Halberstadt l „Wir stehen kurz vor der Schließung.“ – Diese Meldung sorgte für Wirbel, nicht nur in Athenstedt, mit 335 Einwohnern der kleinste Ortsteil Halberstadts. Via Facebook haben Eltern der Kindertagesstätte „Pustblume“ publik gemacht, dass der Einrichtung ab Sommer 2019, nach der Einschulung, Kinder fehlen. Ist die Situation für andere Kitas der Stadt ebenso dramatisch?
„Nein“, betont Peter Kuschel, als Fachbereichsleiter unter anderem für die aktuell 16 kommunalen Kindereinrichtungen in Halberstadt zuständig. „Es ist mit keinen Schließungen zu rechnen.“
Im Gegenteil: Zum nächsten Monat übernimmt die Stadt eine weitere Tagesstätte, das „Spatzennest“ in Aspenstedt, sagt Kuschel. Bisher war der Internationale Bund (IB) der Träger. In dem Haus können 35 Mädchen und Jungen betreut werden. Damit gehört das „Spatzennest“ zu den kleinsten Kitas der Stadt. Die größten sind die Tagesstätte „Bummi“ mit dazugehörigem Hort (210 Plätze) in der NW-10-Straße 5 und das „Kinderland“, ebenfalls inklusive Hort, in der Osterwiecker Straße 1 (310 Plätze).
Die Auslastung der meisten Einrichtungen ist sehr gut, berichtet Peter Kuschel, „meist zwischen 80 und 100 Prozent“. Zumindest in der Kernstadt und im Schachdorf Ströbeck (rund 82 Prozent).
In den Orten drum herum sieht die Statistik nicht überall so rosig aus. In der „Hoppelnase“ in Langenstein etwa gibt es für doppelt so viele Kinder (120) Plätze, wie aktuell belegt sind. Die Kita „Holzbergwichtel“ in Sargstedt ist nur zu 63 Prozent ausgelastet, „Kunterbunt“ in Klein Quenstedt zu 66 Prozent, „Emerslebener Storchenkinder“ zu 68 Prozent.
Negativer Spitzenreiter ist jedoch Athenstedt. 2018 lag die Auslastung in der „Pusteblume“ lediglich bei rund 31 Prozent. Platz wäre für insgesamt 28 Kinder, doch derzeit werden nur acht Mädchen und Jungen betreut.
Dennoch hält die Stadt an allen Einrichtungen fest. „Wir haben sieben Kitas in sieben Ortsteilen und das soll auch so bleiben, wenn es irgendwie geht“, betont der Fachgebietsleiter. Er sei optimistisch, dass in Athenstedt die Anmeldezahlen bald reichen werden, um die Einrichtung weiter betreiben zu können.
Langfristig solle dann der Einrichtung ein neues Profil gegeben werden, um mehr Eltern – insbesondere Berufspendler zwischen Halberstadt und Niedersachsen – für sie zu begeistern. Eine Ausrichtung nach Kneipp (Wasserheilverfahren) oder Montessori mit dem Grundsatz „Hilf mir, es selbst zu tun!“ seien denkbar, erste Gespräche zwischen Stadt, Erziehern und Ortsbürgermeister bereits geführt. Kitas mit solchen Alleinstellungsmerkmalen, so die Erfahrung Kuschels, seien gefragt.
An den Beiträgen, die Eltern für einen Platz zahlen, ändere sich dadurch nichts. Nach dem Solidarprinzip kosten alle Kindergartenplätze im Stadtgebiet gleich viel – egal ob sie in kommunaler oder freier Trägerschaft sind, informiert Kuschel. Zwölf Einrichtungen in Halberstadt werden nicht von der Stadt selbst betrieben. Andere Träger sind die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), das Cecilienstift und die Caritas. Es gibt zwei evangelische Einrichtungen und einen Waldorfkindergarten.
Egal, für welche Einrichtung sich Eltern in der Kreisstadt entscheiden, für die tägliche Zehn-Stunden-Betreuung eines drei bis sechsjährigen (Einzel-)Kindes müssen sie 181 Euro pro Monat zahlen. Mit Blick auf Nachbargemeinden ist das relativ viel – in Quedlinburg fallen für einen vergleichbaren Platz 139 Euro an, in Wernigerode 163 Euro, in Blankenburg 152 Euro, acht Euro mehr sind es im Vorharz. Die günstigste Kinderbetreuung gibt es in Gemeinde Nordharz mit 135 Euro für einen Zehn-Stunden-Platz.
Rund 1600 Kinder besuchen derzeit eine städtische Kindertagesstätte in Halberstadt. „Die Zahl ist seit mindestens vier Jahren konstant“, berichtet Peter Kuschel nach einem Blick in die Statistik. Betreut werden die Mädchen und Jungen von 185 Erziehern und Leitern – diese Zahl ist ebenfalls seit Jahren beinahe unverändert.
Der Männeranteil ist relativ niedrig – zum Beginn des nächsten Monats sind es neun Erzieher und ein ständiger Vertreter. Obwohl männliche Mitarbeiter immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert werden, könnten es nach Ansicht Kuschels, selbst mehrfacher Großvater, mehr sein. Denn, so werde es ihm immer wieder berichtet, bei den Kindern kommen die Männer gut an.
Aktuell sind aber keine Stellen zu besetzen, berichtet der Fachbereichsleiter. Jedoch steht der Verwaltung in absehbarer Zeit die Herausforderung bevor, was den Personalbestand angeht. „Bis 2023 verlassen uns 35 Mitarbeiter, weil sie in den Ruhestand gehen.“
Herausfordernd ist es auch, die Gebäude in Schuss zu halten – angesichts der aktuellen Haushaltslage der Stadt. So war die Sanierung des „Ententeichs“ eigentlich schon beschlossene Sache – muss nun aber verschoben werden. „Das steht ganz oben auf der Prioritätenliste“, betont Kuschel. Auch das Dach und die Elektrik im „Sonnenschein“ müssen noch warten. Wenn es um einen frischen Wandanstrich oder die Gestaltung der Außenanlagen geht, packen die Eltern oft selbst an. „Dafür sind wir dankbar. Das hilft sehr“, sagt Peter Kuschel.