Rätzlinger sind wegen Änderung des Wassergesetzes verunsichert Politiker stellt klar: "Kein Anschlusszwang bei Regenwasser"
Erhitzte Gemüter hat es bei der jüngsten Ortschaftsratssitzung in Rätzlingen zum Thema Regenwasser gegeben. Der Ärger ist groß, denn viele Rätzlinger glauben, dass sie durch die Änderung des Wassergesetzes jetzt doch gezwungen werden, ihre Grundstücke an das öffentliche Netz anzuschließen.
Rätzlingen l "Bewohner von Rätzlingen und auch die Mitglieder des Ortschaftsrates sind sehr verärgert über die Ankündigung der Landesregierung, ein neues Wassergesetz auf den Weg zu bringen und damit die Voraussetzungen für einen Anschlusszwang für Regenwasser zu schaffen." Das sagte Rätzlingens Ortsbürgermeister Wilhelm Behrens (parteilos) bei der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates.
Furcht der Einwohner vor Kostenbeteiligung
Bewohner von Rätzlingen befürchten, dass die Kosten für die Verlegung der vielen in den letzten Jahren entstandenen Niederschlagsleitungen so auf die Bürger umgeschlagen werden. "Dagegen legen wir unser Veto ein", war sich der Ortschaftsrat einig. Nachgedacht wurde in der Runde schon, eine Bürgerinitiative gegen eine Anschlusspflicht zu gründen.
"Wir brauchen das Regenwasser für unsere Sandböden. Das Wasser soll auf unseren Feldern und in unseren Gärten bleiben! Regenwasser muss versickern, wo es anfällt. Und das ist auch richtig so. Das Wasser muss doch nicht gesammelt und über Leitungen und Vorfluter in die Flüsse geleitet werden", betonte der Bürgermeister und ergänzte: "Nur wer nicht weiß, wo er mit dem Regenwasser hin soll, der kann sich notgedrungen anschließen lassen und sollte natürlich dann auch entsprechend dafür bezahlen."
"Wir brauchen das Regenwasser für unsere Sandböden. Das Wasser soll auf unseren Feldern und in unseren Gärten bleiben!"
Rätzlingens Ortsbürgermeister Wilhelm Behrens
Ralf Geisthardt (CDU), Mitglied des Landtages Sachsen-Anhalt, konnte den Rätzlinger Bürgermeister beruhigen und stellte klar: "Es besteht kein Anschlusszwang bei Regenwasser. Das Niederschlagswasser soll ortsnah versickert, verrieselt oder direkt in ein Gewässer eingeleitet werden."
Die öffentliche Aufregung um einen angeblichen allgemeinen Anschlusszwang für Regenwasser wäre seiner Ansicht nach verständlich. Schlechte Kommunikation der zuständigen Stellen, wichtige Veränderungen im Prozess der Ausschussberatungen und Missverständnisse hätten die Bürger verunsichert. "Auslöser der Gesetzesänderung ist das Problem der Vernässung in bestimmten Gebieten des Landes. Der Landtag hat zur Behebung von Schäden etwa 30 Millionen Euro bereitgestellt. Allerdings hat die gegenwärtige Rechtslage die Fertigung von hydrologisch gebotenen Anlagen sehr eingeengt und die direkte Hilfe vor Ort oft unmöglich gemacht", sagte Geisthardt.
"Es muss nachgewiesen werden, woher das Wasser kommt"
"Die geplante Rechtslage ermöglicht den Gemeinden, den Anschluss in eine öffentliche Abwasseranlage unter bestimmten Bedingungen des Bundeswasserhaushaltsgesetzes vorzuschreiben", erklärte er. Nur wo es Vernässungsprobleme im Boden gibt, soll demnach öffentlich eingeleitet werden.
"Der Abwasserverband oder die Kommune müssen, wenn sie jemanden an eine öffentliche Einrichtung anschließen wollen, feststellen, wo die Vernässung herkommt. Verband und Kommune müssen ein Niederschlagswasserbeseitigungskonzept erstellen und dem Bürger nachweisen, dass das Wasser von seinem Grundstück kommt", erklärte Geisthardt.
Vorhandene Anlagen haben Bestandsschutz
Für bereits getätigte Investitionen in private Regenwasseranlagen gäbe es ein Bestandsschutz. Die Eigentümer von privaten Regenwasseranlagen seien laut Geisthardts Ausführungen weiter vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit, wenn das Niederschlagswasser schadlos beseitigt wird.
"Das Oberverwaltungsgericht hat gesagt, dass Finanzgründe, um irgendwelche Löcher zu stopfen, den Anschluss- und Benutzungszwang nicht legitimieren"
Ralf Geisthardt, CDU-Landtagsabgeordneter
Wasserwirtschaftliche Gründe für einen Anschluss seien dabei ausdrücklich keine wirtschaftlichen Gründe, sondern hydrologische Gründe. "Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat am 27. März 2012 richtig geurteilt. Es hat gesagt, dass Finanzgründe, um irgendwelche Löcher zu stopfen, den Anschluss- und Benutzungszwang nicht legitimieren", sagte der Landtagsabgeordnete.