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Pflege Krankenschwester mit Leib und Seele

Internationaler Tag der Pflege: Drei Krankenschwestern werfen im Volksstimme-Gespräch einen Blick auf ihren sich wandelnden Alltag.

Von Sabine Scholz 12.05.2020, 11:55

Halberstadt l Die Pflege habe ihr gefehlt, sagt Marika Strube. Weshalb sie im Jahr 2000 mit wehenden Fahnen die Chance ergriff, nach sieben Jahren als Schwester in einer Hausarztpraxis wieder im Krankenhaus arbeiten zu können. Sie sieht ihren Beruf als Berufung, das wird im Gespräch mit der fröhlichen Frau immer wieder deutlich.

Auch wenn die 49-Jährige durchaus kritisch zu manchen aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen steht, sie liebt, was sie tut. Seit einem Jahr ist sie als Schwester in der Notaufnahme des Ameos-Klinikums Halberstadt tätig. Wie schon von 2000 bis 2004. Damals lief ihr befristeter Vertrag aus, durch den Trägerwechsel war ihre Zukunft ungewiss, sie wechselte für einige Jahre nach Wolfenbüttel.

Gelernt hat die Zillyerin, die eigentlich Tierärztin werden wollte, in den Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg. Zu DDR-Zeiten waren Veterinärmedizinstudienplätze knapp. Ihr zweiter Wunsch als Lehrer zu arbeiten, wurde ihr verwehrt – sie war nicht staatstreu genug. Und dann entschied sie sich, Krankenschwester zu werden. Eine Entscheidung, sie bis heute nicht einen einzigen Tag bereut hat. Nicht umsonst hat sie viele Chancen zu Weiterbildungen genutzt, zum Beispiel als Diabetesassistentin und Ernährungsberaterin.

Dass sie seit einem Jahr wieder in Halberstadt tätig ist, freut sie sehr, sie fühlt sich im wohl im Team. Angesprochen auf die aktuelle Debatte um Ameos, sagt sie nur: „Ja, es gibt Probleme, aber die gibt es auch in jedem anderen Krankenhaus, auch in denen öffentlicher Träger.“

Rund 300 Mitarbeiter sind im Pflegebereich des Ameos-Klinikums Halberstadt tätig, ist von Pflegedirektorin Beatrice Weiß zu erfahren. Viele sind wie Marika Strube um die 50, Nachwuchs wird dringend gesucht. Um die Pflegekräfte zu entlasten, habe man alle Servicetätigkeiten aus den Aufgaben der schwerstern und Pfleger verbannt, Essen zum Patienten zu bringen, Transportdienst zu Untersuchungen und Co. sind ebenso nicht mehr Alltagsbestandteil wie das Putzen.

„Und doch, mehr Zeit für Gespräche mit Patienten haben wir nicht“, berichtet Birte Hohmann. „Was auf der einen Seite an Zeit gewonnen wurde, wird von den bürokratischen Anforderungen aufgefressen“, sagt die Schwester, die auf der Kardiologiestation des Halberstädter Krankenhauses arbeitet. Seit 1985, mit Start der Ausbildung, ist sie am Haus, hat noch Zeiten in Erinnerung, als die Patienten oft wochenlang im Krankenhaus lagen, abends wurden die Rücken mit Franzbranntwein eingerieben, ein Plausch inklusive. Heute verweilen die Patienten zwischen drei bis fünf Tage, selbst nach Herzinfarkten sind sie oft nach fünf Tagen wieder zuhause. „Die Entwicklung ist schon Wahnsinn“, sagt Hohmann. Es werde mehr und mehr auf ambulante Betreuung gesetzt. „Das heißt für uns aber auch, dass die erforderliche Arbeit, auch gerade bei der Dokumentation, in der kurzen Zeit geleistet werden muss“, ergänzt Pflegedirektorin Weiß. Die Zeiten, als die Krankenakte nur eine Seite umfasste, sind lange vorbei.

Das weiß auch Kathrin Stanislav, zumal sie gerade kurz vor Abschluss ihrer Weiterbildung zur Stationsleiterin steht und da viele Verwaltungsaufgaben auf sie zukommen – von der Personalplanung bis zum Belegungsmanagement. Sie ist auf der Frühchenstation des Krankenhauses tätig. „Ein schöner Beruf“, sagt sie, „wenn man die Entwicklung der Kinder sieht und sie gesund die Klinik verlassen können, das ist ein tolles Gefühl.“

Mit Kindern wollte sie schon immer etwas zu tun haben, deshalb stand eigentlich Hebamme auf dem Berufswunschzettel. „Aber ich habe damals verschlafen, und war zu spät beim Bewerbungsgespräch“, erinnert sie sich. Einen Tag später durfte sie sich aber um eine Stelle als Kinderkrankenschwester bewerben und wurde genommen. „Ich bin seitdem glücklich in meinem Beruf“, sagt die 49-Jährige. Natürlich gebe es stressige Phasen, Zeiten, wo die Luft raus sei. Aber etwas anderes machen? Das kann sich Kathrin Stanislav eben so wenig vorstellen wie Marika Strube oder Birte Hohmann. Obwohl, Letztere hat beim Hausausbau die Arbeiten im Trockenbau schätzen gelernt, wie sie lachend berichtet. Aber auch sie ist Krankenschwester mit Leib und Seele. Trotz der Schichtdienste, der Arbeitszeiten an Wochenenden und Feiertagen. Alle drei haben ihren Alltag entsprechend strukturiert, Kinder großgezogen. Und viel Spezialisierung in ihrem Beruf erlebt. Inzwischen liegt die Wundversorgung fast komplett in den Händen der Schwestern und Pfleger. Diabetesmanagement ist ebenso Alltag wie Flexülen zu legen. Was früher Ärzte machten. „Wir sind spezialisierter, die Grundpflege macht nur noch einen kleinen Teil unseres Arbeitsalltags aus“, sagt Strube. Spürbar seien die Veränderungen unter anderem auch um Umgang mit Sterbenden. Inzwischen gebe es auf jeder Station einen Trauerbox, berichtet Birte Hohmann. In diesen Boxen befinden sich Utensilien wie Kerzen, die Angehörigen und Mitarbeitern ein würdevolles Abschiednehmen von Verstorbenen ermöglichen. Viele Pflegekräfte haben auch Weiterbildungen in Sachen Trauerbegleitung absolviert.

Dass jetzt in Zeiten der Corona-Krise ihre Arbeit wieder mehr Anerkennung erfährt, freut alle. Das sei in den vergangenen Jahren anders gewesen. Auch Pflegedirektorin Weiß freut sich über die aktuelle Anerkennung der Pflegeberufe, wünscht sich aber eine bessere Bezahlung für das Pflegepersonal und generell eine Aufwertung des Berufs. Denn der ist wichtig für ein funktionierendes Gesundheitssystem.