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Schimmel in Osterwiecker Kita: Eltern fühlen Bürgermeister auf den Zahn

Sanierung? Neubau? Wann kommen Container als Übergangslösung? So steht es um die Problemlösungen für das „Kinderhaus an der Ilse“.

Von Mario Heinicke 06.07.2023, 16:25
In mehreren Räumen des „Kinderhauses an der Ilse“ hat sich Schimmel ausgebreitet. Ein Teil der Kinder wird deshalb im Feuerwehr-Schulungsraum betreut.
In mehreren Räumen des „Kinderhauses an der Ilse“ hat sich Schimmel ausgebreitet. Ein Teil der Kinder wird deshalb im Feuerwehr-Schulungsraum betreut. Archivfoto: Mario Heinicke

Osterwieck - Es hätte eine unspektakuläre Stadtratssitzung werden können am Vorabend der Sommerferien. Dass es anders kam. Dafür sorgte ein Dutzend Osterwiecker Mütter und Väter, die die Zuschauerplätze im Ratssitzungssaal ausfüllten. Denn sie wollten in der Einwohnerfragestunde Antworten von Bürgermeister Dirk Heinemann (SPD), wie lange ihre Sprösslinge in der Kita „Kinderhaus an der Ilse“ noch tagsüber zur Betreuung zeitweise im Feuerwehr-Schulungsraum ausgelagert bleiben müssen.

Seit gut einem Vierteljahr herrscht dieser Zustand, weil das Kellergeschoss mit einem Bewegungsraum, ein Treppenhaus sowie ein Gruppenraum im Obergeschoss wegen Schimmelbefalls nicht mehr genutzt werden dürfen. Feuchtigkeitsschäden, die eigentlich schon seit vielen Jahren bestehen, nun aber akut geworden sind.

Bereits auf seiner vorherigen Sitzung Ende Mai hatte sich der Stadtrat auf einen Fahrplan verständigt, und zwar im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der ehemaligen Handschuhfabrik am Denkmalplatz, für die nach einer Sanierung die Nutzung zur Kinderbetreuung nach wie vor eine mögliche Option ist. Wenngleich eine erst in einigen Jahren umzusetzende Option.

Bürgermeister zeigt Fahrplan auf

Dass für das seit 1994 in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt betriebene Kinderhaus, dessen über 50 Jahre alte Immobilie im Eigentum der Stadt steht, eine rasche Lösung nötig ist, war schon im Frühjahr kommuniziert worden. Rasch in der Lesart, dass im Herbst Container zur Erweiterung der Räumlichkeiten aufgestellt werden können. Damit die Kinder wieder alle zusammen auf dem Gelände sind und nicht ein Teil zur Feuerwehr wandern muss.

Bürgermeister Heinemann berichtete nun am Mittwochabend im Stadtrat den Eltern von jenem Fahrplan, der auch mit der Arbeiterwohlfahrt abgestimmt sei. Zum einen über die angestrebte rasche, wenn auch provisorische Containerlösung, für die der Bürgermeister Ende Juni einen Bauantrag in der Kreisverwaltung eingereicht habe.

Und das obwohl er, wie der Bürgermeister anmerkte, damit gegen einen Entschluss des Stadtrates gehandelt habe. Denn nach Heinemanns Worten habe die Stadtratsmehrheit mit dem Bauantrag noch warten wollen, bis eine genaue Lösung erkennbar gewesen wäre. „Ich habe aber gesagt, wir brauchen erst mal die Container.“

Für eine endgültige Lösung des Schimmelproblems gebe es zwei mögliche Richtungen, sagte der Bürgermeister weiter. Zum einen eine Sanierung des Gebäudebestandes, zum anderen ein Neubau in Massiv- oder Modulbauweise.

Die Stadt habe einen Gutachter beauftragt, die jeweiligen Kosten zu ermitteln. Die Ergebnisse lägen aber noch nicht vor.

„Wischiwaschi“ und „Spiel auf Zeit“

Zufrieden gaben sich die Eltern damit nicht. Ein Vater warf dem Bürgermeister gar vor, mit „Wischiwaschi“-Antworten ein „Spiel auf Zeit“ betreiben zu wollen.

Denn Bürgermeister Dirk Heinemann hatte den Eltern offenbart: „Einen konkreten Zeitplan kann ich gegenwärtig nicht geben.“ Doch die Stadt sei bemüht, nach der Sommerpause eine Entscheidung zu treffen. Wenn dann die Zahlen des Gutachters vorliegen.

