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Viele Apotheken beteiligen sich heute zur Mittagsstunde an einer Protestaktion Medizin nur durch die Notdienstklappe

Von Mario Heinicke 28.02.2013, 02:12

Viele Apotheken werden heute zwischen 12 und 13 Uhr ihre Patienten nur über Notdienstklappen versorgen. Mit diesem bundesweiten Aktionstag wollen die Apotheken auf die gering honorierten Notdienste aufmerksam machen.

Osterwieck/Landkreis l Für den Osterwiecker Apotheker Lutz Leupold ist es keine Frage, am Aktionstag teilzunehmen. "Ich stehe zu hundert Prozent dahinter." Für die heutige Mittagsstunde hat er Informationsblätter zum Verteilen vorbereitet und steht auch für Gespräche bereit. Die Haupttür zur Fallstein-Apotheke wird eine Stunde geschlossen bleiben, über die Notdienstklappe wird der Betrieb aber aufrecht erhalten. "Es könnte zu etwas längeren Wartezeiten kommen", schätzt Leupold.

Worum geht bei der Protestaktion? Die einzige Vergu¨tung, die die Apotheker fu¨r den Notdienst erhalten, ist die Gebu¨hr von 2,50 Euro pro Patientenbesuch. Sie reicht nicht, die Kosten fu¨r die Dienstbereitschaft zu decken. Um einen geringen Ausgleich dieser Unterfinanzierung zu leisten, hatte die Regierungskoalition im Herbst 2012 beschlossen, zusätzlich 120 Millionen Euro pro Jahr fu¨r die Apothekennotdienste zur Verfu¨gung zu stellen. Bisher wurde das aber nicht umgesetzt. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl wollen die Apotheker Druck machen, dass das noch vorher passiert.

Die Fallstein-Apotheke von Lutz Leupold ist alle zwölf Tage an der Reihe mit einem Notdienst. Die Osterwiecker teilen sich die Termine mit 22 weiteren Apotheken bis nach Benneckenstein. Wobei stets zwei gleichzeitig Dienst haben, davon immer eine in Wernigerode. "So muss keiner weiter als 20 Kilometer fahren", erklärt Leupold das System.

Notdienst ist immer von 8 bis 8 Uhr, also 24 Stunden lang, auch an den Wochenenden. Unter der Woche, wo ja tagsüber auch geöffnet ist, schätzt Leupold die Kosten für die Absicherung des Notdienstes mit allem drum und dran auf 200 Euro, am Wochenende auf das Doppelte. An Einnahmen stehen bis jetzt besagte 2,50 Euro pro Patient. "Zu uns kommen pro Notdienst null bis sechs Leute", weist Leupold mit Zahlen auf das Problem der Apotheken auf dem Lande hin. 40 bis 50 Kunden wären nach seiner Einschätzung nötig, um kostendeckend zu arbeiten. Aber das gelinge wohl nur in größeren Städten. "Die Pauschale pro Notdienst kommt vor allem Apotheken im ländlichen Raum zugute", erklärt deshalb Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes.

"Die Luft wird immer dünner", sagt Lutz Leupold für seinen Berufsstand. Der unterbezahlte Notdienst sei nicht das einzige Problem. Die Gewinnspanne der Medikamente sinke, der bürokratische Aufwand bei der Arbeit erfordere immer mehr Personal und damit Kosten.

"Wir hoffen, dass alle Apotheken an der Aktion teilnehmen", erklärt Geschäftsführerin Dr. Christine Heinrich von der Landes-Apothekenkammer. Auf Volksstimme-Nachfrage bestätigte der Großteil der Wernigeröder Apotheken ihre Teilnahme. Nur die Apotheke Westerntor gab an, sich nicht zu beteiligen. Die Apotheke Forum hatte sich gestern noch nicht entschieden.

Geteilte Meinungen gibt es in Halberstadt. Dr. Bernd Nowak zum Beispiel erklärte, er halte nichts von der Aktion. Der Inhaber der Apotheke Am Wasserturm: "Die eine Stunde ist lächerlich. Ein ganzer Tag würde da mehr bringen."

Claudia Steffens sieht dies völlig anders. Die Chefin der Linden-Apotheke: "Wenn alle eine Stunde schließen, bewirkt es vielleicht ja doch was."