schnell wieder verzogen. Das Publikum war mit warmen Jacken und Kapuzen, Decken und Kissen ohnehin gut ausgerüstet.

Die Mühen der Vorbereitung hatten sich gelohnt, denn das Ensemble brachte mit Molièress "Arzt wider Willen" ein äußerst erfrischendes Stück Theatergeschichte auf die Bühne im Biergarten des "Gasthauses zur Post".

Der aus heutiger Sicht etwas holprigen alten Sprache setzten die Akteure Charme, Originalität und Spielwitz entgegen. "Ich hätte gern mehr Text gehabt", gestand im Anschluss an die gelungene Premiere Janine Gebert. Angeblich erkrankt, hatte sie als Lucinde ihre Sprache verloren und musste ihre Auftritte auf der Bühne zunächst nur mit Mimik und Gestik gestalten – eine schwere Aufgabe, wie sie sagte, denn so müsse man stets darauf achten, was man tut und wie man es tut.

Ohne eine Spielpause wurde die Geschichte von Sganarelle (Ulrich Wahrendorf), dem Holzfäller, der aus Rache seiner Frau Martine (Gudrun Wahrendorf), zum Arzt gemacht wird, und dem verliebten Paar Lucinde und Lèandre (Bodo Benzing), erzählt. Einzigartig unterhaltsam wird die Aufführung durch die Situationskomik, die entsteht, wenn die Handelnden aufeinandertreffen. Zum Beispiel die Begegnung von Sganarelle mit Lucas (Bernd Zumpe), dem Bediensteten des Herren Géronte (Jürgen Wölkerling). Lucas zweifelte noch an den Worten von Martine, die ihm nachdrücklich schilderte, dass ihr holzfällender Mann nur zugibt, Arzt zu ein, wenn er ordentlich gezüchtigt werde. Oder die Begegnung des vermeintlichen Heilkundigen mit der Amme Jacqueline (Ulrike Wahrendorf), mit der er am liebsten sofort angebandelt hätte.

Ulrich Wahrendorf brilliert in den verschiedensten Situationen. Sie vielseitige, aber auch sprechintensive Rolle des Sganarelle scheint ihm auf den Wams geschneidert.

Als Madame Robert und Souffleuse hatte Marina Wahrendorf keine leichte Aufgabe, denn sie verfolgte den Text aus der ersten Reihe heraus und musste stichwortgenau auf die Bühne springen, um ihre Rolle zu spielen. Selbst diese aus den Gegebenheiten heraus geborene Situation entlockte dem Publikum Lacher.

Wohl nicht eingeplant sorgte auch eine Hauskatze für einige belächelte Auftritte. Durch ihr Revier streifend, dürfte sich der Vierbeiner sehr gewundert haben, was denn gerade an diesem Abend für ein Haufen Leute im Biergarten Platz genommen hatte. Ungläubig streifte sie nicht nur über die Bühne, sondern auch an den Beinen der Zuschauer entlang.

Unter den Augen des Publikums und einem Zeltdach agierte Techniker Matthias Wellmann. Licht und der Ton, das heißt hauptsächlich die Musik von Antonio Vivaldi, mussten passgenau eingestellt und eingespielt werden.

Der lang anhaltende Applaus veranlasste Ulrich Wahrendorf schließlich mehrfach die Besucher "Ab nach Hause!" zu schicken. Von Bürgermeister Klaus Busse gab es eine Rose für die Schauspieler und noch mehr Applaus.

Besuchern der noch anstehenden drei Aufführungen sei empfohlen, sich wettertechnisch gut zu rüsten und vielleicht eine Decke mitzubringen. Dann kann dem Theatergenuss unter freiem Himmel eigentlich gar nichts mehr passieren.