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Acht junge Leute nutzen die Herbstferien für ein Hereinschnuppern in die Wirtschaft Mit 14 Jahren schon die Chefetage erobert

Von Carina Bosse 26.10.2011, 06:20

"Drei Tage Chef" sein wollten acht Jugendliche und versuchten sich im Unternehmen Giggel Vorrichtungsbau in Bösdorf in Leitungsfunktionen. In der Chefetage lösten sie verschiedene Aufgaben.

Bösdorf l Viele scheuen die Selbständigkeit, weil Chancen und Risiken einfach zu unberechenbar, die Arbeit zu viel und der Aufwand riesig groß ist. Trotzdem - oder gerade deshalb - schlummert ein großes Potenzial in der Selbstständigkeit. Dieses aufzuzeigen und jungen Leuten schmackhaft zu machen, ist das Landes-Projekt "Drei Tage Chef" angetreten. Acht junge Leute zwischen 14 und 19 Jahren aus Havelberg, Wahlitz und der Nähe von Schönebeck nutzten ihre Herbstferien, um Wirtschaftsluft zu schnuppern.

"Was bedeutet Selbständigkeit, welche große Chance steckt überhaupt dahinter, das wollen wir den Jugendlichen zeigen", berichtete Projektleiterin Juliane Wolf. Ziel sei es, perspektivisch die Selbständigkeit im Land gerade im technologischen Bereich zu erhöhen

Die Projektleiterin begleitete Simon Busse, Lisa Lippold, Nicole Skibbe, Beatrice Sonder, Sarah Steinbach, Maximilian Thiel, Tim Wilke und Laura Witting drei Tage lang im Unternehmen Vorrichtungsbau Giggel in Bösdorf.

Bernd Giggel und Juliane Wolf lernten sich während einer Berufsorientierungsmesse am Haldensleber Gymnasium kennen. Dem Unternehmer gefiel die Idee, er sagte spontan seine Unterstützung zu. In Bösdorf vor den Toren von Oebisfelde und Wolfsburg fertigt sein Betrieb unter anderem Teile für die Automobilbranche, ist aber auch im medizinischen Sektor tätig. Forschung und Entwicklung hängen im Unernehmen eng zusammen. "Wir machen zu wenig Werbung für unsere Ausbildung", räumt Bernd Giggel ein. Dabei bietet sein Betrieb mit dem Technischen Zeichner (mit späterer Studiumsoption), dem Maschinen- und Anlagenbediener sowie dem Zerspanungsmechaniker gleich drei Ausbildungsrichtungen an.

Doch wie kann man die Anwerbung junger Leute verbessern? Genau bei dieser Frage sprangen die "Chef-Praktikanten" ein. Eine Gruppe mit Simon Busse, Lisa Lippold, Tim Wilke und Laura Witting widmete sich während der drei Tage dem Personalbereich. Betriebsmitarbeiter Alexander Neu unterstützte die jungen Leute bei ihren Recherchen.

"Haben uns überlegt, wie wir junge Leute noch besser ansprechen könnten"

Maximilian Thiel, Schüler

Nach nur zwei Tagen im Vorrichtungsbau Giggel legten die vier Jugendlichen genau wie eine zweite Gruppe eine fertige Präsentation vor. Simon Busse moderierte den Personalbereich, Maximilian Thiel im Anschluss eine auf das Unternehmen zugeschnittene Messepräsentation. Doch nahezu jeder Teilnehmer beteiligte sich an der Vorstellung der Ergebnisse.

"Wir haben uns überlegt, ausgehend von unseren eigenen Gewohnheiten, wie man junge Leute noch besser und intensiver ansprechen könnte", sagte Maximilian. Dabei sei sein Team neben Aushängen in Schulen und Messepräsentationen auf Werbung im Radio gekommen. Junge Leute hören demnach morgens nach dem Aufstehen und auch abends Radio.

Der Geschäftsführer und sein Team zeigten sich im Anschluss beeindruckt von den Inhalten, die die jungen Leute angepackt hatten. Die Idee, mit Radiowerbung junge Leute anzusprechen, war ihm neu und sei überlegenswert. Einzig bei der Kostenaufstellung gab der erfahrene Wirtschaftsboss zu bedenken, dass die Ideenfindung nicht eingeflossen war. Auch an der Teambildung könne noch gearbeitet werden, denn während so einer Präsentation zum Beispiel müsse jeder mindestens einmal zu Wort kommen. Das klappte immerhin fast. Auch sein Mitarbeiter Hans-Helmut Huchel war positiv überrascht angesichts eines "Give aways", dass die erste Gruppe entworfen und in der Produktion bauen lassen hatte. "Wenn wir mal etwas gemacht haben wollen, brauchen wir viel länger", sagte er schmunzelnd.

"Die praktischen Erfahrungen fehlen jungen Leuten, die frisch von der Schule kommen"

Bernd Giggel, Geschäftsführer

Aufgabe war: Das Firmenlogo sollte sich darin wiederfinden und zugleich sollte es etwas Nützliches als "Mitbringsel" sein. Heraus kam ein - allerdings noch kostenintensiver - Kugelschreiberhalter für den Schreibtisch. Doch die Möglichkeiten der Kostenoptimierung lieferten die Mädchen und Jungen in ihrer Präsentation gleich mit. Den Stress auf Messen konnten die Mitglieder des Teams 2 natürlich nicht so schnell kennenlernen, doch sie zehrten von den Erfahrungen der Giggel-Mitarbeiter wie Alexander Neu. Ihre Präsentation zeigte Wege auf, wie ein Unternehmen sich erfolgreich in Szene setzen könnte. Ihr "Give away" hatte passend zur Messepräsentation auf der IAA die Form eines Reifens und das Logo samt Internetadresse der Firma.

"Die praktischen Erfahrungen fehlen den jungen Leuten, wenn sie von der Schule ins Berufsleben wechseln", sagte Bernd Giggel. Acht Stunden zu arbeiten, sei etwas anderes als der Schulbesuch. Auch auf die generationsübergreifende Arbeit müsse man sich einstellen. Das alles konnten die "Drei Tage Chef"-Teilnehmer live erfahren.

"Drei Tage Chef" in Bösdorf war die vierte von insgesamt sechs Stationen. Das auf zwei Jahre ausgelegte Projekt wird mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Jeder junge Mensch, der einmal erleben möchte, was es heißt, selbständig zu sein, kann daran teilnehmen.