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Schul-Musical Begegnung auf der Theaterbühne

Beim Projekt „Hinterm Horizont macht Schule“ wirken 120 Schüler aus vier Städten im Harz auf und hinter der Bühne mit.

Von Gerald Eggert 02.11.2017, 14:02

Halberstadt l Waren die Jugendlichen der sechsten bis neunten Klassen aus der Blankenburger Europaschule „August Bebel“, der Wernigeröder Ganztagsschule Burgbreite, der Halberstädter Albert-Schweitzer-Schule und der Quedlinburger David-Sachs-Schule bisher mehrmals monatlich vor Ort in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammengekommen, folgte jetzt erstmals ein Treffen aller Beteiligten in der Harzkreisstadt. Dafür wurde eine Hälfte der Sporthalle in der Juri-Gagarin-Straße zur Probebühne, die andere diente als Umkleide-, Aufenthalts- und Zuschauerraum.

Auf der Trennlinie stand das Regiepult, dahinter hatten Elisabeth Engstler, die als künstlerische Leiterin fünf Jahre für das Original-Musical in Berlin verantwortlich war, der Künstlerische Leiter und Saxofonist im Panikorchester, Noah Fischer, und der Projektmanager Arno Köster gemeinsam mit den für die Technik verantwortlichen Schülern Platz genommen. Drei harte Tage stünden bevor für alle, kündigte Fischer an. Denn erstmals werde die im Harz gemeinsam erarbeitete Version der deutsch-deutschen Liebesgeschichte komplett durchgespielt, zunächst in der Sporthalle, tags drauf auf der Bühne des Nordharzer Städtebundtheaters.

„Zieht alle Kostüme an und verwendet alle Accessoires, damit wir sehen, was möglicherweise noch besorgt werden muss“, forderte Elisabeth Engstler auf. „Steckt viel Power rein, singt, was ihr könnt“, ermutigte sie die Akteure und erinnerte daran, dass Textlernen nach wie vor wichtig sei und letzte Textlücken geschlossen werden müssen.

Während die Bühnencrew unter Leitung von Techniklehrer Mario Hoppe die erste Kulisse und Requisiten auf die markierten Plätze schob, schlüpften die letzten Schauspieler in ihre Kostüme. Einige Wernigeröder Mädchen streiften Blauhemden über, um später als FDJ-Chor aufzutreten. In einer Ecke versammelten sich Volkspolizisten, in der Nachbarschaft grau uniformierte Stasi-Leute, dazwischen waren je zwei Udos, Jessys (früher und heute), Väter, Mütter, Elmars, Marcos, Steves und Minister auszumachen. Denn die Rollen waren doppelt besetzt worden.

Daher galt es auch, bei den Komplettdurchläufen das Musical zweimal zu präsentieren. Diese Arbeit nahm viel Zeit in Anspruch. Denn immer wieder mussten Regieanweisungen umgesetzt, kleine Korrekturen vorgenommen und Passagen wiederholt werden. Zudem stand für alle Beteiligten die Aufgabe, den vorgegebenen Zeitrahmen einzuhalten. Was an dem Tag zu sehen und zu hören war, machte Eindruck auf die wenigen Zuschauer, zumeist begleitende Lehrerinnen und Lehrer, die während des Projektes als Betreuer, Mentoren und Logistiker in einem fungieren.

Nach sechs Stunden lobte Elisabeth Engstler: „Ihr habt unwahrscheinlich viel geleistet heute.“ Um den 2. Akt zu Ende bekommen und damit einen harten Arbeitstag beschließen zu können, verlangte sie noch einmal volle Konzentration. Als dann die gut achtstündige gemeinsame Probe endete, würdigten die Profis am Regiepult mit Applaus die Leistungen der jungen Leute.

„Es ist wirklich beeindruckend, was die Kinder leisten“, unterstrich Noah Fischer und blickte auf die vergangenen Monate zurück, „sie lernen nicht nur Texte und wachsen in ihre Rollen hinein, sie übernehmen Verantwortung und agieren miteinander.“

Er begleite das Projekt schon zum dritten Mal und habe jedes Mal erlebt, wie die Schüler aus unterschiedlichen Orten zusammenwachsen, eine Gemeinschaft bilden, voneinander lernen, Zeit miteinander verbringen, sogar Freundschaften entwickeln und am Schluss als kleine Persönlichkeiten auf der Bühne stehen. „Sie haben Selbstbewusstsein entwickelt, eigene Stärken erkannt und sind oft über sich hinaus gewachsen“, unterstrich er. „Hinterm Horizont macht Schule“ sei nicht nur ein künstlerisches, sondern auch soziales Projekt. Gerade der soziale Aspekt spiele eine sehr wichtige Rolle.

„Im Unterricht haben wir mit den Kindern über die Zeit der deutschen Teilung, die DDR und die historischen Hintergründe des Musicals gesprochen“, berichtete Daniela Behrends, Lehrerin und Projektverantwortliche an der Sachs-Schule, „es galt vieles zu klären, denn diese Zeit ist für die Kinder ewig weit weg.“ Sie machte darauf aufmerksam, dass es schon etwas Besonderes sei, wenn zwei Sekundar- und zwei Förderschulen gemeinsam ein integratives Projekt umsetzen. „Die Mädchen und Jungen vollbringen Unwahrscheinliches während der langen Proben“, lobte die Quedlinburgerin, „und sie sind so begeistert bei der Sache, dass sie ihre Eltern überzeugt haben, auch sonnabends proben zu wollen. Denn einige von diesen hatten das auf Anfrage zunächst abgelehnt.“

Am Abend wurden Technik, Kulissen und Kostüme verladen und am folgenden Morgen ins Theater geschafft, wo alsbald auch alle Beteiligten eintrafen und nach kurzer Einweisung die neue Umgebung erkundeten. Hatten die meisten schon einmal in einem der Theatersessel gesessen, waren Bühne und die Nebengelasse für sie unbekanntes Terrain. „Wir gehen die Sache langsamer an als gestern, um uns auf die neuen Bedingungen. einzustellen“, sagte Elisabeth Engstler, „wir werden sehen, wie das alles hier funktioniert, was wir gestern geprobt haben. Dabei werden wir auf die technischen Dinge besonderes Augenmerk legen.“

„Habt ihr Bock?“, fragte Noah Fischer, der nach einem lautstarken „Ja!“ als Erwiderung allen Akteuren „Mega viel Spaß“ wünschte.

Vom 7. bis 9. November sind weitere Proben in der Sporthalle angesetzt und vom 13. bis 15. November stehen im Theater die Endproben mit dem fertigen Stück und den kompletten Bühnenaufbauten auf dem Plan. Die Generalprobe folgt am 21. November.

Zwischen dem Märchenballett „Hänsel und Gretel“ und Mozarts Oper „Idomenio“ werden die Halberstädter Theaterleute ihre Bühne zur Verfügung stellen, damit am 22. und 23. November ab 19 Uhr die Vorstellungen „Hinterm Horizont“ mit jeweils einer Besetzung stattfinden können.

Karten für dieses besondere Erlebnis sind im Theater und über dessen Internetseite zu bekommen. Die beteiligten Schulen erhalten ein vereinbartes Kontingent an Karten