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Harz Wetten dass...? Auf den Inhalt kommt es an

Drei Sachsen-Anhalter wollen es mit ihrer Halberstädter-Dosen-Wette in die ZDF-Show schaffen.

Von Sabine Scholz 02.07.2020, 01:01

Halberstadt l Sie sind fest davon überzeugt: Heimische Dosen klingen besser. „Sie klingen einfach nach Heimat“, sagt Torsten Sielmon und dreht richtig auf. „Sie klingen suppig, breiig, schrill, tief, hoch, dumpf“ und zum Beweis drischt der Bernburger nicht nur auf sein Bauchdosen-Drumset, sondern auch auf eine Dose Halberstädter. Allerdings nicht gefüllt mit den berühmten Würstchen, sondern mit Ochsenschwanzsuppe. „Die meisten Halberstädter Würstchen werden inzwischen im Glas verkauft. Und wir brauchen ja auch mehr als nur ein Erzeugnis in der Dose“, sagt Sielmon.

Die Schwingungen, die durch das Schütteln der Dosen und das Trommeln auf ihnen entstehen, lassen tatsächlich den Inhalt klingen und das durchaus unterschiedlich. „Ich höre halt die Fleischbrühe heraus, die die Halberstädter noch für ihre Suppen zubereiten“, sagt der Bernburger.

Sielmon liebt die Show, ist allein oder im Verein mit anderen Musikern seit Jahren unterwegs, unterhält Zuschauer und Zuhörer auf Straßen- und Volksfesten. Mit dem Spielmannszug Peißen und dem Halberstädter Traditionsunternehmen hat er bereits 2009 einen Weltrekord in Peißen auf die Beine gestellt, das größte Straßendosenorchester der Welt. Nun will er es gemeinsam mit Thomas Garding und Benjamin Gerth auf die ganz große Bühne schaffen. Auf die Bühne von „Wetten dass ..?“ im ZDF.

Die 2014 eingestellte Wett-Show sollte am 7. November dieses Jahres eine einmalige Wiederbelebung erfahren. Sielmon sah darin eine gute Gelegenheit, meldete am 7. April die Dosen-Trommel-Schüttel-Wette beim Fernsehsender an. Mitten in Corona-Zeiten, aber in der Hoffnung, mit der schrägen Idee die Redaktion der Sendung überzeugen zu können. Wollen er und die beiden Schlagzeugprofis von Red Attack doch den Inhalt und Hersteller bestimmter Dosenkonserven durchs Schütteln und Trommeln auf Dosen aus dem Supermarkt erkennen.

„Dosen haben es mir schon immer angetan“, sagt Sielmon, der seit Kindertagen nur Dosie gerufen wird. Er habe, berichtet der im bürgerlichen Dasein als Angestellter im öffentlichen Dienst tätige Bernburger, schon immer auf allem getrommelt, was ihm unter die Finger kam. Besonders gern aber auf Dosen. Doch auch normale Schlagzeuge interessierten ihn, er war als Drummer mit der Band Jet unterwegs, ehe er seine Liebe zum Dosentrommeln wieder entdeckte. Aus mehreren leeren Blechdosen hat er sich ein Instrument gebaut, das er sich um den Bauch schnallt und so bei Festen und großen Feiern mitten unter den Leuten aufspielen kann.

Seine Blechtrommel der besonderen Art soll bei dem möglichen Fernsehauftritt allerdings nicht zum Einsatz kommen. Das Warum wird bei der Übungsstunde, die Sielmon, Garding und Gerth in der Halberstädter Würstchenfabrik abhalten, schnell klar. Die Dosentrommel ist schlichtweg zu laut.

Um wahrzunehmen, wie breiig, suppig, schrill oder dumpf der Inhalt einer einzelnen Dose klingt, muss es rundum ruhig sein. Sonst lassen sich die feinen Unterschiede zwischen Gulaschsuppe und Ochsenschwanzsuppe nicht heraushören. Und den Unterschied hören sie, beteuert das Wetttrio unisono.

Thomas Garding greift als Beweis zu einer der vielen Dosen und lässt seinen Drumstick auf dem Rand tanzen. Der Zeitzer liebt die Rhythmusinstrumente, hat in Leipzig Musik studiert und betreibt seit 2013 gemeinsam mit seinem ehemaligen Schüler Benjamin Gerth eine Musikschule, organisiert Workshops und tritt im Duo mit Gerth als Red Attack mit spektakulären Drumsessions auf. Jetzt also eine Dosen-Akustik-Version. Erst in Gulasch-, dann in Ochsenschwanzsuppen-Variation. „Das ist doch magisch, oder etwa nicht?“, fragt Torsten Sielmon nach der Hörprobe.

Damit die Wette wirklich spannend ist, werden die drei nicht nur die Suppen aus der 80 Produkte umfassenden Palette der Halberstädter Produktion „erhören“. Sie müssen sich auch mit Hühner-Nudelsuppe oder Grüner Bohnensuppe mit Rindfleisch anderer Produzenten befassen. Und trotz der riesigen Auswahl sind sie felsenfest davon überzeugt: Auch ohne Etikett hören sie die heimischen Dosen heraus.

„Das hat auch etwas mit dem unterschiedlichen Herstellungsverfahren zu tun“, sagt Markus Prause. Der Halko-Unternehmenssprecher erklärt, warum: „Hier in Halberstadt wird die Suppe tatsächlich noch richtig im Kessel gekocht und dann in die Weißblechdosen gefüllt. Andere Hersteller füllen die Suppenbestandteile einzeln in die Dose und diese dann mit Wasser auf. Deshalb sind die bis zum obersten Rand gefüllt, bei uns bleibt ein winziger Abstand zum Deckel.“

Der Marketingleiter war von der Dosen-Wettidee der drei Drummer sofort begeistert. „Als Pionier der Würstchenkonservierung haben wir dem Trio gern Trainingsmöglichkeiten eingeräumt“, sagt Prause und gibt zu, dabei auch ans eigene Haus gedacht zu haben. „Durch Corona haben die Menschen wieder mehr Konserven gekauft. Es ist schön, wenn nun über diese tolle Wett-Idee die Dose weiter im Fokus der Aufmerksamkeit bleibt.“ Schließlich sei die Konserve seit mehr als 200 Jahren eine hervorragende Verpackung und gar nicht altmodisch. Die Weißblechdose ist sehr gut wiederverwertbar und dauerhaft in der Nutzung. „Wir würden uns freuen, wenn die Verbraucher sie wieder mehr zu schätzen wissen.“

Im Vordergrund aber stehe die Hoffnung, dass die drei Rhythmusfans es mit ihrer Wettidee tatsächlich auf die große Showbühne schaffen. Ihre Idee hatten sie für die TV- Sendung „Wetten dass..?“, die mit Thomas Gottschalk für den 7.  November in Offenburg geplant war, eingereicht. Sogar Zimmer haben sie dort schon gebucht. „Denn ob man wirklich dabei ist, erfährt man erst acht Wochen vor dem Sendetermin“, sagt Sielmon.

Doch nun müssen sich die drei Sachsen-Anhalter noch länger in Geduld üben. Denn das ZDF hat die Sendung auf 2021 verschoben. Grund sind die Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Den lange geplante Probentermin in der Halberstädter Würstchenfabrik haben die Musiker aber trotzdem wahrgenommen.