Aufgebracht hat die Eltern auch die vom Bürgermeister eingestandene Ungewissheit, wann denn die Baugenehmigung für die Container vorliegen wird. Man sei dabei von der Kreisverwaltung abhängig sagte Heinemann. „Ich gehe davon aus, dass die Baugenehmigung in drei Monaten da ist.“ Manche Bauanträge würden aus Erfahrung aber auch deutlich länger benötigen.

Sorge äußerte ein Vater zur Schimmelbelastung und deren Überwachung. Und wo würden die Kinder unterkommen, wenn noch mehr Räume gesperrt werden müssten? „Das Gesundheitsamt ist dran. Alle anderen Räume sind unter den Werten, die alarmierend sind. Wenn es etwas gäbe, hätte das Gesundheitsamt die Einrichtung stillgelegt“, sagte der Bürgermeister. Für diese Notsituation könnten die Kinder in anderen Einrichtungen unterkommen. Allerdings nicht in Osterwieck, sondern in anderen Orten der Einheitsgemeinde.

Die Eltern gingen unzufrieden nach Hause. Ein Vater brachte zum Ausdruck, dass aktuell für sie die Container die Lösung seien. Ob in einigen Jahren dann Sanierung oder Neubau kommt – keiner der Eltern hätte dann noch Kinder in der Einrichtung.

Das sagt das Bauordnungsamt

Am Tag nach der Stadtratssitzung erkundigte sich die Volksstimme in der Harzer Kreisverwaltung, wie es denn nun wirklich um die Bearbeitung des Bauantrages sowie die Überwachung der Schimmelbelastung im „Kinderhaus an der Ilse“steht.

Aus dem Bauordnungsamt wurde bestätigt, dass der Osterwiecker Bauantrag zum Vorhaben am 29. Juni eingegangen. Bei den Containern handele es sich um ein Erweiterungsgebäude, es sei daher ein selbstständiges Bauwerk.

Für die Bearbeitung des Bauantrages seien maximal drei Monate vorgesehen. Die Bearbeitungszeit hänge maßgeblich von externen Stellungnahmen ab.

Zum Beispiel würden aktuell die statische Berechnung sowie der Brandschutznachweis ausschließlich digital eingereicht. Da diese geprüft werden müssten, würden im Moment Papierexemplare nachgefordert, wurde über Details aus der Bearbeitung informiert.

„Sofern eine Beschleunigung bei den kritischen Pfaden eintritt, kann die Genehmigung in einem Zeitraum von acht Wochen erteilt werden“, schätzte Matthias Schönhardt, der Dezernent für Investitionen und Genehmigungsverwaltung beim Landkreis Harz, ein.

Das Gesundheitsamt bestätigte unterdessen gestern, dass die Nutzung der Räumlichkeiten und Bereiche mit sichtbarem Schimmelbefall untersagt worden sei. Konkret die Kreativwerkstatt „Tintenfisch“, das zweite Treppenhaus und der Sportraum im Keller.

Zur aktuellen Situation im Haus hieß es: „Die Raumluftmessungen der übrigen Räumlichkeiten ergaben keine Sporenbelastung der Innenraumluft. Bei Einhaltung der geforderten Maßnahmen sollte auch dort keine Ausbreitung erfolgen.“ Auch beim Ausweichquartier in der Feuerwehr sei das Gesundheitsamt einbezogen. Durch die Behörde sei die Abnahme erfolgt.

Übrige Räume derzeit ohne Sporenbelastung

Das wurde aus dem Gesundheitsamt im Vorausblick berichtet: „Um weiteres Schimmelpilzwachstum zu vermeiden, ist die Beseitigung der Feuchte unter Einbeziehung eines Bausachverständigen unerlässlich, insbesondere die Abklärung der Ursache des erhöhten Feuchteeintritts.“

Zur Überprüfung des Sanierungserfolges sei es wichtig, sechs bis acht Wochen nach Abschluss einer Sanierung eine erneute Messung zur Bestimmung der Schimmelpilzsporenkonzentration in der Innenraumluft vorzunehmen.

Die Kontrolle, dass der Schimmelpilz in den betroffenen Räumlichkeiten beseitigt wurde, solle nach Sanierung als Grundlage einer Wiederbenutzung erfolgen. Innenraumluftmessungen würden dann im Auftrag des Gesundheitsamtes in regelmäßigen Abständen vom Landesamt für Verbraucherschutz Magdeburg vorgenommen.

DirkHeinemann
DirkHeinemann
Foto: Heinicke